Marta Pujades ist eine ruhelose, neugierige Person. Sie hat Kunst studiert und einen Master in Fotografie gemacht, beides in Barcelona. Nun lebt sie wieder in ihrer Heimatstadt Palma, „weil das Leben hier billiger ist". Eine kleine Wohnung in Palma dient ihr zum Leben und Arbeiten.

Der Anfang ihrer Künstler­karriere zeigt sich nun steil: Direkt nach der Rückkehr meldete sich die Kuratorin Pilar Rubí bei ihr, wegen der Kollektiv­ausstellung „Radio Grafies" in der Galerie Xavier Fiol. Der erfahrene Galerist möchte mehr junge Kunst zeigen, Pilar Rubi hat ihm nun Marta Pujades, Chubasco, Marcos Juncal und Laura Torres Bauzà vorgestellt. Vernissage war am 23. Januar. Ob daraus eine lange Zusammenarbeit wird, ist ungewiss. „Es ist meine erste Erfahrung mit einer Galerie, ich weiß gar nicht, ob sich schon etwas verkauft hat", sagt Pujades aufgeregt.

Zwischenzeitlich hat sie ihre erste Einzelausstellung vorbereitet. Sie heißt „Hombres coronados" und wird am 11. Februar im Museum Es Baluard eröffnet. Im Vorfeld nahm die 25-Jährige vergangenes Jahr an einem Förderprogramm des Museums teil. Es nannte sich „Les Clíniques d´Es Baluard" und bestand darin, den Austausch zwischen 20 jungen Künstlern und vier Kuratoren zu ermöglichen. Die Künstler setzten während der Workshops ihre Projekte um, die Kunstagenten unterstützen sie.

Eine dieser Agenten war Museumsleiterin Nekane Aramburu, erfahrene Kuratorin und Kunsthistorikerin. Sie nahm Marta Pujades unter ihre Fittiche, aus Interesse an deren Arbeit und wohl auch aus weiblicher Solidarität: Die dezidierte Feministin treibt als eine Forschungslinie des Museums Fragen nach Gender und Transgender voran.

So wird seit vergangenem Jahr alljährlich zum Sankt Sebastian-Tag die Darstellung des Heiligen in der zeitgenössischen Kunst als Symbol neuer sexueller Identität diskutiert.

Und so spielt auch das Datum des 8. März, des Internationalen Tages der arbeitenden Frau, im Es Baluard eine wichtige Rolle. Vergangenes Jahr zeigte Natxa Pomar, auch sie eine ehemalige Teilnehmerin der „Clíniques d´Es Baluard" eine Installation zur historischen Figur der Matilde Landa.

Pujades, die sich selbst als Feministin bezeichnet, das Konzept gleichzeitig aber „irgendwie überholt" findet, stellt nun eine Arbeit vor, in der es um die Gleichberechtigung des Mannes geht. Dahinter stecken persönliches Interesse, eigene Identitätssuche und die ­ständige Beobachtung ihres Umfeldes. „Gewalt gegen Frauen ist in den Medien ständig präsent," sagt Pujades, „die Situation der Frau ist zwar nicht gut, aber man kennt sie zumindest".

Darauf aufbauend erforschte sie in den vergangenen Jahren Aspekte männlicher Unterdrückung und den Wandel der Rollendefinition. „Frauen stehen heute dank der Emanzipations­geschichte diverse Rollenvorbilder zur Auswahl", findet Pujades, „bei Männern fehlt diese Entwicklung noch."

Als dritten Schritt ging Pujades zurück in die Menschheitsgeschichte, um mehr über Männer, ihre Rollen und Darstellung zu erfahren. Am Anfang standen, viel zitiert und abgebildet, die griechischen Götter. Adonis erschien Pujades als visuelles Zitat für ihre eigene Arbeit passend. „Vordergründig ist er das Sinnbild männlicher Schönheit, dabei steht er aber auch für Qual, Tod und Abhängigkeit." Adonis quält Venus, die unsterblich in ihn verliebt ist, stirbt bei einem Jagdunfall, wird von Zeus auf Drängen von Venus wieder zum Leben erweckt, wenn auch nur im Sommer. Den Rest des Jahres muss er in der Unterwelt verbringen.

Die Figur verkörpert viele interessante Aspekte der Debatte zur Geschlechterrolle: die doppelte Identität, das Leben im Verborgenen, die Verwandlung. Als Pujades während ihrer Recherche auf eine Darstellung von Adonis mit Blüten­kranz stieß, hatte sie das Bild, um die Idee zu vermitteln.

Bislang hat sie 20 Männer unterschiedlicher sexueller Identität mit einem Blütenkranz gekrönt, um ihnen „Prestige zu verleihen". Der nackte Oberkörper und der Efeu im Hintergrund sind eine Referenz an Adonis und dessen symbolgetränkte Welt.

Ihre Modelle rekrutierte die Künstlerin zunächst aus dem Bekanntenkreis, später meldeten sich viele Männer von selbst über soziale Netzwerke. Der Foto­reigen ist noch nicht zu Ende. Das ist ein wichtiger Teil der Arbeit. Die Dynamik wächst, je bekannter die Bilder werden. „Die Auswahl treffe nicht mehr ich, sondern die Männer", sagt Pujades begeistert. Dabei entsteht eine Gruppe von Modellen, die sich einerseits mit der Forderung nach mehr männlichen Rollen identifizieren und andererseits überhaupt bereit dazu sind, halbnackt und mit Blumen im Haar vor die Kamera zu treten.

Der politische Effekt wird spürbar. „Es sind nicht nur Homo- oder Transsexuelle", sagt Pujades, auch viele Heteros wollen mitmachen, aus Solidarität mit diskriminierten Geschlechtsgenossen oder weil sie es einfach satt haben, „das Alpha-Männchen zu mimen." Die Serie ist wohl erst dann zu Ende, wenn sich die ersten Machos bei Pujades melden.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 12. Februar (Nummer 771) lesen Sie außerdem:

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