Wenn Elior Zuncevski aus Wohlen im Kanton Aargau beim Cha-Cha-Cha tänzerisch auf Touren kommt, dann ziehen seine schlangenhaften Bewegungen die Blicke vor allem der Frauen auf sich. Seine schachbrettfarbenen Spezial-Schuhe glänzen, sein schwarzes Hemd ebenso, sein gewinnendes Lachen reicht fast von einem Ohr zum anderen. Der gebürtige Mazedonier siedelte als Teenager in die Schweiz über und betreibt seit einigen Jahren die Salsa-Schule Olé. Er ist einer von zahlreichen Dozenten eines einwöchigen Tanzaufenthaltes von gut 160 Schweizern auf Mallorca.

Auf der auf einem Zwischenstock befindlichen oberen von zwei Terrassen des Hotels Marina Luz in Cala Estància schweift der Blick auf den cool-weißen Puro Beach Club und das Meer. Hier bringt Elior Zuncevski etwa 25 der vor allem aus dem Raum Zürich stammenden Mitreisenden diverse Schrittfolgen nahe. Mal tut er das ganz ohne Musik, mal sucht er auf einem Tablet-Computer ein Stück und spielt es ab. „Ich mache das hier bereits seit vielen Jahren, karibische Rhythmen werden in der Schweiz und überhaupt in Westeuropa immer populärer", sagt er. Zudem präsentiert er Schweizer Salsa-Schulen auf Fachkongressen in aller Welt, jüngst auch auf Puerto Rico, einer der Salsa-Hochburen schlechthin. Dort verkündet er dann, dass auch die eher hölzernen Eidgenossen karibisch dahinfließen können, wenn sie nur genügend wollen und fleißig lernen.

Beim Eintanzen zur Hand geht dem Mazedonier seine spanische Lebensgefährtin Montserrat Bello Fernández. Wenn sie elfenhaft und erotisierend so richtig in Fahrt kommt, vibriert der Parkettboden noch mehr als sonst.

Auf den Trichter, Unternehmungslustigen so ein Programm anzubieten, kam Organisator Ivano Nardone im Jahr 2002. Er stieß in eine Marktlücke. „Wir fingen klein an, und jetzt bieten wir zweimal im Jahr auf Mallorca an sechs Kurstagen 84 Workshops an", so der Schweizer, auch er ein Tanzlehrer. Früher seien Rumba, Mambo, Kizomba, Zumba, Salsa oder Bachata auch in anderen Ecken der Welt vermittelt worden, in Italien etwa oder in Miami. Aber seit 2007 komme man jeweils im Mai und September nur noch nach Mallorca. „Die Insel ist eben schnell zu erreichen und sehr ­wettersicher", sagt Ivano Nardone zur Begründung.

Inzwischen erlaubt er es sich, 1.490 Schweizer Franken (gut 1.200 Euro) für so eine Reise mit sieben Nächten inklusive Flug, Übernachtungen, Frühstücksbuffet, Mietwagen für alle und sämtlichen Kursen zu verlangen. Man kann als Single, aber auch als Paar mitmachen. „Für Deutsche ist das ein sehr hoher Preis, weswegen in der Regel nur wenige mitkommen."

Daraus, dass das Gewusel auf den zwei Terrassen und im geräumigen Lobbybereich auch eine Art Beziehungsanbahnungsbörse ist, macht Nardone keinen Hehl. „Es geht darum, neue Leute kennenzulernen und zusammen Spaß zu haben." Konkurrenzdenken gebe es hier nicht. Vom Bauarbeiter über den Supermarktangestellten bis hin zum Konzernvorstand sei alles schon mal dabei gewesen. Mit seinem Angebot stehe er weiterhin ohne nennenswerte Mitbewerber da, was ihm auf jeden Fall recht sei, sagt Ivano Nardone.

Zur Förderung des Zusammenwachsens bleibt man nicht nur im Hotel, sondern gibt Kostproben des Könnens auch in Clubs wie dem Mood Beach in Puerto Portals oder im Little Habana im Gewerbegebiet Son Fusteret bei Palma. Und an einem der sieben Tage wird überhaupt nicht getanzt - dann geht es im Pulk an den Strand. Einen Monat nach so einer Reise trifft man sich bei einer Wiedersehens-­Party irgendwo in der Schweiz und frischt die Tanzschritte wieder auf.

Doch einstweilen ist man noch auf Mallorca, und unter der gleißenden Sonne mühen sich Menschen wie Jürg aus dem Kanton Zug redlich ab, beim Üben mitzuhalten. Neben dem Pool im Erdgeschoss wird gerade kubanische Rumba mit Live-Musik eingetanzt. Um sich zu schützen, hat sich Jürg einen tonnenförmigen Strohhut auf den Kopf gesetzt, der Schweiß hat sein gesamtes T-Shirt durchnässt. „Das macht schon Spaß, aber ein perfekter Tänzer werde ich nie", sagt der Anfänger und lächelt scheu.

Auf der Bühne bewegt Tanz-Lehrerin Neus Togores rhythmisch ihren Hintern zum Trommelwirbel auf und ab. Die Insulanerin, die die Tanzschule Millenium in Palma betreibt, hat sichtlich Mühe, die zahlreich ­erschienenen ­Lernwilligen auf Trab zu bringen. Sie ist zum ersten Mal dabei. Auch ihr fließt der Schweiß von der Stirn. Die Schüler bemühen sich nach Kräften, in den Rhythmus hineinzufinden. Es gelingt nicht allen. Jürg aus Zug stöhnt.

Neus Togores aber gibt sich zuversichtlich. Die Tanzreisenden aus dem Alpenland würden sich mit den Tropen-Klängen noch „anfreunden", sagt sie nach der Übungseinheit. Drei Kurse habe sie während der Tanzwoche angeboten, über Anklang könne sie sich nicht beklagen. Und sie ist optimistisch: „Ich habe schon viele, die unansehnlich umherhüpften, dahin gebracht, die Bewegungen flüssig aneinanderzureihen."

Auf dem Oberdeck hat inzwischen Matthias Schweighauser das Kommando übernommen. Er kennt Organisator Ivano Nardone schon seit Langem, hat mit ihm eine regelrechte „Clique" gebildet und ist schon seit drei Jahren dabei. Der äußerst bewegliche Tanz-Profi betreibt in Basel die Schule Bailamos Salsa. „Dank dem Dreiländereck zwischen der Schweiz, Deutschland und Frankreich geht es bei mir kulturell vielseitig zu, was unserem Metier sehr förderlich ist", sagt Schweighauser. Im Hotel führt er blutige Anfänger zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Sabrina Oberländer ins Salsa-Tanzen ein. Beide wirbeln gekonnt übers Parkett. Auch hier kommt nicht jeder so recht mit.

„Aber das macht nichts", sagt Schweighauser nach der Lehreinheit. „Die Hauptsache ist doch, dass wir uns hier auf Mallorca alle gemeinsam wohlfühlen."

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