Malerische und authentische Dörfer gibt es so einige auf Mallorca. Gerade im Inselinneren. Denn hier sind die historisch gewachsenen Orte zu finden, die – anders als viele später entstandene Urbanisationen oder zugebaute Urlaubsorte an der Küste – ihren Charme bewahren konnten. Wir haben sieben Dörfer herausgepickt, die einen Besuch wert sind, gerade weil sie nicht jeder kennt. Und sie alle haben ein Alleinstellungsmerkmal.

Oliventradition in Caimari

Es muss nicht immer Valldemossa oder Deià sein. Wer Tramuntana-Feeling sucht, der findet es auch in Dörfern wie Caimari. Der Ort mit seinen nur rund 750 Einwohnern geht auf die Römerzeit zurück und ist bis heute für den Olivenanbau in den umliegenden Hainen bekannt. Einen Besuch lohnt die alte Olivenmühle im unteren Teil des Dorfes, die noch immer als Familienunternehmen in Betrieb ist. Besucher können zusehen, wie die Oliven traditionell verarbeitet werden, ein Museum informiert über die alten Praktiken.

Wer nach Caimari kommt, sollte allerdings gut zu Fuß sein. Der Ort liegt am Hang und lädt geradezu dazu ein, von hier aus kleinere oder größere Wanderungen in die Bergwelt zu unternehmen – zum Beispiel eine Tageswanderung zum Kloster Lluc und zurück, die durch das mehr als 200 Jahre alte Olivenanbaugebiet führt, die Rotes de Caimari. Mehrere kleine Pensionen im Ort bieten Übernachtungsgästen eine Auszeit in den Bergen. Auch bei Radfahrern ist das Dorf ein beliebter Zwischenstopp. Die kulinarische Vielfalt in Caimari ist klein, aber fein – wer mehr Auswahl will, wird im Nachbarort Selva mit gleich mehreren lohnenswerten Restaurants fündig. /somo

Vielfalt in Mancor de la Vall

Nur etwa vier Kilometer entfernt liegt Mancor de la Vall. Wer den Ort nicht absichtlich aufsucht, kommt hier kaum vorbei. Dabei lohnt sich ein Besuch in dem idyllischen Dorf allemal: Erfrischen kann man sich im Gemeindeschwimmbad (Kinder: 2 Euro, Erwachsene: 4 Euro) mit angegliedertem Restaurant (Sa Piscina). Das Besondere: Hier wird im Salzwasser geplanscht, das Wasser enthält extra wenig Chlor. Wer sich zwischendurch stärken will, kann sich nebenan mit mallorquinischen Leckereien versorgen, etwa Variat oder Tumbet.

Bevor Besucher die Heimreise antreten, sollten sie unbedingt zur Iglesia de Santa Lucía hochfahren oder -wandern. Von hier aus hat man einen Weitblick über das Dorf und die Berge und kann die ganz besondere Ruhe genießen, die in dem Ort auch im Hochsommer herrscht. Einmalig laut und wuselig wird es am 9. und 10. September. Dann findet die Biermesse Moscart statt, bei der man unter anderem zehn auf den Inseln gebraute Craftbiere probieren kann. Highlight ist das Konzert von Immaculate Fools am 10. September: Karten für 20 Euro gibt es unter ticketib.com. Auch zur Pilzmesse, der Fira de l’Esclatasang, Ende November zieht es viele Menschen nach Mancor de la Vall. /sw

Das Salzwasserbad in Mancor de la Vall sorgt im Sommer für Abkühlung. Werner

Alternative Biniaraix

Fornalutx kennen Sie schon? Dann begeben Sie sich doch mal nach Biniaraix, ein mindestens ebenso idyllisch gelegenes Nest bei Sóller mit weniger als 500 Einwohnern. Noch kleiner, noch weniger los als im benachbarten und für seine Schönheit ausgezeichneten Fornalutx. Die Steinhäuser, die kleinen Plätze, die Orangenbäume – all das erinnert sehr an den Nachbarort. Einen Besuch wert ist die Finca Ecovinyassa. Auf einem kleinen Pfad können Besucher über die rund 18.000 Quadratmeter große Ökoplantage wandeln und dort verschiedenste Sorten von Orangen bestaunen.

Wanderern ist Biniaraix als Startpunkt für die reizvolle Route durch die Schlucht Barranc de Biniaraix bekannt. Über Steintreppen windet sich der Weg hinauf auf den Berg, immer entlang eines Sturzbachs, der je nach Jahreszeit auch Wasser führt. Wenn es zuvor geregnet hat, begleitet den Wanderer das beständige Rauschen des Sturzbachs. /jk

Ähnlich schön wie Fornalutx, aber weniger bekannt: das Tramuntana-Nest Biniaraix. JOAN MORA

Pa-Amb-Oli-Mekka Montuïri

Montuïri liegt auf einem Hügel in der Zentralebene des Pla und ist einer der ältesten Orte der Insel. Schon von Weitem sieht man die Windmühlen oder deren verbliebene Rümpfe, noch prächtiger die Aussicht von oben auf das flache Umland. Wer sich dafür zuerst stärken muss, sollte im S’Hostal direkt neben der Bushaltestelle einkehren – dem wohl authentischsten Restaurant auf der Insel –, um überbordend üppig belegtes Pa amb Oli zu verzehren. Ein stimmungsvolles Plätzchen zum Abendessen ist die Terrasse der Pizzeria Es Molí.

