Welche Reiseziele im Kommen sind, ist laut Peter Fankhauser nicht schwer zu erkennen. „Wenn wir unsere Pressekonferenz auf Mallorca abhalten und über hundert Journalisten hierher transportieren, ist das ein Zeichen, welche Destination wir im nächsten Sommer nach vorne schieben wollen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Thomas Cook AG am vergangenen Montag (25.10.). Der Reiseveranstalter stellte seine Kataloge für 2011 vor – und ließ keinen Zweifel an der Erholung Mallorcas.

Das sind Nachrichten, die auch die balearische Tourismusministerin Joana Barceló (PSOE) in ihrem Optimismus bestärken. Nach dem Krisenjahr 2009, das von Wirtschaftsflaute, ETA-Anschlägen und Schweinegrippe geprägt war, hat sich das Reiseziel Mallorca wieder gefangen. Trotz der Delle, die die Aschewolke im April dieses Jahres in der Urlauberkurve hinterließ, kommen in diesem Jahr wieder mehr Urlauber auf die Balearen.

Bis einschließlich September stieg die Zahl der Flugpassagiere um 1,8 Prozent auf 11,7 Millionen – und bis Ende des Jahres rechnet Ministerin Barceló sogar mit einem Plus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie sie im MZ-Interview prognostiziert. Damit würde sich die Insel wieder den Rekordjahren 2007 und 2008 nähern. Damals landeten mehr als 12,6 Millionen Menschen auf den Balearen.

Die Urlauber haben sich 2010 auch wieder ausgabefreudiger gezeigt. So stiegen die Ausgaben von Hotelgästen auf den Balearen zwischen Januar und August um sechs Prozent auf 123 Euro pro Urlauber und Tag. Die sonstigen Touristen gaben laut der Statistik des Tourismusministeriums mit 86 Euro pro Urlauber und Tag immerhin 3,2 Prozent mehr aus. Die Hotelauslastung zwischen Januar und August stieg um 3,3 Prozentpunkte auf 72,8 Prozent – für September konnten die Hoteliers auf den Balearen mit 75 Prozent sogar einen spanienweiten Spitzenwert erzielen.

Hintergrund ist vor allem der Wirtschaftsaufschwung in Deutschland – während die Briten schwächeln, legten die Urlauber aus Alemania um knapp vier Prozent zu. Mehr Wachstum, weniger Arbeitslose, mehr Konsum – die Deutschen haben wieder mehr Geld in der Tasche. „Die Krise ist zu Ende, zumindest in Deutschland", unterstreicht auch Tui-Sprecher Michael Blum, die Leute reisten wieder. „Zum Schluss brummte die Sommerbuchung."

Mallorca schlägt sich auch im Wettbewerb mit dem Hauptrivalen Türkei gut. „In der Vergangenheit waren das westliche und das östliche Mittelmeer wie zwei korrespondierende Röhren", so Fankhauser. „Lief das eine gut, hatte das andere Probleme und umgekehrt." In diesem Sommer hätten sich dagegen beide Reiseziele gut entwickelt.

Teilweise kam es bei den Konkurrenzdestinationen auch zu Überbuchungen, von denen Mallorca profitierte. Und auch statistische Effekte dürften bei den guten Zahlen im Jahresvergleich eine Rolle spielen – im Vorjahr hatten Schweinegrippe und ETA-Anschläge die Kurve zusätzlich nach unten gedrückt.

Mit der wichtigste Erfolgsfaktor aber ist nach Sicht der Reiseveranstalter die Preisentwicklung. Mallorcas ­Hoteliers hätten ihre Preise mit denen in der Türkei verglichen und sich zu Herzen genommen, was dort passiere, sagt Michael Tenzer, Geschäftsführer Touristik bei Thomas Cook. „Die Mallorquiner sind mit wesentlich attraktiveren Angeboten im Markt."

