Der Schlagersänger Stefan Stürmer steckt auf Mallorca seit Jahren in einem Dilemma.  Er ist ein Ballermann-Künstler, der zwar ein Abkommen mit dem Megapark hat, dort aber nicht mehr auftreten darf, da es vor Jahren Differenzen mit einem Kooperationspartner des Partykomplexes gab. Eigentlich wollte Stürmer deshalb im Bierkönig auftreten, was in der Schinkenstraße auf ein positives Echo stieß, doch er durfte nicht. Der Megapark gab ihn einfach nicht frei. Ein kompliziertes Regelwerk zwischen den beiden Partygiganten verhindert, dass Künstler sich den Auftrittsort selbstständig auszusuchen. Unter diesen Umständen hätte Stürmer an der Playa kaum noch etwas verdienen können. 

Doch in der kommenden Saison wird Stefan Stürmer wieder vor großem Publikum auftreten – in seinem eigenen Laden. Arbeitstitel: „Stürmer Arena – by Münchner Kindl“

Am Ballermann hat die Planung der nächsten Saison begonnen. Einig sind sich fast alle: Sauftourismus soll es in seiner exzessiven Form nicht mehr geben. Freibier und Happy Hour sind verboten, All-inclusive-Angebote stark eingeschränkt. 

Operation Imagewandel

Darüber hinausgehend überlegt man in den großen Partyläden, Lieder, die übermäßigen Alkoholgenuss zum Thema haben, vollständig von der Playlist zu verbannen. Party ja, Aufforderung zum Kampftrinken nein, soll das Credo der nächsten Saison sein. Aus diesem Grund kann es selbst für gestandene Ballermann-Künstler schwierig werden, eine vollwertige Show zu liefern, zu sehr sind sie fixiert auf Suff.

Tobee („Saufi, Saufi“), Sabbotage („Wir müssen aufhören, weniger zu trinken“) oder Ingo ohne Flamingo („Saufen, morgens, mittags, abends“) könnten Opfer der neuen Sauberkeitswelle werden. Um ihr Repertoire ausschöpfen zu können, sind diese Unterhaltungskünstler unter Umständen gezwungen, ihre Gesangsinhalte zu ändern oder sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen. 

Und da kommt der Stürmer ins Spiel. Denn allen Künstlern, die aus welchen Gründen auch immer weder im Megapark noch im Bierkönig auftreten, bietet Stürmer eine neue Heimstatt. Im ehemaligen Klimbim unter dem Deutschen Eck in der Bierstraße. In das Kellergewölbe passen etwa 500 Gäste. Weniger als Megapark und Bierkönig, aber dafür muss sich Stürmer keinen Regeln der Großen unterwerfen

Der Eingang der zukünftigen "Stürmer Arena" neben dem Deutschen Eck an der Playa de Palma. Ingo Wohlfeil

Und so klingelt schon jetzt bei einigen Ballermann-Sängern das Telefon. Am Apparat der Booker der „Stürmer Arena“, Stefan Stürmer. Gehandelt werden Namen wie Olaf Henning („Komm hol das Lasso raus“), Alex Engel („Sommer, Sonne, Cabrio“), Bachelor Paul Janke sowie Nackt-DJane Micaela Schäfer. Bestätigt ist noch keiner. Dennoch erweist Stürmer der Entertainer-Community einen unschätzbaren Dienst: Er bricht die verkrusteten Strukturen am Ballermann auf und bietet eine neue Auftrittsmöglichkeit. 

Entsteht da eine Suff-Enklave?

Zugleich steht die Befürchtung im Raum, dass Stürmer eine neue Ballermann-Suff-Enklave schaffen könnte. Während allerorts der Sauftourismus bekämpft wird, könnte er in der Bierstraße seine Nische bauen. Eine Nische, in der dann Trinker-Bruderschaften wie das „Suffgeschwader“, die „Malle Schlauch Kombo“ oder „Die Asozialen Böblinger“ womöglich ein neues Zuhause fänden?

Hinter der „Stürmer Arena“ steckt als Investorin Gerlinde Weininger, Besitzerin der Restaurantkette Münchner Kindl. Seit 1988 ist sie Gastronomin an der Playa. Und während andere in ihrem Alter an Ruhestand denken, geht sie in den Experimentier-Modus. In den ersten Wellen der Corona-Pandemie, als Bierkönig und Megapark nicht öffnen durften, bot sie als Einzige Liveauftritte an der Playa an. 

So wurde ihr Kindl an der Kirche zu dem Anlaufpunkt für heimatlose Bierkönig-Fans. Dafür bekam Weininger viel Zuspruch aus der Szene. Zudem machten ihr die Liveauftritte so viel Spaß, dass sie sich aufmachte, ein größeres Lokal zu suchen. Sie fand es unter dem Deutschen Eck. Nach jetziger Planung soll es Ende April losgehen. 

Wo drei sich streiten …

Von Vorteil für Weininger und Stürmer könnte sich erweisen, dass die größte Keller-Konkurrenz herbe Rückschläge zu verkraften hat. Das hat zu tun mit den Verwerfungen innerhalb der Familie Pascual, den Betreibern von Bierkönig und Oberbayern.

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Es scheint, dass die Aversionen unter den Familienmitgliedern zugenommen hätten. So wurde Künstlern wie Mia Julia oder Peter Wackel nahegelegt, sich doch zwischen Oberbayern (Toni und Miguel Pascual) und Bierkönig (Onofre Pascual) zu entscheiden. All die Jahre traten sie regelmäßig in beiden Locations auf. Bisher ist nicht bekannt, dass die Wahl überhaupt nur irgendeines Künstlers auf das in die Jahre gekommene Oberbayern gefallen wäre. 

Und so könnte, wenn sich Weininger und Stürmer nicht allzu ungeschickt anstellen, in der neuen Saison, an der große Erwartungen hängen, tatsächlich eine dritte Baller-Macht an der Playa entstehen, neben Bierkönig und Megapark. Ein Ort für den Partyschlager-Nachwuchs und eine Zufluchtsstätte für all diejenigen, denen der Ballermann längst nicht mehr Ballermann genug ist.