Muss sich Air-Berlin-Chef Joachim Hunold entschuldigen?

Ich werde seine Aussagen nicht bewerten. Ich will mich lieber mit Air Berlin zusammensetzen. Seit unserem Regierungsantritt auf den Balearen vor einem Jahr haben wir sehr gute Beziehungen, und das soll auch in Zukunft in jeder Hinsicht so bleiben. Bleiben Sie dabei, dass Air Berlin katalanischsprachige Kunden in ihrer Sprache begrüßen sollte?

Die Landesregierung fördert das Katalanische und macht niemandem Auflagen. In diesem Sinne versuchen wir, dass alle Mallorca-Flieger mit uns zusammenarbeiten. Der Brief, der den Eklat ausgelöst hat, wurde mit den besten Absichten verfasst und an alle Airlines geschickt. Es geht einfach darum, die Kunden in einer weiteren Sprache zu begrüßen, die die Sprache der Balearen ist. In diesem Punkt bieten wir Air Berlin unsere volle Unterstützung an. Und wenn Air Berlin nicht will?

Soweit ich das einschätzen kann, ist man zu einem Dialog bereit. Im Übrigen arbeiten auch zahlreiche katalanische Muttersprachler für Air Berlin. Wir würden unserer Sprache einen Bärendienst erweisen, wenn wir wegen ihr einen Streit vom Zaun brechen. Wir wollen sie im Konsens fördern, ohne jemandem Auflagen zu machen. Es ist ein sensibles Thema, das leicht polarisiert, darauf dürfen wir nicht hereinfallen. Ich will keinen Ärger. Air-Berlin-Chef Hunold wurde sogar als Nazi beschimpft... Das halte ich für sehr unglücklich. Auch die Aussage der Sprach-Lobbyisten der Obra Cultural Balear, Hunold sei ein antikatalanischer Agent?

Das Ganze beruht auf einer Fehlinterpretation des Briefes. Einige der Äußerungen sind völlig fehl am Platz, andere ergaben sich in der Auseinandersetzung. Ich will mich auf keine Diskussion darüber einlassen, wer was gesagt hat, sondern den Konflikt beilegen. Viele Deutsche auf der Insel sind beunruhigt über die Ziele der Sprachpolitik. Soll nur noch Katalanisch gesprochen werden?

Nein. Das Gesetz zur Sprachförderung spricht von ?Normalisierung´. Denn die jetzige Situation der katalanischen Sprache ist nicht normal. Die spanische Verfassung erkennt Katalanisch als offizielle Sprache der Balearen an, ebenso die balearische Landesverfassung. Sie verpflichten die Institutionen dazu, die Sprachsituation zu normalisieren. Aber was heißt normal?

Wie viele Zeitungen auf den Balearen erscheinen auf Spanisch, wie viele auf Katalanisch? (auf Katalanisch nur eine, Anm. der Red.) Das Katalanische war immer dem Spanischen untergeordnet. Zeitweise war es sogar verboten. Die Normalisierung ist ein langer Prozess, den nicht ich mir ausgedacht habe, sondern der in der Verfassung festgeschrieben ist sowie auch in einem Gesetz von 1986, das alle Parteien mitgetragen haben. Wir setzten das nicht mit Zwang um, sondern im Dialog. Im Brief an Air Berlin gibt es keinerlei Drohungen. Aber deutliche Forderungen.

Da interpretieren Sie zu viel hinein. Was können wir schon tun? Der Brief ist mit den besten Absichten geschrieben. Schauen Sie: Als wir zur Balearen-Schau auf dem Berliner Alexanderplatz waren, habe ich meine Rede auf Spanisch gehalten, weil das mehr Menschen verstehen. Am liebsten wäre mir, alle würden perfekt Katalanisch, Spanisch und eine dritte Sprache beherrschen. Die Realität sieht anders aus...

Wenn ein Tourist hierher kommt, versucht er zunächst, jemanden zu finden, der Deutsch spricht. Anschließend wird er es vielleicht auf Spanisch versuchen. Wer hierher zum Leben kommt, ist eingeladen, unsere Sprache kennenzulernen. Das ist normal. Die Kinder lernen problemlos Katalanisch, und wenn ältere Menschen bei den Behörden Schwierigkeiten haben, wird man ihnen auf Spanisch helfen. Ich spreche mit Ihnen doch auch gerade auf Spanisch. Die Balearen-Bewohner sind ausgesprochen gastfreundlich, sie wechseln, wenn nötig, sofort die Sprache. Die Stadt Palma fordert in einer Broschüre die Mallorquiner auf, Ausländer auf Katalanisch anzusprechen. Ist der persönliche Umgang Sache des Staates?

Nur, weil wir die Bürger ab und an daran erinnern, dass wir eine eigene Sprache haben, darf das nicht fehlinterpretiert werden als eine gegen irgendjemanden gerichtete Maßnahme. Das ist keine Laune von mir, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Wird diese konsensbetonte Position auch von Ihren Koalitionspartnern, der PSM (Linksnationalisten) und der Unió Mallorquina geteilt?

Das ist die Position des Ministerpräsidenten, und der hat das Sagen. Aber Sie wissen schon, in allen Familien ... Aber wir sind uns einig darin, konstruktiv an das Thema heranzugehen. Haben Sie Verständnis, Herr Ministerpräsident, dass die Katalanisch-Politik für viele Deutsche auf der Insel ein Reizthema ist?

Schauen Sie, ich wurde in Venezuela geboren, meine Frau in Murcia. Der Anteil der Zugewanderten ist enorm. Wer hierher kommt, sollte verstehen, dass wir eine eigene Sprache haben, die uns sehr wichtig ist. Sie ist ein Teil von uns. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

Der Aritkel der alles auslöste: Air Berlin sticht ins Wespennest

Damit man mitreden kann: Fakten zur katalanischen Sprache

Der Streit in Auszügen