Außer in der Heimat weltbekannt: Deutscher Influencer verstärkt Volleyballer auf Mallorca

Der 2,04 Meter große David Seybering ist dank TikTok-Videos und einem Anime berühmt. An diesem Samstag steht das Derby gegen Manacor an

David Seybering lernt derzeit noch Spanisch.  | FOTO: VOLEY PALMA

David Seybering lernt derzeit noch Spanisch. | FOTO: VOLEY PALMA / Ralf Petzold

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Wenn David Seybering schmettert, schauen die Japaner ganz genau hin. Der Deutsche, der seit dieser Saison für Palmas Volleyball-Erstligisten spielt, ist eine kleine Berühmtheit. Allerdings weder auf der Insel noch in seiner Heimat. „Meine Fans kommen hauptsächlich aus Asien, den USA und Südamerika“, sagt der 27-Jährige. Sein Erfolg in den sozialen Netzwerken ist eng mit dem Anime „Haikyu!!“ verknüpft. Älteren Generationen wird vielleicht die Zeichentrickserie „Kickers“ geläufig sein. „Haikyu!!“ ist eine ähnliche Geschichte. Statt um einen kleinen Fußballer geht es um einen Volleyballneuling, der nach und nach zu einem der weltbesten Spieler heranreift.

Dabei war auch David Seybering als Kind eher vom Fußball angetan. „Meine Größe war ab einem gewissen Zeitpunkt aber hinderlich“, sagt er. Heute misst er 2,04 Meter. Bei dem Gardemaß brauchte er beinahe ein Fernglas, um zu sehen, was die Füße machen. „Ich hatte es nicht so mit der Ballkontrolle“, sagt er. Wie das Schicksal so spielt, gründete der Vater einer seiner Mitspieler zu dem Zeitpunkt ein neues Volleyballteam. „Hätte es einen Basketballclub in meinem Ort gegeben, hätte ich das auch mal probiert“, sagt Seybering. Doch auch beim Volleyball ist die Größe von Vorteil, und der Blondschopf war durchaus begabt.

Die Talentsucher werden hellhörig

Mit zwölf Jahren schmetterte er die ersten Bälle über das Netz, keine zwei Jahre später klopften die ersten Talentsucher an. Von seinem Heimatort Leschede in Niedersachsen ging es zum Verein Tebu Volleys im Umland von Osnabrück. „Dort spielte ich anfangs in der Jugend und debütierte mit 15 Jahren in der zweiten Bundesliga.“ In den folgenden Jahren blieb ihm der Aufstieg verwehrt. Seybering wechselte den Verein, spielte auch für die Junioren-Nationalmannschaft. „Es gab damals eine Sonderregelung, mit der wir mit der Auswahl im Ligabetrieb spielen durften.“ Das war in Berlin, ebenfalls in der zweiten Liga.

Als der Bruder von drei Schwestern mit dem Abi fertig war, stellte sich ihm wie vielen Altersgenossen die Frage: Und nun? „Mir war klar, dass ich mit Volleyball nicht immer meinen Lebensunterhalt verdienen kann, und ein Fernstudium kam für mich nicht infrage“, sagt er. Der Schulabgänger zog nach Moers nahe Duisburg. Der Verein dort bot ihm ein duales Modell: einerseits weiter in der zweiten Liga spielen, andererseits an der Uni studieren. Er entschied sich für den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Mit Corona war es dann doch bald eine Art Fernstudium. Auch sonst wurde der Volleyballer nicht ganz glücklich. „Ich wollte unbedingt in der ersten Liga spielen.“ Die Gelegenheit bot sich ihm schließlich in Hildesheim, wo er die letzten drei Jahre vor der Auswanderung nach Mallorca verbrachte.

