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Ballermann-Provokateur Ikke Hüftgold: "Ich finde es gut, dass es andere Regeln gibt"

Der Sänger kehrt nach fünf Jahren an die Playa de Palma zurück. Im MZ-Interview spricht er über die Hintergründe, seine Pläne und eine ESC-Bewerbung

Ballermann-Provokateur Ikke Hüftgold: "Ich finde es gut, dass es andere Regeln gibt"

Wir schreiben das Jahr 2016. Die Stadt Palma verschärft die Benimmregeln an der Playa, der Bierkönig lenkt ein und schafft das Freibier ab. Matthias Distel alias Ikke Hüftgold protestiert auf seine Weise und verteilt am Strand rund 4.000 Bierdosen. Eine wilde Party nimmt ihren Lauf. Im Jahr darauf zieht der Bierkönig den Schlussstrich und lässt den heute 45-Jährigen nicht mehr auftreten. Der Künstler geht daraufhin nach Bulgarien – der Goldstrand sei sowieso der neue Ballermann. „Dort wird es auch dieses Jahr wie früher an der Playa de Palma sein“, sagt Distel. Nach fünf Jahren kehrt er nun dennoch auf die Insel zurück:Der Partysänger tritt am 21. April bei der Eröffnungsfeier der neuen Stürmer Arena auf. Sein Markenzeichen, der erhobene Stinkefinger, wird dann sicherlich nicht fehlen.

Warum sind Sie zurückgekehrt?

Ich habe mir die Entwicklung in den vergangenen Jahren angeschaut. Der Bierkönig war von Anfang an gewillt, mich wieder zu holen. Durch die politische Lage ging das aber nicht. Die Schlagzeilen um meine Person sind zu groß. Ich kann verstehen, dass das geschäftliche Interesse vorgeht. Mein Rauswurf war jedoch das Beste, was mir passieren konnte.

Inwiefern?

Am Anfang war es eine Katastrophe, weil ich mich als Teil des Bierkönigs gefühlt habe. Zu dem Zeitpunkt war ich mit drei Auftritten pro Woche auf dem Höhepunkt meiner Mallorca-Karriere. Bei mir war es immer brechend voll, und es kamen mehr Leute als zu Peter Wackel. Ohne den Rauswurf hätte ich mich aber nie aus der Szene rauswinden können. So musste ich neue Wege gehen, und die Medien wurden auf mich aufmerksam. Die Zeitungen waren voll, TV-Teams haben mich begleitet, und ich durfte sogar als Experte in politischen Sendungen auftreten. Die Nachfrage bei meiner Produktionsfirma Summerfield Records ist explodiert. Die Öffentlichkeit hat gemerkt, dass ich nicht nur die Reizfigur Ikke Hüftgold, sondern Unternehmer und Familienvater bin.

Wir machen Satiremusik für gut gelaunte Menschen. Das ist vertretbar.

Bierkönig und Megapark wollen die Sauflieder abschaffen. Wie sehen Sie das?

Ich bin sehr skeptisch. Ich glaube, den Politikern kam Corona gelegen, um am Ballermann die Daumenschrauben noch mal enger zu ziehen. So wird es wohl auch weitergehen. Der Bierkönig hat die kleine Bühne im alten Bereich abgebaut. Ich war erschrocken. Ich weiß nicht, ob das ein Zeichen ist, dass es künftig keine Konzerte mehr gibt.

Nicht nur die Politik, auch die Initiative Palma Beach will mehr Qualitätstourismus. Ist Ikke Hüftgold an der Playa überhaupt noch erwünscht?

Wäre ich Politiker, hätte ich schon viel früher gehandelt und hätte die Party in die Lokale verlagert. An der Playa war es laut, wild und jeder hat gemacht, was er wollte. Nicht nur die Touristen, sondern auch die Betreiber. Selbst die Polizei war in Korruptionsfälle verwickelt. Ich finde es gut, dass es andere Regeln gibt. Die Party kann drinnen weitergehen.

