Mallorca Zeitung

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Romantisch dahingleiten: So verläuft eine Fahrt mit dem Heißluftballon auf Mallorca

Mit Ricardo Aracil gibt es auf der Insel einen regelrechten Profi auf dem Gebiet

Ballons bei der EM auf Mallorca 2019. Michael Wrobel

Die Aufregung steigt, als wir um sechs Uhr morgens auf Mallorcas einzigem offiziellen Ballonflughafen stehen, dem Globodromo Son Parot bei Manacor, und unser Pilot Ricardo Aracil von "Mallorca Balloons" Sicherheitsanweisungen gibt: "Es gibt zwei Arten von Landungen, die butterweichen und die lustigen."

Im letzten Fall kann der Ballonkorb, der aus robusten Weidenzweigen geflochten ist, bis zu 20-mal auf dem Boden aufsetzen und eventuell umkippen. "Dann mit beiden Händen an den Innengriffen festhalten, Brillen absetzen und flexibel in den Knien federn!"

Mehr Turbulenzen bei Hitze

Zum Glück spielt das Wetter mit: Am Boden ist es windstill, kühl genug ist es auch: "Je heißer es ist, desto wahrscheinlicher sind Turbulenzen", sagt Ricardo Aracil. Carlos, Pilot Nummer zwei, hat mit einem kleinen Testballon die Windrichtung bestimmt.

Noch sind die beiden Ballons, die unsere beiden Gruppen aus deutschen, englischen und irischen Passagieren gleich über die Insel tragen sollen, zwei unscheinbare schwarze Bündel. Die sollen 8.500 Kubikmeter Luft fassen? Zwei starke Ventilatoren blasen die bunten Kunststoff-Hüllen auf. Schon stellt sich unser Ballon senkrecht, schnell einsteigen!

Acht Meter lange Flamme

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ricardo öffnet den Brenner, eine acht Meter lange Flamme schießt in die Höhe. Und langsam, ganz langsam, so als könne er sich nicht entscheiden, ob er steigen oder bleiben wolle, hebt der Ballonkorb vom Boden ab. Ein Meter, zwei Meter, zehn, 20, 50 Meter: Wir schweben! Und es ist gar nicht schlimm, eher so, als befinde man sich auf einer langsam dahinziehenden mobilen Aussichtsplattform, in einem Freiluftaufzug in den Himmel.

Am Boden vor dem Start. Nele Bendgens

Die Angst, zu wissen, dass unter dem Korbboden nichts ist als Luft, vergeht, wenn man sich die Technik vergegenwärtigt: Insgeheim ist es für mich immer noch ein Wunder, dass sich tonnenschwere Flugzeuge durch die Luft bewegen. Dass aber ein Ballon fliegt, dessen propangasgefüllte Hülle leichter ist als Luft, ist eingängig. Sehr langsam und sanft gleiten wir über mallorquinische Äcker, noch erkennt man jeden einzelnen Kohlkopf.

Valentinstag am meisten gebucht

"Ballonfahren ist romantisch", ist Ricardos Credo, kein Wunder, dass hier oben Heiratsanträge gemacht werden und der Valentinstag am 14. Februar der am meisten gebuchte Termin ist. Während man unten noch gehörig fror, sind es hier oben angenehme 23 Grad. Und auch den Wind, der uns mit 28 Kilometern pro Stunde in Richtung Felanitx treibt, merkt man kaum. Denn der Ballon zieht mit ihm. Seltsam, Vogelschwärme von oben zu sehen.

Aus dem Funkgerät kommen Kommentare, der Ballon ist ständig mit dem Flughafen Palma in Kontakt. Ballonfahren verlangt höchste Konzentration. Immer wieder muss Ricardo die Windrichtung und die Höhe checken: "Wir müssen sehen, dass wir nicht zu schnell ans Meer kommen." Über das offene Meer zu fahren ist nicht ungefährlich, bei einer Wasserlandung könnte man sich zwar schwimmend retten, der rund 100.000 Euro teure Ballon jedoch wäre verloren.

EIn buntes Schauspiel in der Luft war das bei der EM 2019 auf Mallorca. Michael Wrobel

Nur die Höhe kann kontrolliert werden

Beeinflussen kann man mit Hilfe der Gasbrenner nur die Höhe - die vertikale Bewegung hängt allein von der jeweiligen Windrichtung ab, und der Pilot muss zum Manövrieren immer wieder neue Strömungen finden. Über 2.000 Stunden war Ricardo schon in der Luft, sein Höhenrekord liegt bei 7.000 Metern, bei einer Alpenüberquerung.

In der Ferne sieht man die Insel Cabrera als dunklen Schatten im Meer liegen. Schließlich landet der Ballon auf einem Acker zwischen Stoppeln und Mohnblumen, in der Nähe der Schule von Felanitx. Ein-, zweimal setzt er auf - keine "butterweiche", aber auch keine "lustige" Landung.

Transferwagen per Funk angefordert

Wir 14 Insassen applaudieren, die über Funk herbeigeholten Transferwagen, die uns zum Ballonflughafen zurückfahren werden, stehen auch schon bereit. Darf man überall zu Boden gehen? "99 Prozent der Bauern sind so lieb, dass wir auf ihren Feldern landen dürfen, manchmal werden wir sogar zum Frühstück eingeladen."

Zum Pa-amb-Oli-Frühstück lädt nun Mallorca Balloons ein, danach wird jeder, der noch nie Ballon gefahren ist (wie es im Deutschen heißt - wer sich in Ballonfahrerkreisen verspricht und "fliegen" sagt, muss eine Runde spendieren), mit zwei Spritzern Sekt auf den Kopf "getauft". "Ich habe mir damit einen Traum erfüllt", sagt Kathrin Dietrich aus Leverkusen begeistert.

Die meisten Passagiere, 5.000 im Jahr, kommen aus den deutschsprachigen Ländern, 4.000 aus England. Ricardo hat sogar schon eine 91-jährige Dame, ein vierjähriges Kind, Blinde und Rollstuhlfahrer mitgenommen. "In der Luft erlebt jeder Frieden und Freiheit."

Weitere Informationen: www.mallorca-balloons.com

Dieser Text erschien erstmals im Juni 2006 bei der Mallorca Zeitung.

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