Warum es in einem Dorf im Flachland auf Mallorca nachts kälter ist als auf dem höchsten Berg

In den Mittagsstunden überlegt man, im Meer zu baden. In der Nacht reicht eine Decke kaum noch aus

Der blaue Himmel auf Mallorca hat seinen Preis: Dann wird es nachts besonders kalt.

Der blaue Himmel auf Mallorca hat seinen Preis: Dann wird es nachts besonders kalt. / Simone Werner

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Die Temperaturkurve an einem Tag auf Mallorca gleicht derzeit einer Achterbahnfahrt. Wenn die Sonne tagsüber am Himmel strahlt, löst man die Zwiebelschichten immer weiter auf. Nachts hingegen kann die Decke gar nicht dick genug sein, um gegen die Minusgrade anzukämpfen. Das eine bedingt das andere.

19 Grad hat der spanische Wetterdienst Aemet am Dienstag (19.12.) auf Mallorca gemessen. In der Nacht auf Mittwoch sanken die Werte rapide ab. Auf großen Teilen der Insel näherte sich die Temperatur dem Gefrierpunkt, in der Nacht zuvor waren es gar minus 4 Grad.

Wann man mit kälten Nächten auf Mallorca rechnen kann

"Für kalte Winternächte auf Mallorca muss es möglichst windstill sein", erklärt MZ-Wetterexperte Duncan Wingen. "Die Luftmassen über dem Mittelmeer sind wärmer als die über der Erde." Windböen würden sie vermischen lassen und somit die Insel ein wenig aufheizen.

Die zweite Bedingung ist das Traumwetter am Tag vor der Nacht. Es darf so gut wie keine Wolken geben, die sonst wie eine Decke über Mallorca liegen und verhindern, dass die warmen Luftmassen wegziehen.

"Kurioserweise werden die niedrigsten Temperaturen nicht immer auf Berggipfeln gemessen, wie man es vielleicht vermuten würde", so Wingen. Spitzenreiter in der Nacht auf Mittwoch war mal wieder Campos, das fast auf Höhe des Meeresspiegels liegt. "Nach dem Sonnenuntergang kühlen sich zuerst die Luftschichten ab, die direkten Kontakt mit der Erde haben." Wie aus dem Physikunterricht bekannt ist, steigt warme Luft nach oben und sorgt erstmal dafür, dass höhergelegene Orte etwas wärmer sind. Hinzu kommt auf Mallorca weiter der Faktor Mittelmeer, der an den Küsten als Heizung fungiert. Besonders kalt wird es eher in der Inselmitte.

"Die kalten Luftmassen sind zäh und schwer. Sie verhalten sich wie Wasser und fließen sozusagen in tiefer gelegene Gebiete ab. Meist folgen sie dabei den Sturzbächen", sagt Wingen. Die wärmeren Luftmassen haben eine geringere Dichte. "Wenn sie mit den kalten aufeinandertreffen, ist das wie der Effekt einer Ölschicht auf Wasser. Sie vermischen sich nicht."

Wie ein Pool für kalte Luft

Mallorcas kältester Punkt ist dennoch die Wetterstation Son Torrella, wo es im vergangenen Jahr 21 Nächte mit Minusgraden gab. Der Tiefstwert war mit minus 5,3 Grad am 19. Januar erreicht. Die Station befindet sich auf 840 Metern Höhe nahe dem Cúber-Stausee und ist von Berggipfeln umringt.

Mit 18 kalten Nächten folgt danach schon Campos. Die Wetterstation liegt nur 40 Meter über dem Meeresspiegel und befindet sich ebenfalls in einem Tal, das rundherum von Hügeln umringt ist. "Man kann es sich wie einen Pool für kalte Luft vorstellen", sagt Wingen.

Ab Mittwoch fallen die Bedingungen für die kalten Nächte weg: Es wird windig und bewölkt. Die Folge sind höhere Temperaturen in der Nacht, die mitunter im zweistelligen Bereich liegen. Das schöne Wetter hat halt seinen Preis.