Mallorca Zeitung

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Als man noch mit dem Auto nach Mallorca flog

Noch in den 90er-Jahren konnten Privatreisende ihr Auto unkompliziert von Deutschland mit nach Mallorca nehmen. Eine Hapag-Lloyd-Kundin erinnert sich

In Passagiermaschinen wie dieser flog Hapag-Lloyd Urlauber und Residenten mit ihren Autos von Deutschland nach Mallorca. | FOTO: HAPAG-LLOYD

Wir schreiben das Jahr 1990. Endlich ist es so weit: Der Kaufvertrag ist unterschrieben, das Haus mit den drei Wohnungen in erster Meereslinie in Alt-Bendinat gehört jetzt offiziell Gabriela Müller und ihrem Mann. „Es war für uns immer nur ein Zweitwohnsitz, aber wir wollten oft kommen. Und unser eigenes Auto vor Ort haben“, erinnert sich Gabriela Müller.

Ein weißer Kadett Cabrio, nagelneu, extra gekauft, um die Müllers auf der Insel mobil zu halten. „Auf die Idee, ihn auf Mallorca zu kaufen, kamen wir irgendwie gar nicht. Stattdessen brachten wir ihn von Deutschland mit.“ Und zwar im Flugzeug. „Hapag-Lloyd machte es möglich. Damals war Fliegen noch ein ganz anderes Erlebnis“, findet Müller.

Gabriela Müller auf ihrem Balkon in Bendinat. Privat

Tatsächlich bot das Hamburger Unternehmen den Service etwa seit Ende der 1980er-Jahre an, wie es auf MZ-Nachfrage heißt. „Es war kein extra Frachtflugzeug, sondern eine Passagiermaschine“, so Müller, die auch über 30 Jahre später noch genau die Bilder im Kopf hat, wie sie ihren Wagen am Düsseldorfer Flughafen ablieferten. „Es durfte nur ganz wenig Benzin im Tank sein, gerade so viel, um am Zielort die nächste Tankstelle erreichen zu können“, weiß sie noch. Auch Gepäck oder andere Gegenstände waren im Inneren tabu. „Es musste komplett leer sein“, sagt Müller.

Blick ins Handschuhfach

Zunächst wurde das Auto inspiziert. „Heute würden sie vermutlich das gesamte Fahrzeug auseinandernehmen. Damals haben sie einfach nur ins Handschuhfach und den Kofferraum geschaut, um sich zu vergewissern, dass wir keine Waffen oder Drogen schmuggeln.“ Dann verluden die Mitarbeiter das Fahrzeug auf eine Palette und schließlich in den Frachtraum des Flugzeugs.

„,Schau mal, da fliegt unser Auto‘, sagte mein Mann noch.“

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„Wir konnten zuschauen, es ging sehr schnell. Eigentlich wären wir gerne in derselben Maschine mitgeflogen. Aber die war wohl schon voll, und außerdem arbeitete ich damals unter anderem als Flugbegleiterin bei LTU und bekam dort Rabatte“, so Müller. Also flog das Ehepaar mit einer LTU-Maschine eine Minute später los. „,Schau mal, da fliegt unser Auto‘, sagte mein Mann noch“, und dann ging es für die Müllers selbst in die Luft.

In Palma sei es ebenso unkompliziert weitergegangen. „Der Flughafen war damals ja noch schnuckelig und klein. Viel übersichtlicher als heute, mit kurzen Wegen und nur einem Ein- und Ausgang“, sagt Müller. Kurz die Papiere gezeigt, schon konnte das Ehepaar das eigene Auto wieder an sich nehmen. Gerade rechtzeitig erreichten sie mit den letzten Benzinresten die nächstgelegene Tankstelle.

„Mietwagen waren damals noch nicht so verbreitet“, erinnert sich Müller, die in den folgenden drei Jahren nicht nur zum Entspannen immer wieder nach Bendinat kam, sondern auch, um als Immobilienmaklerin deutschen Kunden Häuser auf der Insel zu zeigen. „Ich habe den Wagen sehr viel genutzt und war immer froh, ihn vor Ort zu haben.“

Für 600 bis 700 Euro war das Auto dabei

Natürlich bestand auch damals schon die Möglichkeit, die Strecke von Nordrhein-Westfalen nach Spanien zu fahren und dann von Barcelona aus mit der Fähre überzusetzen. „Aber der Flugtransport kostete auch nur etwa 600 oder 700 D-Mark, und man sparte Sprit und Nerven der langen Fahrt“, erklärt die heute 62-Jährige aus Haan bei Wuppertal.

Noch immer kann sie die Füße nicht von der Insel lassen, wie sie selbst sagt. Dabei ging ihre Ehe schon etwa drei Jahre nach dem Hauskauf in Bendinat in die Brüche. Auch der Kadett Cabrio wurde damals wieder zurück nach Deutschland gebracht. „Diesmal entschied ich mich aber mit einer Freundin zusammen für eine Autofahrt durch Frankreich.“

Immer wieder kam Müller in den Folgejahren nach Mallorca zurück, wohnte zeitweise sogar fest auf der Insel und versuchte sich unter anderem als Inhaberin eines Restaurants. Sie erlebte mit, wie Palmas Flughafen umgebaut und vor 25 Jahren mit ganz anderen Dimensionen wiedereröffnet wurde, wie mit dem 11. September 2001 eine neue Ära der Flugsicherheit anbrach und der private Autotransport im Flugzeug nach Mallorca Geschichte wurde.

9/11 änderte auch das

„Nach den Angriffen auf das World Trade Center wurden die Transporte wegen der Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen weniger“, bestätigt eine Sprecherin von Hapag-Lloyd. Statt direkt vor dem Flug verladen zu werden, musste die Fracht von da an 24 Stunden vor Transport in die Untersuchungskammer. Vielen mobilen Reisenden war das wohl zu umständlich. Etwa 2004/2005 stellte das Unternehmen den Service ein.

Müller hat während ihrer Mallorca-Aufenthalte noch immer gerne den eigenen Wagen bei sich (wenn auch schon lange nicht mehr den weißen Kadett). Mittlerweile setzt sie für die Überfahrt meist auf einen der Anbieter, die wöchentlich Fahrzeuge auf dem Lastwagen zwischen Deutschland und Mallorca hin- und herfahren. „Da zahle ich 750 bis 800 Euro, es ist ganz unkompliziert. Und es lohnt sich angesichts der Mietwagenpreise heutzutage“, so Müller. Aktuell ist sie sogar wieder auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe auf Mallorca. „Seit 18 Jahren arbeite ich als Partnervermittlerin, das kann ich auch auf der Insel.“ Selbstredend mit ihrem eigenen Auto.

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