Raus aus dem grauen Winter im Rheinland: Am Mittwoch (9.1.) sind Mannschaft und Trainerstab des Fußball-Zweitligisten 1. FC Köln auf der Insel gelandet. Acht Tage Trainingslager sollen die Grundlagen für eine erfolgreiche Rückrunde in der zweiten Liga legen und damit nach nur einem Jahr die ersehnte Rückkehr in die Bundesliga. Trainer Markus Anfang wirkt beim MZ-Interview am Telefon zwei Tage vor Beginn des Trainingslagers hoch konzentriert und ernst. Viel Platz für Späße ist da nicht, schon gar nicht über den prominentesten Kölner, den Stürmer Anthony Modeste, dem Ikke Hüftgold bereits einen Ballermann-Song widmete. Der Franzose kam im November nach Köln zurück, nachdem er im August seinen Vertrag beim chinesischen Club Tianjin Quanjian einseitig aufgekündigt hatte. Als Grund gibt er ausstehende Gehaltszahlungen an. Die FIFA akzeptiert dieses Vorgehen nicht und verweigert ihm bisher die Spielerlaubnis. Der Streit wird gerade vor Gericht ausgefochten. Markus Anfang nervt das Thema ein wenig, das ist ihm im Gespräch anzumerken.

Der FC kommt nach Mallorca. Eigentlich eher ein Notnagel, oder? Schließlich war ja zunächst geplant gewesen, das Trainingslager in Katar abzuhalten. Die unklare Menschenrechtslage vor Ort soll dann aber dazu geführt haben, dass Ihr Präsident Werner Spinner auf einen anderen Zielort drängte.

Nein, Mallorca ist ganz und gar kein Notnagel. Da wir in den vergangenen Jahren gar nicht im Winter-Trainingslager waren, haben wir uns diesmal Gedanken gemacht, wo wir hinfahren, und Mallorca hat gewonnen. Da waren mehrere Aspekte ausschlaggebend. Die Trainingsvoraussetzungen auf Mallorca waren gut, und die Anreise ist kurz.

Wie sieht der Trainingsplan in Son Bibiloni bisher aus?

Grundsätzlich sind zwei Einheiten pro Tag angesetzt. Wir wollen die Zeit optimal nutzen. Das Gute ist, dass wir bis zum Start in die Rückrunde am 31. Januar noch ein bisschen Zeit haben. Deshalb können wir im Trainingslager mit maximaler Belastung trainieren und die Grundlagen für die restlichen Spiele der Rückrunde legen. Was dann tatsächlich möglich ist, sehen wir vor Ort. Der Plan ist nicht in Stein gemeißelt. Die Spieler werden sicher auch etwas Freizeit bekommen.

Welche Aussagekraft hat für Sie das Testspiel gegen Real Mallorca am 16. Januar?

Jedes Spiel hat für uns eine Bedeutung. Vielleicht steht das Ergebnis nicht ganz so im Vordergrund wie in einem Ligaspiel, aber ich erhoffe mir schon einige Erkenntnisse, auch wenn Real Mallorca mitten im Ligabetrieb ist und wir eine einmonatige Pause hatten.

Werden Sie auch mentale Aspekte im Trainingslager angehen?

Wir haben keinen Psychologen oder Ähnliches dabei, wenn Sie das meinen. Aber es gibt anderweitig Möglichkeiten, das Thema aufzugreifen.

Die mentale Stärke werden Ihre Spieler brauchen, wenn sie in die Bundesliga aufsteigen sollen. Was entscheidet letztendlich darüber, ob das gelingt?

Die Konstanz wird entscheidend sein. Vor allem in den wichtigen Spielen gegen Ende der Saison, wenn es um alles geht. Dann müssen wir oben mitspielen.

Aber die Konstanz kann man ja nicht auf Knopfdruck anordnen.

Konstanz entsteht, wenn du den positiven Druck innerhalb der Mannschaft hoch hältst. Du musst die Mannschaft so zusammenbauen, dass die Spieler immer an ihre Leistungsgrenze gehen. Dazu kommen anderen Faktoren wie zum Beispiel Verletzungen. Da hat es uns dieses Jahr leider schon ein paar Mal

getroffen.

In der Winterpause bestünde jetzt auch die Chance, die Mannschaft noch einmal zu verstärken. Aber das scheint ja nicht geplant zu sein, obwohl Sie vor gut einem Monat Verstärkungen gefordert hatten.

Das stimmt so nicht, das wurde falsch wiedergegeben. Wir beobachten den Markt, und wenn wir etwas Sinnvolles machen können, dann tun wir das auch. Wir wollen immer in der Lage sein, uns zu verbessern.

Eine Verstärkung erster Güte wäre ja auch Stürmer Anthony Modeste, wenn er denn endlich spielen dürfte. Wie ist da der aktuelle Stand?

Es hat sich nichts geändert, aber ich bin ja auch kein Jurist. Der Fall ist vor Gericht, viel mehr kann ich leider nicht sagen, auch wenn ich ständig danach gefragt werde.

Wie halten Sie seine Motivation hoch? Er kann ja nur trainieren, noch nicht einmal in Trainingsspielen ist sein Einsatz erlaubt.

Indem wir ihn ganz normal wie alle anderen Spieler auch behandeln. Natürlich sind die Wochenenden schwierig, wenn er nicht zum Einsatz kommen kann. Wir unterstützen ihn dabei, auf den Punkt fit zu sein, wenn die Spielberechtigung kommt.

Zumal Sie im Sturm mit Simon Terodde und Jhon Córdoba eigentlich bestens aufgestellt sind. Terodde jagt mit seinen 22 Saisontoren in nur 17 Spielen den ewigen Zweitliga-Torschützenrekord von Rudi Völler, der in der Saison 1981/82 immerhin 37 Tore für die Münchner Löwen erzielte.

Simon hatte ein schwieriges halbes Jahr. Er ist aus der Bundesliga abgestiegen und ist dann super reingekommen. Bei Córdoba war es so, dass beinahe alle vorher sagten: Was wollt ihr denn mit dem? Jetzt sind wir sehr glücklich, dass wir diese beiden Spieler bei uns haben. Und man darf ja auch den jungen Serhou Guirassy nicht vergessen. Er hat ein riesiges Potenzial, auch wenn er es in der Vorrunde nicht immer abrufen konnte.

Was werden Sie machen, wenn Sie als gebürtiger Kölner mit Köln tatsächlich in die Bundesliga aufsteigen? Wollen Sie nackt den Dom hochrennen?

Das werde ich auf keinen Fall machen. Das kann ich ja niemandem antun. Aber ich habe mir darüber noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Erst einmal müssen wir den Aufstieg schaffen.

Wie schätzen Sie die Situation in der Bundesliga ein? Sind die Dortmunder schon praktisch Meister?

Mir steht es nicht zu, als Zweitliga-Coach über die Bundesliga zu urteilen. Nur so viel: In den vergangenen Jahren wurde immer geschrieben, dass gegen Bayern sowieso niemand eine Chance hat. Jetzt heißt es, dass Bayern es nicht mehr schaffen kann und Dortmund alles gewinnt. Es ist doch schön für die Zuschauer, dass die Liga in diesem Jahr so spannend ist.