Manchmal sind es die kleinen Dinge, die die Beziehung zwischen zwei Menschen zerstören können. Wer als Kind schon einmal Tischtennis gespielt hat, weiß, dass man sich entschuldigt, wenn man einen Punkt dank eines Netzrollers erzielt. Der Tennisspieler Stéfanos Tsitsipás hat das im Eifer des Gefechts vergessen. Sein damaliges Gegenüber, Daniil Medvedev, nahm es dem 23-jährigen Griechen übel, und die beiden Profis hassten sich fortan leidenschaftlich.

Bei den Mallorca Championships könnten sich beide im Finale treffen. Medvedev, amtierender Weltranglistenerster, und Tsitsipás, derzeit Sechster, sind als die beiden Favoriten an Stelle 1 und 2 bei dem ATP-Turnier in Santa Ponça gesetzt. Die MZ hat mit dem Griechen am Montag (20.6.) gesprochen. Der 23-Jährige debütiert am Dienstag im Doppel in Santa Ponça, am Mittwoch sind Medvedev und Tsitsipás erstmals im Einzel dran.

Wie ist Ihr erster Eindruck von Mallorca?

Hier in Calvià gibt es viele Grünflächen. Das finde ich toll. Natürlich ist das Meer bezaubernd. Ich bin in einer ähnlichen Umgebung aufgewachsen. Mallorca fühlt sich ein bisschen wie Zuhause an. Ich bin es gewöhnt, im Meer zu baden und mir danach auf dem Platz die Seele aus dem Leib zu spielen.

Sie brillieren immer auf Hart- und Sandplätzen. Wenn es dann aber auf Rasen geht, schwächeln Sie. Fühlen Sie sich auf dem Gras nicht wohl?

Ich glaube nicht, dass es ein Problem ist. Ich denke sogar, dass mir ein Rasenplatz ziemlich gut liegt. Die Ergebnisse waren halt noch nicht wie gewünscht. Das Gras ist wie eine Jugendliebe, wie ein Mädchen, in das ich mich verguckt habe, das mir aber noch keine Aufmerksamkeit schenkt. Ich bleibe aber dran und versuche, ihr Herz zu gewinnen.

Medvedev ist Ihr ärgster Gegner in Santa Ponça. Ihre Beziehung war in den vergangenen Jahren - gelinde gesagt - angespannt. Wie würden Sie Ihr Verhältnis heute beschreiben?

Es ist nicht mehr ganz so mies.

Sie reden also wieder miteinander und es gibt keine Probleme mehr?

(ironisch) Ja, wir sind beste Freunde. Wir gehen manchmal gemeinsam ins Restaurant Abendessen und machen zusammen Party.

Bei den Mallorca Championships darf Medvedev spielen, in Wimbledon sind die russischen Spieler hingegen vom Wettkampf ausgeschlossen. Manche sagen, das sei Unsinn, da die Sportler mit der Politik nichts am Hut haben. Andere sagen, das sei gut, denn man müsse ein Statement setzen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich bin da ehrlich und rede nicht um den heißen Brei herum: Die Regelung ist völlig lächerlich. Es ist extrem, einem Sportler nicht die Möglichkeit zu geben, bei einem Turnier mitzuspielen, nur wegen der politischen Lage in seinem Land. Jeder Russe sollte Wimbledon spielen dürfen. Im Endeffekt ist es ihre Entscheidung, und sie müssen tun, was sie für das Beste halten.

Ist das Thema für Sie eine Herzensangelegenheit, weil Ihre Mutter Russin ist?

Auf keinen Fall. Ich sage das mit gesundem Menschenverstand. Meine Mutter lebt seit 25 Jahren in Griechenland. Meine Familie ist von dem Krieg nicht direkt betroffen.

Auf Mallorca kommt man schlecht um Rafael Nadal herum. Ist er der beste Spieler derzeit und der GOAT (Greatest Of All Time)?

Er hat genügend getan, um diesen Titel zu verdienen. Ich verehre ihn sehr. Als Kind habe ich immer seine Spiele gesehen. Sein Kampfgeist und seine Disziplin auf dem Platz haben mich beeindruckt.

Disziplin ist ein gutes Stichwort. Es wirkt ein bisschen so, als würde die neue Tennis-Generation mehr auf Show und Schlagzeilen setzen. Man denke an die Ausraster eines Nick Kyrgios oder Alexander Zverev zuletzt...

Das kann man so sagen. Wir sind eine emotionale Generation, die mit den sozialen Medien aufgewachsen ist. Informationen, Anleitungen und Tipps sind für uns aufgearbeitet und portioniert. Früher mussten sich die Spieler das alles selber erarbeiten.

Sehen Sie sich als der Star der neuen Generation?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Meine Arbeitseinstellung wird darüber entscheiden. Ich bin zuversichtlich: Wenn ich die richtigen Schritte mache, kann ich der Star werden.