Harter Tobak: Bei auf Mallorca aufgetauchten Plakaten wird die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol (PSOE, Sozialistin) als SS-Schergin dargestellt. Darunter steht auf Katalanisch: "Arzt: Weniger Leben retten, mehr Katalanisch sprechen". Damit wird auf einen schwelenden Sprachenstreit im Gesundheitssystem verwiesen. Die mutmaßlich eher rechtsextremen Urheber plakatierten das Motiv sowohl in der Innenstadt als auch im Krankenhaus Son Espases, wo die Plakate bereits abgehängt worden sind.
Politische Gegner wegen vermeintlich extremer Positionen als "Nazis" zu verunglimpfen ist in Spanien nicht unüblich - die Einzigartigkeit des Dritten Reichs und der Shoah wird dabei gewöhnlich ignoriert. In diesem Fall wird Armengol offenbar als "Sprach-Nazi" beschimpft.
Die Ministerpräsidentin hatte kürzlich auf der weiteren Untersuchung von Vorfällen bestanden, bei denen Ärzte die Patienten angeblich nicht in ihrer Muttersprache Katalanisch, sondern nur auf Spanisch behandeln wollten. Nachforschungen der Gesundheitsbehörde hatten eigentlich ergeben, dass die Vorwürfe unbegründet waren.
Auf Mallorca und den Nachbarinseln gibt es zwei offizielle Sprachen: die Inselsprache Katalanisch/Mallorquinisch sowie Spanisch. Die Mitarbeiter im Gesundheitssystem müssen die Patienten auch auf Katalanisch/Mallorquinisch behandeln können, die Inselsprache also zumindest verstehen. Die offizielle Unterrichtssprache an öffentlichen Schulen ist Katalanisch, das auch in den Institutionen der Insel vorherrscht. Im Amtsblatt der Balearen werden neue Gesetze und Verordnungen stets zweisprachig veröffentlicht.
Über den Gebrauch der beiden Sprachen wird auf Mallorca seit vielen Jahren gestritten - der Konflikt hat eine jahrhundertelange Vorgeschichte. Je weiter rechts Einheimische und Zuwanderer im politischen Spektrum stehen, desto militanter verteidigen sie meist das Spanische, das ihrer Ansicht nach zu sehr zurückgedrängt wird. Umgekehrt wünschen sich Linke oder Linksextreme eher die Bevorzugung des Katalanischen. /ck
