Franz Beckenbauer im Interview mit der Mallorca Zeitung 2007: "Der Luxus ist doch eine Scheinwelt"

Der "Kaiser" kam mehrfach zu Benefiz-Golfturnieren auf die Insel

Franz Beckenbauer 2007 auf der Terasse des Castillo Hotel Son Vida in Palma.

Franz Beckenbauer 2007 auf der Terasse des Castillo Hotel Son Vida in Palma. / Sebastián Terrassa

Andreas John, Thomas Zapp

Franz Beckenbauer ist tot. Die deutsche Fußball-Legende starb am Sonntag (7.1.) im Alter von 78 Jahren, wie seine Familie am Montag mitteilte. Auf Mallorca war er in den 1990er- und 2000er-Jahren mehrfach zu Golfturnieren zugunsten seiner Beckenbauer-Stiftung. Urlaub machte er auf der Insel, soweit bekannt, nicht. Das folgende Interview mit der Mallorca Zeitung entstand 2007 am Rande der Premiere Golf Trophy , auch hier gingen die Einnahmen an seine Stiftung.

Legenden altern nicht. Auch Franz Beckenbauer (61) sieht immer so aus, als habe er gerade für Deutschland die Fußballweltmeisterschaft gewonnen. Geduldig, lässig und stets mit einem sympathischen Lächeln im Gesicht sticht die weißhaarige „Lichtgestalt des deutschen Sports“ am Sonntag (3.6.) auf der Terrasse von Palmas Arabella Sheraton Hotel Son Vida unter Hunderten von Teilnehmern der „Premiere Golf Trophy“ hervor. An diesem Vorabend des Benefiz-Turniers, das zugunsten der Beckenbauer-Stiftung bereits zum fünften Mal auf Mallorca veranstaltet wird, trafen wir den „Kaiser“ zum Gespräch.

Vor genau 25 Jahren wurde von Ihnen die Franz-Beckenbauer-Stiftung ins Leben gerufen. Was war damals der Auslöser dafür?

Ich spielte damals noch beim HSV, es war kurz vor dem Ende meiner sportlichen Karriere. Ein befreundeter Arzt brachte mich damals auf die Idee: ?Mensch, mach doch eine Stiftung. Dann kannst du für den Rest deines Lebens mal etwas Sinnvolles tun.´ Ich fand die Idee klasse. Wir haben dann nach einem Stiftungszweck gesucht und uns schließlich dazu entschieden, Behinderte und Hilfsbedürftige zu unterstützen. Seitdem sammle ich, wo ich nur kann, Gel­der für unsere Projekte. Dabei bin ich natürlich auch angewiesen auf Leute wie Premiere-Chef Georg Kofler, der solche Benefiz-Events wie dieses hier auf die Beine stellt.

Entscheiden Sie persönlich, wohin das Geld fließt?

Nein, diese Aufgabe übernimmt ein siebenköpfiger Stiftungsrat. In große Projekte investieren wir grundsätzlich nicht, dazu sind wir einfach zu klein. Wir unterstützen beispielsweise Behindertenheime. Die stellen vorher wiederum einen Antrag bei uns.

Scheckübergabe bei der Premiere Golf Trophy 2007: 85.000 Euro gingen an die Franz Beckenbauer-Stiftung.

Scheckübergabe bei der Premiere Golf Trophy 2007: 85.000 Euro gingen an die Franz Beckenbauer-Stiftung. / Image Point

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Wie viele Anträge bearbeitet Ihre Stiftung pro Jahr?

Vor ein paar Jahren haben wir noch 400, 500 Anträge zu bearbeiten gehabt. Im vergangenen Jahr waren es über 2.000.

Woran liegt das?

Die soziale Kluft in Deutschland ist viel größer geworden.

Gab es in der Vergangenheit Projekte, die Sie persönlich besonders bewegt haben?

Viele. Zum Beispiel der Fall einer Familie, deren Mitglieder im Laufe der Zeit durch Krankheiten und Unfälle allesamt zu Behinderten wurden. Solche Schicksale gibt es in unserem Lande leider sehr, sehr viele. Sich für sie stark zu machen, macht mir stets eine besondere Freude.

Die Zahl der Wohltätigkeitsvereine und Verbände, die um Spenden für Hilfsbedürftige die Werbetrommel rühren, wächst beinahe täglich. Wird man in Deutschland nicht langsam des Spendens müde?

