Mallorcas Erdgasnetz, das seit 2009 über eine Unterwasserpipeline ans spanische Festland angeschlossen ist, steht inzwischen rund 600.000 Inselbewohnern offen - und wächst stetig weiter. Wir sprachen mit Miguel ­Mayrata, dem Balearen-Bereichsleiter von Redexis Gas. Das Unternehmen hat 2015 die Pipelines nach Alcúdia und Andratx fertiggestellt, baut derzeit auf Hochtouren an der Leitung nach Felanitx und will in den kommenden Jahren Tausende neue Kunden gewinnen will.

Am sichtbarsten sind die Arbeiten derzeit entlang der Manacor-Schnellstraße. Wann wird die Gaspipeline nach Felanitx fertig sein?

Wir haben im September 2015 in Palma angefangen, sind jetzt an Montuïri vorbei, nähern uns Vilafranca und wollen Anfang März Manacor und dann bis Anfang Juni Felanitx erreichen. Diese Pipeline ist aus unserer Sicht essentiell für die Insel, da sie den gesamten Osten, von Capdepera und Artà im Norden, bis Ses Salines, Campos und Santan­yí im Süden versorgen wird. Allerdings haben viele Gemeinden noch nicht einmal das Genehmigungsverfahren für den Bau der lokalen Verteilungsnetze eingeleitet, wobei die Lizenzen letztlich die Balearen-Regierung erteilt. An uns als Unternehmen jedenfalls soll es nicht scheitern, wir würden sofort loslegen.

Wie sieht die Versorgungslage rund um Andratx und Alcúdia aus, wo die Pipelines mittlerweile fertig sind?

Die Leitung von Palma nach Andratx ist bereits in Betrieb. In der Gemeinde Calvià, etwa in der Siedlung Galatzó, sind schon die ersten Haushalte angeschlossen. Im Laufe dieses Jahres wollen wir in Santa Ponça das Verteilernetz für Hotels ausbauen, wobei zunehmend auch Bars, Restaurants und Privatleute Interesse bekunden. Für 2017 ist unter anderem der Anschluss von Peguera und Camp de Mar geplant. Die Pipeline nach Alcúdia ist ebenfalls fertig und geht voraussichtlich im März in Betrieb, wenn der Bau der lokalen Netze in Inca und Alcúdia abgeschlossen ist. Can Picafort und die Playa de Muro haben schon seit Längerem ein örtliches Verteilernetz, wurden bisher aber mit Flüssigerdgas versorgt, das via Tanklaster und Fähre vom Festland hierhin transportiert wird.

Ist es Ihr Ziel, irgendwann ganz Mallorca mit Erdgas zu versorgen?

Wenn wir alle Zuschläge und Genehmigungen erhalten, könnten wir bis zu 90 Prozent der Bevölkerung versorgen. Schwierig wird es nur auf dem Land, da es auf Mallorca sehr viele abgelegene Fincas gibt. Vorerst ist aber auch in den Städten und Dörfern noch viel Potenzial vorhanden: Bisher sind nur 15 Prozent der potenziellen Verbraucher ans Gasnetz angeschlossen - damit liegt Mallorca unter dem EU-Durchschnitt von 48 und unter dem spanischen Mittelwert von 28 Prozent.

Muss man den Anschluss als Haus- oder Wohnungsbesitzer selbst zahlen?

Derzeit übernehmen wir als Unternehmen die Kosten, wobei die Arbeiten Installationsfirmen vor Ort ausführen, mit denen wir kooperieren. Das ist Teil unserer Werbekampagne, wir brauchen schließlich sehr viele Kunden, um die Millioneninvestitionen auf der Insel nicht nur zu amortisieren, sondern überhaupt zu rechtfertigen. Allerdings wissen wir, dass die Nachfrage da ist, da ein Erdgasanschluss bequemer und günstiger für den Verbraucher und obendrein umweltfreundlicher ist.

Allerdings nicht so umweltfreundlich wie Sonnen- oder Windenergie…

Zur Stromerzeugung wäre Sonne und Wind freilich die Ideallösung, doch die ist eben nicht immer praktikabel und verfügbar, zumal auf Mallorca erst zwei Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Und zur Aufbereitung von Warmwasser, zum Heizen, Kühlen oder Kochen ist Erdgas verglichen mit anderen fossilen Brennstoffen wie Propangas oder Diesel die sauberste Energie und daher vor allem auch für Mallorcas Touristen­gebiete interessant.

Ist die Nachfrage seitens der Tourismusbranche groß?

Wir haben an der Playa de Muro vergangenen Winter mit dem Bau des Erdgasnetzes begonnen und inzwischen sind 80 Prozent der dortigen Hotels angeschlossen. Der Rest wartet noch, da ohnehin Sanierungsarbeiten anstehen oder weil die Leitungen noch nicht fertig sind. Die Hoteliers müssen wir nicht lange überzeugen - die ökonomischen Vorteile liegen auf der Hand: Ein Hotel mit 400 Zimmern und einem Spa, das acht, neun Monate im Jahr geöffnet hat, kann jährlich rund 50.000 Euro an Energiekosten einsparen. Wir haben mal errechnet, dass die Hotels in den Gemeinden, die wir potenziell erreichen, ihre Energiekosten durch die Umstellung auf Erdgas insgesamt um über neun Millionen Euro pro Jahr senken könnten.

Und die Gemeinden selbst, rennen Sie bei denen auch offene Türen ein?

Bei öffentlichen Gebäuden wie Sporthallen oder Schulen, die einen hohen Energieverbrauch haben, ist die Versorgung mit Erdgas immer interessant. In Inca werden wir das Schwimmbad anschließen, in Manacor das Tenniszentrum von Rafa Nadal. Palma beispielsweise nutzt Erdgas auch schon als Treibstoff, etwa für die Flotte der Stadtreinigung.