Spätestens das Fensterbrett bringt auch die deutschen Mallorca-Residenten ins Schleudern, die sich durchaus im Spanischen verständigen können. Alféizar lautet die Übersetzung. In Kostenvoranschlägen auf den Balearen steht aber stattdessen häufig der auf den Inseln gebräuchliche Begriff fiola. Die Verwirrung ist also absehbar, zumal Fensterbretter meist aus hochwertigem, teuren Material sind und deswegen ihr Kostenpunkt nicht selten für Nachfragen der Kunden sorgt.

Schließzylinder, Türscharniere, Trittschalldämmung - wer als Ausländer ein Haus auf Mallorca baut oder renoviert, kommt mit dem Spanisch, das er im Sprachkurs oder im Gespräch mit dem Finca-Nachbarn gelernt hat, nicht sehr weit. „Das sind Begriffe, die man im Wörterbuch zum Teil gar nicht findet", sagt Martin Lange. Der deutsche Architekt muss es wissen: Seit zwei Jahren arbeitet er für das Archiktekturbüro Icazar in Palma, viele seiner Kunden sind Deutsche, und schon seit Längerem sammelt er die Fachbegriffe in seinem persönlichen Wörterbuch.

Damit geht nun auch Mallorcas Architekten- und Bauleiterkammer (COAATMCA) die Verständigungsprobleme und Missverständnisse mit ausländischen Kunden an. Die Kammer hat ein Buch und eine Computer-Anwendung veröffentlicht, die für Klarheit im Kontakt mit deutschen wie auch britischen Auftraggebern sorgen sollen: das sogenannte llibre de preus de la construcció, das schon seit Jahren mit statistischen Durchschnittspreisen aller rund um den Hausbau auf Mallorca erbrachten Leistungen für Transparenz bei den Kosten sorgt, erscheint jetzt erstmals mehrsprachig.

„Das wird die Arbeit enorm erleichtern", meint Andreu Forteza, Vorstandsmitglied der Architektenkammer und Koordinator des Projekts, der persönlich bislang häufig die Übersetzungsfunktion von Google bei Kostenvoranschlägen benutzte - und feststellen musste, dass automatische Übersetzungen wie die von Google Translator die Verwirrung mitunter noch weiter steigern. Gerade bei den Preisen sei Transparenz wichtig, damit Kunden nachvollziehen könnten, warum ein Posten teurer sei als ein anderer, meint Forteza.

Das llibre de preus de la construcció dekliniert das Bauwesen auf gut 350 Seiten von A bis Z, oder besser gesagt vom ersten Spatenstich bis hin zur Schlüsselübergabe. Geordnet ist es nach Kapiteln wie Abbruch-, Erd- und Betonarbeiten über Mauerwerk, Wasser- und Gasinstallation bis hin zu Klimatisierung, Schwimmbad oder Gartenbauarbeiten. Jeder Eintrag hat einen für alle Sprachen identischen Code. Dienstleistung und Kurzbeschreibung gibt es auf Deutsch, es folgen auf Spanisch jeweils eine detaillierte Beschreibung sowie Aufschlüsselung der Tätigkeiten und ihrer durchschnittlichen Preise.

Transparenz bei den Tarifen war auch bislang schon möglich, neben dem „Preisbuch" von Mallorcas Architektenkammer gibt es

spanienweite Preistafeln zur Orientierung. Die deutschen Übersetzungen der Leistungen waren dagegen ein Stück Pionierarbeit, wie Architekt Lange erzählt. Da Wörterbücher nicht viel weiterhalfen, zog er Websites von Firmen der Baubranche zurate, die in Deutschland und Spanien gleichermaßen aktiv sind, und konsultierte deutsche Produktbeschreibungen. Letztendlich habe sich auch für noch so spezielle Dienstleistungen immer eine offizielle deutsche Übersetzung finden lassen.

Mit am wichtigsten seien aber die eigenen Aufzeichnungen der vergangenen Jahre gewesen, so der 36-Jährige, „ich dachte, dass ich das irgendwann mal brauchen werde". Nach seinem Architekturstudium hatte er drei Jahre in einem spanischen Büro auf Ibiza gearbeitet, anschließend zwei Jahre in Deutschland. Direkt an der Schnittstelle zwischen deutschen Bauherren und spanischer Baufirma saß Lange dann beim Neubau der Deutschen Schule in Madrid, einem Auftrag des Auswärtigen Amts und deutscher Botschaft. Der Architekt war für die spanische Firma FCC tätig, die die europaweite Ausschreibung gewonnen hatte, verbaut wurden in Madrid aber vorwiegend deutsche Produkte nach deutschen Normen. Anschließend ging es dann für Lange nach Mallorca. Hier sind die deutschsprachigen Kunden schon seit Längerem eine zentrale Zielgruppe, so Projektkoordinator Forteza. Oftmals handle es sich auch um Bauträger, die die Projekte dann an Landsleute verkauften.

Die Mitglieder der Architektenkammer können kostenlos auf die Anwendung zugreifen. Unter den Käufern sind vor allem Baufirmen, Bauträger und Lieferanten. Aber auch jede Privatperson kann das „Preisbuch" erstehen. Die Printversion auf Spanisch kostet

30 Euro zusätzlich Versandkosten, dazu gibt es die CD mit allen Sprachversionen dazu. Die CD allein hat einen Preis von 20 Euro, genauso wie die Versionen als Pdf sowie als BC3 zum Download. Bei Letzterem handelt es sich um ein bei Architekten gebräuchliches Standardformat, mit dem die Daten direkt für die Erstellung von Kostenvoranschlägen oder Rechnungen geladen werden können. Wo also der Architekt im System fiola de piedra de Santanyí con goterón eingibt, kommt in der Ausfertigung zum Kunden heraus: „Fensterbank/Abdeckung aus Naturstein mit Tropfkante".

Precios de la construcción

als Buch plus CD (30 Euro), als CD (20 Euro) oder alsDownload (20 Euro).

www.coaatmca.com/tienda/