Als sich Winfried Schreier im September 2008 ins Ausländerregister eintragen ließ, hatte er keine Ahnung, dass er ein Jahr darauf einen blauen Brief von seiner spanischen Bank bekommen sollte. Man sehe sich gezwungen, „die Vorgänge auf dem Konto einzuschränken“, hieß es in dem Schreiben vom 3. September. Schreier (Name v. d. Red. geändert) besitzt eine Immobilie in Calvià und kam plötzlich nicht mehr an sein Geld auf dem Nichtresidenten-Konto. Um die Sache in Ordnung zu bringen, habe er zweimal von Deutschland nach Mallorca fliegen und einen Dolmetscher in Anspruch nehmen müssen, berichtet der 62-Jährige.

Schreier ist kein Einzelfall. Sie wisse von über 20 ähnlichen Vorgängen, berichtet Kate Mentink, Gemeinderätin für Ausländer der Gemeinde Calvià. Was da schiefläuft, will sie in einem Gespräch mit dem Delegierten der Madrider Zentralregierung auf den Balearen, Ramon Socías, klären, vermutlich Anfang nächsten Jahres. „Das Problem liegt in der Verwaltung, nicht bei den Ausländern“, versichert Mentink schon vorab.

Kern des Problems ist die Frage, ab wann Ausländer Mallorca-Residenten sind. Schreier ist keiner: Er besitzt hier eine Immobilie, kommt aber nur ab und an auf die Insel. Resident ist dagegen, wer mehr als sechs Monate im Jahr hier lebt, also seinen Lebensmittelpunkt nach Mallorca verlegt hat und sich somit auch im Rathaus anmelden muss (Empadronamiento). Ins Ausländerregister eintragen muss sich dagegen jeder, der mehr als drei Monate in Spanien lebt (Registro Central de Extranjeros).

„Wenn man sich bei der Ausländerbehörde anmeldet, heißt das noch lange nicht, dass man Steuer-Inländer ist“, stellt auch Gabriele Lehenbauer von der Ausländerabteilung in Calviàs Rathaus klar. Die Banken der betroffenen Ausländer erhielten aber offenbar eine andere Information. Wie es in den Schreiben der Banken heißt, sei von der Ausländerabteilung der Polizeibehörde mitgeteilt worden, dass die Kontoinhaber „nicht als Nichtresidenten“ eingetragen seien. „In vielen Fällen hat das dazu geführt, dass Ausländer nicht mehr ihre Strom- und Gasrechnungen oder Hypothekenraten zahlen konnten“, sagt Gemeinderätin Mentink.

Sie rät betroffenen Ausländern, bei der Gemeinde eine Bescheinigung zu beantragen, dass man kein Mallorca-Resident sei. Schreier hat kurzerhand ein zweites Mal die Ausländerbehörde aufgesucht und sich aus dem Register löschen lassen. Weil er aber nur eine Kopie des Registernachweises (certificado de registro, auch einfach Green Card genannt) dabei hatte, habe er ein zweites Mal anreisen müssen.

Von Nichtresidenten-Konten werden die Steuern auf Zinserträgenicht automatisch abgeführt. Wer offiziell Resident ist und somit seinen Lebensmittelpunkt nach Spanien verlegt, ist nicht nur einkommenssteuerpflichtig in Spanien, er hat auch zusätzliche Rechte. So kann mit dem Nachweis der Behörde ein Residenten-Rabatt von derzeit 50 Prozent für Flug- und Fährreisen zwischen Mallorca, den Nachbarinseln und dem spanischen Festland beantragt werden.

Die Anfragen verunsicherter Ausländer haben sich in den vergangenen Wochen auch deshalb in Calviàs Rathaus gehäuft, weil die Gemeinde ihr Register auf Karteileichen durchsucht. Die Gemeindeverwaltung habe alle gemeldeten Ausländer im November angeschrieben, um herauszufinden, ob diese auch tatsächlich noch in Calvià wohnhaft seien, erklärt Lehenbauer. Wer sich nicht melde, werde dann nach einer Übergangsfrist aus dem kommunalen Melderegister gelöscht.

Lehenbauer verweist darauf, dass jeder Ausländer beim empadronamiento eine eidesstattliche Erklärung unterschreibe, dass er mehr als sechs Monate im Jahr in der Gemeinde lebe. Die bei der Durchsicht des Registers gewonnenen Daten würden zudem auch an die Ausländerbehörde weitergegeben.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Im Strudel der Korruption I: UM in Existenzkrise

- Im Strudel der Korruption II: Die Niederlage des Aussitzers

- Die Angst des deutsch-mallorquinischen Paars vor der Abrissbirne

- Thema Überfischung: Die Volkszählung im Dunkeln

- Stromkästen in der Warteschleife: Gesa und der ICP