Mit 2,04 Meter bringt Seybering eine ordentliche Größe mit. Für den Fußball empfand er sich als zu groß.  | FOTO: VOLEY PALMA

Mit 2,04 Meter bringt Seybering eine ordentliche Größe mit. Für den Fußball empfand er sich als zu groß. | FOTO: VOLEY PALMA / Ralf Petzold

Schlechte Position zum Geld verdienen

Das große Geld lässt sich im deutschen Volleyball aber nicht verdienen. „Dafür müsste man nach Russland, Südkorea, Italien oder Polen gehen. Dort bekommen die Stars bis zu eine Million Euro in der Saison“, sagt Seybering. Dafür bedarf es neben dem nötigen Talent aber auch die passende Position. „Ähnlich wie im Fußball, wo die Stürmer mehr als die Abwehrspieler bekommen, verdienen die Volleyballspieler unterschiedlich.“ Der Deutsche ist Mittelblocker, „vergleichbar mit einem defensiven Mittelfeldspieler im Fußball.“ Die Position sei nicht so sexy wie der Zuspieler oder Außenangreifer und eher am Ende der Nahrungskette. Wie der Name vermuten lässt, sind die Spieler dazu da, die Angriffe der Gegner in der Mitte zu blocken und gelegentlich selbst hochzusteigen und den Ball über das Netz zu befördern.

Der 27-Jährige ist vielseitig begabt. Baggern, pritschen und schmettern ist nicht alles, was er kann. Nebenbei versuchte er sich als DJ. „Ich lege vor allem House und Techno auf. Bis Corona kam wurde ich regelmäßig von Clubs und kleinen Festivals gebucht.“ Sein Traum ist es, einmal auf Ibiza aufzulegen. Rein örtlich gesehen ist er dem Projekt nun schon einen großen Schritt näher gekommen.

Wie er zum Influencer wurde

Mit der Pandemie begann die große Langeweile.  Seybering schaute sich um, was er noch so anstellen konnte. Im November 2020 kam der letzte Manga von „Haikyu!!“ heraus. Die Fans der Serie hatten mittlerweile gelernt, dass man Volleyball tatsächlich auch im wahren Leben spielen kann.

Nationalspieler Tobias Krick, ebenfalls Mittelblocker, stieß zuerst auf die Marktlücke, Seybering kopierte das Konzept. „Es sind kurze Videos mit Tipps, wie man Volleyball lernt. Die Erklärung ist kurz und knapp, damit es jeder versteht.“ Nach einer Woche hatte sein erstes Video schon mehr als eine Million Klicks. Der Deutsche wurde zum Influencer. „Nur etwa fünf Prozent meiner Follower kommen aus Deutschland“, sagt er. 100.000 Leute folgen ihm auf Instagram, eine Million auf TikTok. Nationalspieler Krick hat jeweils fünf Mal so viele Follower. Mit den sozialen Netzwerken verdient Seybering heute genauso viel wie mit dem Volleyball. Dafür klemmt er sich aber auch locker zwei Stunden täglich hinter den Bildschirm, um Videos zu schneiden oder Storys zu posten.

Und warum Mallorca?

In Hildesheim spielte der Niedersachse mit zwei Spaniern zusammen. „Mir gefällt die südeuropäische Mentalität, und ich wollte schon immer mal im Ausland spielen“, so Seybering. Er suchte sich einen Spielerberater, der für ihn auf Vereinssuche ging und in Palma fündig wurde. „Witzigerweise bin ich während des Studiums durch die Prüfung ‚Spanisch A 1‘ gefallen“, sagt der 27-Jährige, der nun fleißig Volleyballvokabeln paukt. Die Insel kannte er von zwei Urlauben. Mit seiner Freundin, ebenfalls Influencerin, aber mit Fitnessübungen statt mit Volleyballtricks, wohnt er nun in Santa Ponça.

Bei seiner Ankunft auf der Insel träumte er noch vom Titel. „Ich habe die Lage falsch eingeschätzt“, gibt er nun zu. Von sieben Spielen gewann Palma in dieser Saison nur eine Partie. Der Erstligist muss wie in der vergangenen Spielzeit gegen den Abstieg kämpfen. Damit das klappt, könnten Seyberings Mitspieler sich auch einfach seine Tricks in den sozialen Netzwerken anschauen. In der Halle von Son Moix steht am Samstag (18.11., 19 Uhr) das Derby gegen den Inselkonkurrenten Manacor an, der ebenfalls im Tabellenkeller feststeckt.

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