Der Deutsche spendet in der Regel sehr gerne, das heißt, er gibt gerne. Das darf man natürlich nicht ausnutzen. Dennoch kann es meiner Meinung nach nicht genug Wohltätigkeitsvereine geben. Dieses Hotel hier, der Luxus, das ist doch alles eine Scheinwelt, in der wir leben. Die Realität sieht ganz anders aus: Da gibt es so viele Leute, die Hilfe dringend nötig haben. Das darf man nicht vergessen. Da müssen wir einfach alle etwas tun.

Sie sind bereits zum fünften Mal nach Mallorca gekommen. Was macht diese Insel für Benefiz-Veranstaltungen so attraktiv?

Das müssen Sie mal den Kofler fragen (lacht). Nein, im Ernst: Mallorca klingt für die meisten Teilnehmer als Veranstaltungsort reizvoll. Man will ja einen geeigneten Rahmen schaffen. Und mal Hand aufs Herz: Eine bessere Location als diese gibt es wohl kaum.

Premiere Golf Trophy 2006 zugunsten der Beckenbauer-Stiftung in Camp de Mar, mit Golfturnier in Golf de Andratx und Pool-Party im Hotel Dorint Sofitel mit Franz Beckenbauer, Lebensgefährtin Heidi Burmester und Boris Becker.

Premiere Golf Trophy 2006 zugunsten der Beckenbauer-Stiftung in Camp de Mar, mit Golfturnier in Golf de Andratx und Pool-Party im Hotel Dorint Sofitel mit Franz Beckenbauer, Lebensgefährtin Heidi Burmester und Boris Becker. / Image Point

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Das war nicht immer so. Bei Ihrem ersten Benefiz-Turnier auf der Insel, auf der Pula-Golf-Anlage im Norden Mallorcas, hatten Sie richtig Ärger.

Ja, das stimmt. Nach dem Turnier bekam ich damals nicht das Geld, was vorher ausgemacht worden war. Das wurde dann erst in den darauffolgenden Jahren abgestottert. Das war aber auch das bisher einzige Mal, dass wir Probleme bei der Einnahme des Geldes hatten.

Warum sind Sie noch niemals zum Urlaub nach Mallorca gekommen?

Das ist ein gute Frage. Ich weiß es nicht. Ich reise beruflich sehr viel. Da bin ich am liebsten daheim in Kitzbühl. Und dann gibt es ja so viel schöne Plätze auf der Welt, dass man gar nicht weiß, wo man hinfahren soll. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich einfach keine Zeit habe.

Sie sind Vereinspräsident, Fußball-Botschafter, arbeiten als Werbe- und Imageträger. Kommt bei so vielen Verpflichtungen nicht das Familienleben zu kurz?

Ja, es ist viele Jahre lang viel zu kurz gekommen. Als wir 1997 angefangen haben, uns für die Ausrichtung der WM in Deutschland zu bewerben, da kamen drei wirklich anstrengende und zeitaufwendige Jahre auf mich zu. Und nach dem Zuspruch für Deutschland ging die Arbeit erst richtig los. Sechs Jahre lang Aufbauarbeit in der Organisation für dieses Riesen-Turnier. Das waren insgesamt also neun verdammt harte Jahre. Okay, ich habe auch Geld damit verdient. Seit dem Ende der WM ist es mit der Arbeit und den Verpflichtungen allerdings erheblich weniger geworden. Ich kann mich mehr um die Familie kümmern. Das tut auch mir sehr gut.

Der Fußball wird aber weiterhin Ihr Leben bestimmen, oder?

Natürlich. Ich gehöre jetzt zum Vorstand des Weltfußballverbands, der Fifa. Der Vorstand hat 20 Mitglieder. Da bin ich sehr warm empfangen worden, Ich kenn´ die ja alle da. Und die haben sich sehr gefreut, dass ich dazugekommen bin.

Wie steht es um die Fifa-WM 2010 in Afrika? Manche fürchten, dass die Organisatoren nicht fertig werden ?

Die WM 2010 muss und wird in Südafrika stattfinden, da bin ich fest von überzeugt. Das ist doch der Stolz Afrikas. Bei uns wurde ja auch vor der WM schlechte Stimmung gemacht, die Stiftung Warentest hat die Stadien schlechtgemacht. Und dann hat alles hervorragend geklappt.

Arbeiten Sie nicht auch für den europäischen Fußballverband?

Für die Uefa arbeite ich an mehreren Dokumentationen. Das macht mir einfach Spaß.

Steht auch Ihre Frau hinter diesem Spaß, oder beschwert sie sich manchmal?

Die unterstützt mich, wo sie kann. Bis jetzt habe ich von ihr jedenfalls noch keine Klagen gehört.