Dann auch mit den Saufliedern?

Das ist ein Stück Feierkultur in Deutschland. Wir fördern damit schließlich keinen Drogenmissbrauch. Wir machen Satiremusik für gut gelaunte Menschen. Das ist vertretbar.

Zeilen wie „Saufen ist nicht illegal“ in Ihrem jüngsten Hit „Unten kommt die Gurke rein“ sind also als Satire und nicht als Schlachtruf zu deuten?

Es ist Satire. Das Partyvolk, mich eingeschlossen, wird als Voll-Assis abgestempelt. Die gibt es sicherlich. Aberan den Ballermann fährt auch die künftige Elite in Person von Studenten. Das Publikum ist bunt gemischt, vom Arzt über den Handwerker bis zum Fußballteam.

Sie haben einen Witz aus dem Podcast „Gemischtes Hack“ ohne das Wissen der Comedians Tommi Schmitt und Felix Lobrecht zu dem Lied umgedichtet. Werden Sie den Song gemeinsam singen?

Deutschland wird mit seichten Klängen wieder scheitern. Ich bringe bald unter meinem neuen Pseudonym Ikke Klootzak, also Ikke „Arschloch“, mein erstes Lied auf Holländisch heraus.

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Ich kann dazu eigentlich nichts sagen, aber vielleicht gibt es ja eine Überraschung. Bis dato sind wir uns noch nie persönlich begegnet. Das Publikum entscheidet, ob es der neue Hit der Saison wird. Ich vermute mehr Potenzial bei meinem Lied „Ich schwanke noch“.

Die Stürmer Arena wird ein Zufluchtsort für die Künstler, die woanders keine Bühne bekommen. Gibt es dort Party wie 2019?

Wenn die Politik keinen Riegel davorschiebt, wird es die intensivste Partylocation. Es ist nicht der größte Laden. Dadurch wird es immer voll sein. Wir haben kein Lautstärkeproblem, im Gegensatz zum Megapark: Dort dürfen es nur 75 Dezibel sein, da es Open Air ist. Das ist eine Katastrophe für jeden Künstler. Ab 90 Dezibel beginnt der Spaß.

Erlaubt Corona überhaupt große Sause?

Ich befürchte, es wird eine kleine und seichte Party. Der Ukraine-Krieg wird auch dafür sorgen, dass einige ihre Urlaubspläne streichen.

Stefan Stürmer steht bei Ihrem Unternehmen unter Vertrag. Ziehen Sie im Hintergrund der Stürmer Arena die Fäden?

Auf keinen Fall! Ich gebe höchstens meinen Rat, was die Buchung von Künstlern angeht. Das Gleiche mache ich aber auch mit dem Bierkönig und dem Megapark, wo ich wöchentlich zu den Managern Kontakt halte.

Wie sieht Ihr Plan für diese Saison aus?

Von Mai bis Oktober habe ich 130 Auftritte in Deutschland, je vier auf Mallorca und in Bulgarien und einen in Kroatien geplant.

Mit Ihrer ESC-Bewerbung für Deutschland sind Sie gescheitert. Nun wollen Sie für Holland kandidieren. Meinen Sie das ernst?

Der NDR, der den deutschen Vertreter aussucht, hat Vielfalt angekündigt, aber dann nur Einheitsbrei vorab ausgewählt. Andere Länder haben sich dagegen getraut, mal etwas Lautes auf die Bühne zu stellen. Deutschland wird mit seichten Klängen wieder scheitern. Ich bringe bald unter meinem neuen Pseudonym Ikke Klootzak, also Ikke „Arschloch“, mein erstes Lied auf Holländisch heraus. Die Bewerbung war etwas vollmundig. Aber so ist Ikke nun mal. Im nächsten Jahr behauptet er dann einfach, er sei dabei.

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