Mit der Botschaft, man wolle in der Gemeinde ein privates Seniorenheim errichten, rannte die deutsch-schweizerische Investorengruppe bei Artàs Bürgermeister Bartomeu Gili offene Türen ein. „Wir stehen diesem Vorhaben absolut positiv gegenüber", beteuert Gili von der Regionalpartei Pi, der nicht nur auf zahlreiche neue Arbeitsplätze hofft, sondern sogar eine Kooperation mit dem bereits bestehenden kommunalen Altenheim für möglich hält.

Denn eines, soviel ist bereits klar, würde das Projekt von all den anderen, die in den vergangenen Jahren über die Insel geisterten, unterscheiden. „Das soll keine exklusive Luxus-Residenz werden, die gut betuchten Ausländern vorbehalten ist", betont Gili - und gibt damit die Worte der Investoren wider, die sich noch im Hintergrund halten.

Geplant sei vielmehr ein ganz normales Seniorenheim, das sich an den inselüblichen Standards und Preisen orientiere und auch Mallorquinern offen stehen solle. „Davon würden auch wir als Gemeinde profitieren", ist der Bürgermeister überzeugt. Mit den 45 Plätzen der gemeindeeigenen Einrichtung könne der aktuelle Bedarf zwar noch gut gedeckt werden. „Aber vielleicht könnte sich unser Heim dann verstärkt um Menschen kümmern, die besondere Pflege und Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen", sinniert Gili - wohlwissend, dass das alles noch Zukunftsmusik ist.

Wenngleich er den Investoren bereits seine vollste Unterstützung beim Überwinden der bürokratischen Hürden zugesichert hat, liegt es schließlich nicht an der Gemeinde allein, ob die Pläne am Ende Realität werden. Erforderlich sind auch Genehmigungen aus dem balearischen Umweltministerium und das Plazet des Inselrats. Und natürlich die nötigen Grundstücke: Anvisiert ist ein Areal rund um ein ehemaliges

Restaurant namens Barbacoa in einem Gewerbegebiet von Artà, doch ein Großteil der Fläche befindet sich derzeit noch in Privatbesitz. Ob die Eigentümer zum Verkauf bereit sind und all die anderen Details prüften die Investoren derzeit. „Erst dann werden sie eine endgültige Entscheidung treffen", sagt Gili.

In einer erneuten Prüfungsphase befindet sich auch das in Costa d´en Blanes geplante Projekt „Independent Senior Lifestyle" der Pro-Vivendi-Gruppe: eine gut 130 Apartments umfassende Residenz der gehobenen Preisklasse für Senioren ab 55 Jahren. Schuld an der abermaligen Verzögerung - die Anlage sollte bereits vor vielen Jahren an der Playa de Palma gebaut werden - ist diesmal der Regierungswechsel: Die neue Linksregierung im Rathaus von Calvià hat gerade beschlossen, alle unter PP-Bürgermeister Manuel Onieva beschlossenen Änderungen im Flächennutzungsplan rückgängig zu machen. Davon betroffen ist auch das Areal nahe der Privatschule Agora Portals, für das sich Pro-Vivendi bereits ein Vorkaufsrecht gesichert hatte: Statt als Bauland könnte es bald wieder als nicht bebaubare Naturfläche gelten. „Wir wollen nun abwarten, wie die Sache ausgeht und dann möglicherweise rechtliche Schritte einleiten", sagt Pro-Vivendi-Vertriebsleiter Arnd Münch deutlich genervt. „Diese Rechtsunsicherheit ist schlecht für alle Investoren."

Und dann ist da noch ein drittes Projekt in der Warteschleife: Bereits im vergangenen Jahr sind mehrere deutsche Investoren, angeblich selbst Mediziner, im Rathaus von Santanyí vorstellig geworden, die in Cala Figuera für 30 Millionen Euro eine Seniorenresidenz mit angeschlossenem Pflegeheim bauen wollen. „Da es sich bei der Fläche um Privatgrund handelt, konnten wir damals nicht mehr tun, als den Kontakt zu den Grundstückseigentümern herstellen", sagt Santanyís Bürgermeister Llorenç Galmés auf Nachfrage der MZ. Seitdem habe sich nichts mehr getan.

Bei Regina Moll, der Leiterin von Mallorcas bislang einziger deutscher Seniorenresidenz Es Castellot in Sant Ponça, sorgen all die angekündigten Projekte für gemischte Gefühle. „Wir haben jetzt schon Mühe, die Residenz voll zu bekommen, die Auslastung liegt derzeit bei etwa 60 Prozent." Da könnte ein Vorhaben wie in Artà natürlich zusätzliche Konkurrenz bedeuten, „auch wenn es am andere Ende der Insel ist", sagt die Deutsch-Mallorquinerin. Auf der anderen Seite habe sie durchaus schmunzeln müssen, als sie von der Nachricht las. „Das ist kein einfaches Geschäft, auch wenn man es möglicherweise meint, weil es in Deutschland viele Heime mit langen Wartelisten gibt."

Doch auf Mallorca sei die Lage eine andere: Zum einen überlegten auch langjährige Residenten zweimal, ob sie ihren Lebensabend tatsächlich auf der Insel verbringen wollen - und entschieden sich am Ende oft für die Rückkehr nach Deutschland. Zum anderen müsse man sich der Einfachheit halber meist für eine Zielgruppe entscheiden: Spanier oder Deutsche. „Die Leute müssen ja miteinander kommunizieren, außerdem müsste man alle Aktivitäten zweisprachig anbieten, was mehr Personal erfordern würde", erläutert Moll. Und die Bemühungen, zunehmend jüngere und noch rüstigere Senioren zum Einzug in eine Seniorenresidenz zu ermuntern, seien zumindest in Es Castellot bislang gescheitert. „Vor dem 80. Geburtstag entscheiden sich nach wie vor die Wenigsten dafür."

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