Natürlich gleicht auf Mallorca keine Fiesta der anderen: So argumentieren zumindest die Einheimischen, die ihr eigenes Dorffest für das schönste, beste und spektakulärste halten. Doch zumindest Außenstehende erkennen einige typische Elemente wieder, die auf keiner Fiesta fehlen dürfen.

Das fängt bereits mit der Dauer an: Wenn schon gefeiert wird, dann richtig, das Festprogramm erstreckt sich meist über mindestens eine ­Woche. Mittelpunkt der Fiesta ist der Dorfplatz, dort findet ein Großteil der Veranstaltungen statt. Deswegen wird er meist für den Verkehr gesperrt und - ganz wichtig - mit bunten Papier-Girlanden geschmückt. Sie bilden entweder perfekt symmetrische Reihen oder laufen zu einem zeltförmigen, flatternden Dach ­zusammen.

Unter diesem versammeln sich die Dorfbewohner meist zu Beginn des Festmarathons zum sopar a la fresca, zum Abendessen im Freien: Das Rathaus stellt Plastiktische und -stühle zur Verfügung, die in langen Reihen auf der Straße oder dem Dorfplatz aufgestellt werden. Essen und Getränke bringen die Anwohner selbst mit. Vom Menü wird seit Jahrzehnten nicht abgewichen: der Sommer-Salat trempó, die Insel-Pizza coca, Sobrassada mit Brot und zum Nachtisch natürlich Ensaimada satt.

Da die Feste meist in der Zeit stattfinden, in der die mallorquinischen Schulkinder ihre schier endlosen Sommerferien verbringen, ist das Kinderprogramm wichtiger Bestandteil und wird vor allem von entnervten Müttern gerne in Anspruch genommen. Die Kleinen können eingeseifte Pfähle erklimmen, sich im Wettessen von Wassermelonen messen oder auf dem Dorfplatz mit Wasserbomben schmeißen.

Dort ist auch die Bühne aufgebaut, die für die Konzerte und Tanz-Veranstaltungen benötigt wird. Für jeden Geschmack wird etwas geboten: Die älteren Bewohner erfreuen sich an traditionellen Ball de Bot-Darbietungen oder erklimmen selbst die Bühne, um die in diesem Jahr erlernten Gesellschaftstänze vorzuführen. Dabei tanzen dann meist ältere Damen mit älteren Damen - die Herren sind Tanzmuffel und schauen lieber zu.

In besonders kleinen Dörfern fällt den Alten auch die Aufgabe zu, Ortsfremde mit bitterbösen Blicken zu bedenken. Dabei gelten bereits die Bewohner des Nachbardorfs als ortsfremd - die kommen aber besonders gerne, denn unter der Jugend sind die Feste willkommener Anlass zum hemmungslosen Flirten. Und da man die potentiellen Flirtpartner im eigenen Ort zur Genüge kennt, bietet das Nachbardorf willkommene Abwechslung.

Die nächtlichen Partys werden als verbenas bezeichnet. Das Wort bedeutet eigentlich „Eisenkraut“, und in längst vergangenen Zeiten steckten sich die Herren (die damals noch tanzten) ein Sträußchen eben dieser lila blühenden Pflanzen ans Revers - und so wurden die Tanzabende mit der Zeit verbenas genannt.

Auf Mallorca gibt es Bands, die sich ganz auf die verbenas spezialisiert haben, von Dorf zu Dorf ziehen und mit ihren Interpretationen von Disco-Schlagern der vergangenen Jahrzehnte das Publikum zum Mitsingen, Mitgrölen, Mitschunkeln verleiten. Unbestrittener verbenas-Star der Insel ist der mallorquinische Country-Barde Tomeu ­Penya - wenn er nicht mit dabei ist, ist auch die Fiesta nicht komplett.

Wer singt und tanzt, der wird durstig: Hinter den mehr oder weniger improvisierten Bars am Rande des Geschehens werden zu meist sehr günstigen Preisen Longdrinks, Wein oder Bier verkauft. Die Einnahmen fließen der Kirche, dem Fußball-Team oder sonstigen Vereinen des Ortes zu.

Ein weiteres unverzichtbares Detail sind Stände mit Süßigkeiten: Rosa Zuckerwatte, blaues Popcorn und quietschbunte Gummibonbons in alle Formen und Geschmacksrichtungen stehen ebenso zur Auswahl wie fetttriefende Churros oder „frische“ Kokosnuss-Stücke. Als ob der Zuckerschock nicht genug wäre, warten direkt daneben Plastikschwerter und glitzernde Krönchen made in China auf die Kleinkinder, die bei den Fiestas bis weit nach Mitternacht in der ersten Reihe zur Musik der „Großen“ tanzen dürfen.

Bisher noch unerwähnt, weil mittlerweile fast in Vergessenheit geraten: Anlass für die Dorffeste ist auf Mallorca auch heute noch der Ehrentag des jeweiligen Schutzheiligen. Die verbenas finden meist in der Nacht vor dem Gedenktag des Heiligen statt. Für die Älteren ist der ­Besuch der Messe am nächsten Morgen natürlich Pflicht. Und damit das Jungvolk wenigstens einen Hauch von schlechtem Gewissen verspürt, wird es vom sonntagmorgendlichen Umzug der örtlichen ­Musikkapelle aus den Federn gerissen, die im Takt zur Kirche marschiert.

Dann gibt es natürlich auch noch bestimmte Highlights - Plastik-Enten-Werfen etwa, oder als Frauen verkleidete, tanzende Männer - krönender Abschluss aber ist stets das Feuerwerk. Vor der Krise erlaubte sich der kleinste Weiler ein eigenes pyrotechnisches Spektakel. Mittlerweile begnügen sich einige Dörfer mit einem Feuerlauf der örtlichen dimonis. Hauptsache, es kracht ordentlich.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 9. August (Nummer 640) lesen Sie außerdem:

- Tenor-Gott in Karvens wohnzimmer: Carreras im Charity-Einsatz

- Zwischen Korsett und Jogging-Hose: Miss Kookie auf der Insel

- Zum Nachtisch einen Gustavo: Wahlmallorquiner mit Show-Room

Hier geht´s zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.