Geistige Nahrung findet man indes im Kulturraum Cas Retratista. Hier gibt es oft Ausstellungen zu sehen, man kann Fotoshootings mit der Großformatkamera buchen. Zugegeben: Im Dorf steppt nicht unbedingt der Bär, aber dafür schnattern am ersten Dezembersonntag bei der Rebhuhnmesse Fira de sa Perdiu die Vögel. Für weitere musikalische Untermalung ist die Taverna Can Pieres zuständig, die von einem sympathischen Österreicher geführt wird: Hier locken jeden Mittwoch Jamsessions.

Auf einem längeren Spaziergang in die Umgebung, wo im Frühling wilder Spargel am Wegesrand darauf wartet gepflückt zu werden, kann man die archäologische Fundstätte Son Fornés ansehen. Hier wurden Überreste einer Siedlung aus der Talaiot-Zeit (850 bis 123 vor Christus) ausgegraben. Das gleichnamige Museum in einer früheren Mühle erklärt die geschichtliche Epoche anschaulich. /bro

Mond bei Montuïri: Das Dorf ist auch wegen seiner Architektur einen Besuch wert. Gaizka Taro

Ruhe und Kultur in Lloret

Wer Lloret de Vistalegre erkunden will, beginnt am besten am mächtigen, erst vor Kurzem restaurierten Konvent, der über dem Ort in der Inselmitte thront. Vom Parkplatz Baix de sa Riba führt ein gläserner Panoramaaufzug hinauf, vor der Kirche sind dann auf einer Schautafel zwei ausgeschilderte Routen erklärt: Es gibt eine fünf Kilometer lange „Route der Natur“ (lila), sie führt durch den Ort zum Gemeindewäldchen. Hier gibt es nicht nur eine Grabhöhle aus der Bronzezeit, sondern auch das mutmaßliche Zentrum der Insel zu bewundern, in Form eines wuchtigen Monolithen mit den amtlich ermittelten Koordinaten. Die „Route der Ruhe“ hingegen führt um das Dorf herum zu einem Aussichtspunkt über das flache Land – nicht umsonst heißt die Ebene im Inselinneren Pla. Vor dem Ausflug lohnt sich ein Blick in den Veranstaltungskalender: Die Kulturfinca Son Bauló, Mallorcas wichtigste deutschsprachige Kleinkunstbühne, liegt fast auf dem Weg (son-baulo.de). Ansonsten lässt sich bestens in einer Bar an der Hauptstraße einkehren. /ff

Ausblick von Lloret auf die Tiefebene Pla de Mallorca. Frank Feldmeier

Pòrtol, das Töpferdorf

Die versteckten Schätze von Pòrtol sind in den Nebenstraßen des Dorfes zu finden: Der Ortsteil der Gemeinde Marratxí ist bekannt für seine Töpferkunst, rund ein Dutzend olleries haben Keramik in allen Varianten und Farben im Angebot – von traditionell braun bis kunterbunt. Dem Töpfer über die Schulter schauen kann man etwa im Can Vent (Carrer Trinitat, 39). Gleich zwei gegenüberliegende Läden gibt es im Carrer Sa Roca Llisa (alle Adressen unter ceramicademarratxi.es), einen Abstecher lohnt auch das in einer alten Windmühle untergebrachte Keramikmuseum (Museu del Fang, Carrer del Molí, 4, Mo.–Fr. 10–13.30 Uhr, Eintritt frei). Für einen Imbiss bietet sich die Bar Cas Tord an der Hauptstraße an (Carrer Major, 73). Sie wurde modernisiert und erweitert, ohne die frühere Optik allzu sehr zu beeinträchtigen. /ff

Eine der Töpfereien in dem Ort Pòrtol. Frank Feldmeier

Mythos und Trubel in Petra

Wenn man sich ohnehin in die Inselmitte begibt, um im Restaurant Es Cruce Schnecken mit Aioli oder gegrillte Wachteln zu verputzen, lohnt es sich, am dortigen Kreisverkehr die drei Kilometer nach Petra auf sich zu nehmen. Bei Radfahrern im Frühjahr und Herbst wegen der Lage beliebt, um auf Touren eine Pause einzulegen, ist Petra auch für geschichtsinteressierte Besucher interessant. Denn hier wurde der Franziskaner-Mönch Fray Junípero Serra geboren, der im 18. Jahrhundert nach Kalifornien auswanderte, um dort Missionen zu gründen.

Diese waren der Grundstein für Städte wie Los Angeles, San Francisco oder Santa Barbara. In Petra zeugen Denkmäler, Abbildungen und Inschriften von der Verehrung für den aus heutiger Sicht durchaus umstrittenen Geistlichen. Man kann das Geburtshaus und ein kleines Museum besichtigen (Museu i centre d’estudis Juníper Serra, Carrer Barracar Alt. 6, Di.–Sa. 11–13 Uhr).

Nach dem Sightseeing-Besuch lässt sich gemeinsam mit den Radlern in den Lokalen auf den beiden Plaças oder beispielsweise im Restaurant Es Celler einkehren. /pss

Das Geburtshaus des Mönchs Junípero Serra in Petra. Archiv