Ok, ich geb´s zu: Ich bin ein echter Oktoberfest-Fan. Ich liebe das typische deutsche Bier, habe einen riesigen Spaß am Feiern und finde es toll, dass es jetzt auch auf Mallorca einige Oktoberfeste gibt.

Im Grunde aber muss man dieses Fest in Deutschland erleben. Mir ist schon klar, dass München der Nabel schlechthin des Oktoberfestes ist, aber die Lust, sich im Herbst mal als Bayer zu verkleiden, gibt es auch in vielen anderen Ecken der Republik. Bis in den hohen Norden des Landes reicht die Begeisterung. So auch bis Münster in Nordrhein-Westfalen, wo ich das Oktoberfest kennen- und lieben gelernt habe. Dort wird es allerdings nur an einem Wochenende begangen.

Mein erster Schritt war, mir die unvermeidlichen Lederhosen zuzulegen: ein unverzichtbares Kleidungsstück auf dem Weg zum echten Bayern. Meine deutschen Freunde haben sich schier darum geprügelt, mir eine auszuleihen. Es gab allerdings eine Bedingung: Ich musste es schaffen, die Bewegungen und die Gesten der Deutschen im Bierzelt nachzuahmen.

Also auf ins Getümmel. Das Zelt stand in einem Industriegebiet etwas außerhalb von Münster. Diesen Ort wählte man also für das Oktoberfest? Man konnte anhand der mehr oder weniger perfekt hergerichteten Trachten gut unterscheiden, wer mit dem nötigen Ernst und Traditionsbewusstsein an die Sache herangeht und wer einfach nur saufen wollte. Die ersten Biere, natürlich in den riesigen Maßkrügen, schienen mir endlos zu sein. Ich habe den ­Boden der Krüge einfach nicht zu Gesicht bekommen.

Aber das war nur eine Frage der Zeit. Nach einigen Stunden löste sich dieses Problem in Wohlgefallen auf. Die Schweinshaxn und das Hähnchen waren ein Traum und gleichzeitig nützlich: Sie boten die nötige Grundlage, um das auszuhalten, was da in den Maßkrügen auf einen zukam. Die Kellnerinnen brachten eine Maß nach der anderen. Die Stimmung kochte über.

Da konnte ich nicht mehr sitzenbleiben. Es wurde an der Zeit, sich stehend auf den Bänken an seinen Krug zu klammern. Einige weiteten diese Aktivität auch auf die Tische aus. Als die Melodie von „Ein Stern, der deinen Namen trägt", angespielt wurde, konnte man schon von einem Delirium sprechen. Niemand konnte mehr an sich halten, alle reihten sich in die Polonaise ein. Ohne den Krug aus der Hand zu geben, natürlich.

Gegen Ende wurde es schwierig, zu zählen, wie oft die Kellnerin mit einem neuen Bier gekommen war. Das Oktoberfest hat mir neue Freunde beschert. Ich hatte mich mitten in Westfalen in einen echten ­Bayern verwandelt.

*Lorenzo Marina ist ­Polizeireporter beim „Diario de ­Mallorca".

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