Als er klein war, habe er keine Ahnung gehabt, was ein Moll- oder ein Major-7-Akkord war. In

Kamerun, seinem Geburtsland, wurde die Musik noch mündlich vermittelt und nach Gehör nachgespielt. „Wenn also ein Akkord erklang, habe ich gedacht: Ah, das ist ein Quadrat­akkord. Oder ein Dreieckakkord. Oder ich habe sie mit Farben verbunden. Wie diese Akkorde hießen, wusste ich nicht", erzählte Richard Bona im vergangenen Jahr dem Fachmagazin „Bass Musician Magazine".

Heute gilt der 49-Jährige als einer der renommiertesten Bassisten der Welt. Als einer, der spielend zwischen afrikanischen Rhythmen und Jazzharmonien pendelt. Der mit Jazzgrößen wie Pat Metheney, George Benson oder Bobby McFerrin zusammengearbeitet hat und auch als Solokünstler Erfolge feiert. Unter anderem bekam er einen Grammy für sein 2005 erschienenes Album „Tiki".

Gerade bei seinen eigenen Aufnahmen begleitet er sein Bassspiel häufig mit Falsettstimme. Auch das ist ein Erbe seiner Heimat. „In Kamerun war es ganz normal, dass man singt, während man spielt." Richard Bona lernte als Vierjähriger zunächst das westafrikanische Instrument Balafon, eine Art Xylofon mit Resonanzkörpern aus Kürbissen. Später kamen so diverse Instrumente wie Flöte oder Gitarre hinzu. Und irgendwann eben der Bass, maßgeblich inspiriert von Jaco Pastorius. „Und da habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, ob ich singen soll oder nicht. Ich habe es einfach getan." Eine klassische Musikausbildung bekam er erst im Alter von 22 Jahren. Damals zog er zum Studium nach Düsseldorf. Später ging er nach Frankreich und nach New York, wo er heute noch lebt und an der New York University lehrt.

Am Mittwoch (9.8.) spielt der 49-Jährige um 22.30 Uhr bei der 23. Ausgabe des Festivals Jazz Sa Pobla. Auf der Plaça Major präsentiert er, begleitet von der sechsköpfigen, kubanischen Band Mendekan Cubano - bestehend aus Schlagzeug, Klavier, Posaune, Trompete und zwei Percussionisten -, afrokubanische Rhythmen und Songs, die sich mit den verschiedenen kulturellen Einflüssen auf der Karibikinsel ausei­nandersetzen. „Die kubanische Musik weist spanische Einflüsse auf, aber auch jene der afrikanischen Sklaven", so Bona. „Aber natürlich gab es auch Ureinwohner auf Kuba, auch wenn man selten über sie spricht. Die haben auch Musik

gemacht. Und wer kam nach den afri­kanischen Sklaven? Chinesische Sklaven. Sie alle haben die Musik beeinflusst." Aus der Erkundung dieses Erbes entstand im vergangenen Jahr das Album „Heritage".

Es ist nicht das erste Mal, das Bona sich mit der kubanischen Musik auseinandersetzt. 2001 etwa hatte er auf dem Album „Reverence" schon den Song „Ekwa Mato" veröffentlicht. Aber zum ersten Mal räumt er der afrokubanischen Musik so viel Raum ein. Die Kritiker sind begeistert: Das Album sei ein äußerst erfolgreiches Experiment, schreibt die „London Jazz News", „Ein wunderbares Beispiel für die Vielfalt kubanischer Musik" findet das Magazin „Black Grooves". Und auch das Fachmagazin „Bass Musician Magazine" reagiert auf die neuen Wege des Basshelden äußerst erfreut: „Energische Percussion verschnürt mit kompakten Bläsern und ergänzt mit einem ausgefeilten Klavierspiel verbinden sich zu hochklassigen Stücken. Unnötig zu erwähnen, dass Bona ein Biest am Bass ist."

Richard Bona & Mandekan Cubano, Jazz Sa Pobla, Plaça Major, 9.8., 22.30 Uhr, Eintritt frei, Festivalprogramm: http://www.sapobla.cat/images/programa_jazz2017.pdf