Mitglieder der NGO "Freedom from Torture" haben am Dienstag (15.6.) vor dem Hauptsitz der in Palma de Mallorca ansässigen Fluggesellschaft Privilege Style protestiert. Die Demonstranten wurden aus dem Gebäude verwiesen, nachdem sie ein Transparent gegen die geplante Zwangsabschiebung von Flüchtlingen aus dem Vereinigten Königreich nach Ruanda entrollt hatten.

"Privilege Flight: Stop Tearing Families apart", liest sich darauf. Die Aktivisten, darunter der Folter-Überlebende Kolbassia Haoussou, prangern die angebliche Beteiligung von Flugzeugen der Fluggesellschaft an den geplanten Zwangsabschiebungen an. Weil die Airline ihre bisherigen Mails und Anrufe ignoriert hätten, seien sie direkt zum Hauptsitz gekommen, erklärt Haoussou in einer Pressemitteilung. In den Sozialen Medien verbreiteten sie Videos von ihrer Aktion.

Während der Proteste stand noch im Raum, dass am Dienstagabend der erste geplante Aschiebeflug stattfinden sollte. Nach Informationen von "Freedom from Torture" mit einer Maschine von Privilege Style. Doch der Flug nach Ruanda wurde kurz vor der Abreise gerichtlich gestoppt.

London hatte mit dem Flug seinen umstrittenen Ruanda-Pakt einläuten wollen, mit dem die konservative Regierung weitere Schutzsuchende von der Einreise ins Vereinigte Königreich abschrecken will. Die Vereinbarung sieht vor, dass Schutzsuchende, die illegal nach Großbritannien gelangt sind, unabhängig von ihrer Nationalität oder Herkunft in das ostafrikanische Land gebracht werden und dort gegen Zahlungen der britischen Regierung die Möglichkeit für einen Asylantrag erhalten. Selbst wenn sie dort als Flüchtlinge anerkannt werden, soll es in keinem Fall eine Rückkehr nach Großbritannien geben.

Abschiebeflüge nach Ruanda: Bruch des internationalen Rechts?

Die Vereinten Nationen und viele andere Organisationen sehen darin einen Bruch internationalen Rechts und einen gefährlichen Präzedenzfall. Sogar der zur politischen Neutralität verpflichtete Thronfolger Prinz Charles soll sich Medienberichten zufolge "entsetzt" über den Plan geäußert haben.

Von britischen Gerichten gab es für den Flug zwar grundsätzlich grünes Licht, allerdings waren viele Einzelklagen erfolgreich, weshalb die Zahl der für Dienstagabend eingeplanten Passagiere in den Tagen zuvor immer kleiner wurde. In den Stunden vor dem geplanten Abflug sorgte eine außergewöhnliche Intervention des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg dann dafür, dass die Zahl der Ausreisenden schließlich auf null sank und der Flug komplett gestrichen wurde.

30.000 Mails an Fluggesellschaften

Trotzdem hält die Regierung an ihren Plänen fest. Die britische Innenministerin Priti Patel sagte, dass man bereits daran arbeite, den nächsten Flug vorzubereiten. Daher protestieren Menschenrechtler und NGOs weiterhin gegen die Zwangsabschiebungen.

Der Protest am spanischen Hauptsitz von Privilege Style folgt auf eine Kampagne von Freedom from Torture, bei der laut der NGO mehr als 30.000 Menschen E-Mails an Fluggesellschaften schickten, die im Verdacht stehen, bei den Plänen für die Zwangsabschiebung beteiligt zu sein. Die Fluggesellschaft Titan Airways, die Freedom from Torture zufolge bisher Abschiebeflüge für die britische Regierung durchgeführt hat, erklärte aufgrund der Proteste offiziell, nicht an den Flügen nach Ruanda teilzuhaben.