„In schwierigen Zeiten wie diesen können wir die Preise nicht erhöhen", bestätigt Marilén Pol, Vorsitzende der Hoteliersvereinigung auf Mallorca (FEHM) – gerade mit Blick auf die Türkei müsse man realistisch sein. Die Hauptsaison sei in der Tat gut gelaufen, das erste Halbjahr habe jedoch noch unter dem Krisenjahr 2009 gelegen, und „drei Monate Hauptsaison reichen nicht aus, um von einer besseren Saison zu sprechen".

Zudem haben die Rabatte ihren Preis: In einer Umfrage des Branchenverbandes gaben nur 38 Prozent der befragten Hoteliers an, dass der Umsatz 2010 zugelegt habe – von Rückgängen ist sogar bei 41 Prozent von ihnen die Rede. Seit Ausbruch der Wirtschaftskrise summiere sich der Preisnachlass in Mallorcas Hotels auf elf Prozent. Die Rentabilität sinke seit inzwischen zehn Jahren und habe in diesem Jahr weiter nachgelassen. Einige Hoteliers seien in die roten Zahlen gerutscht.

Die Spannungen zwischen Reiseveranstaltern und Hoteliers bestehen fort. Erst vor einigen Wochen hatte Thomas Cook versucht, vereinbarte Zahlungen an die Hotels vor allem britischer Urlauber ohne Absprache um fünf Prozent zu kürzen, um Ausfälle durch die Aschewolke zu kompensieren. Dass Hoteliers in Palmanova und Magaluf nun mit Klagen drohen, wollte Fankhauser am Montag nicht kommentieren und verwies auf die britischen Thomas-Cook-Kollegen. Für die deutsche Tochtergesellschaft schloss er ein solches Geschäftsgebaren aus: „Das ist nicht geplant, das beschränkt sich auf England."

Trotz aller Vorsicht: Bei den Prognosen für 2011 stehen die Zeichen auf Optimismus. „Mallorca ist in der Preisentwicklung sicherlich am attraktivsten", so Thomas-Cook-­Manager Tenzer: Während sich Menorca, die Kanaren und das spanische Festland 2011 leicht verteuerten, würden Pauschalreisen nach Mallorca 2,5 Prozent günstiger – trotz der neuen Luftverkehrssteuer. Ohne die Abgabe würden die Preise sogar vier Prozent sinken. Besonders in der Frühbucherzeit werde Mallorca profitieren, so Tenzer. Auch das Plus an All-inclusive-Angeboten sei eine Basis für weitere Zuwächse.

Wenn Mallorca wieder richtig durchstarten will, müssen allerdings noch einige Hausaufgaben erledigt werden. Noch völlig offen ist die Frage, wie überflüssige Hotelbetten abgebaut werden können, um die Rentabilität zu erhöhen. Bevor wieder die Preise steigen könnten, müsse zudem in die Infrastruktur und in moderne Hotels investiert werden, fordert Fankhauser. „Haben Sie unsere neues Hotel Royal Cupido an der Playa de Palma gesehen? Es war trotz Preissteigerung in der Hochsaison voll, voll, voll."

Die Hoteliers wüssten um die Notwendigkeit von Investitionen, sagt Marilén Pol, doch dafür müsse auch die Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Die jetzige Landesregierung habe zwar wichtige Schritte unternommen. Doch viele Versprechen blieben unkonkret, es fehle eine langfristige Perspektive wie etwa beim Einsatz von Tennisstar Rafael Nadal in der Tourismus-Werbung. Premier Antich müsse sich auch persönlich für Mallorcas wichtigsten Wirtschaftszweig einsetzen.

Und auch mehr Fantasie ist gefragt. Wie zuvor schon Tui, schlägt Thomas Cook vor, Restaurants und Bars rund um die Hotels in ein All-inclusive-Konzept einzubinden. Michael Tenzer spricht von „All-inclusive-Walk-Around". Doch bislang würden die Vorschläge nicht aufgenommen: Wirte und Hoteliers gönnten sich offenbar gegenseitig keine Gäste.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Interview mit Tourismusministerin Joana Barceló

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