Völlige Stille herrscht am Montag (11.3.) auf dem Jahrmarkt Fira del Ram zwar nicht, die Geräuschkulisse fällt jedoch wesentlich geringer aus als sonst: Nur vereinzelt sind kurze Ansagen aus den Lautsprechern zu hören, keine ohrenbetäubende Musik schallt über das Gelände wie an anderen Tagen. Schon bei der Anfahrt kann man hören: Es ist ruhiger als sonst.

Für die Zuckerwatte braucht es keine Musik Guillem Bosch

Die „Días de silencio“, die in diesem Jahr an insgesamt fünf Tagen auf der Fira del Ram stattfinden, sollen Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) die Möglichkeit geben, den Jahrmarkt ganz ohne den üblichen Lärm genießen zu können. Denn die Schwelle zur Reizüberflutung ist bei ihnen viel niedriger als bei anderen Menschen. Statt Dauerbeschallung mit lauter Musik hört man an diesen Tagen nur noch das Rattern und Quietschen der Fahrgeschäfte.

Die lärmfreien Tage gehen auf eine Initiative mehrerer Vereinigungen zurück, die mit autistischen Kindern auf Mallorca zusammenarbeiten. Zusammen mit den Betreibern der Fahrgeschäfte suchten sie nach Lösungen, um den Rummel auch für Kinder mit Autismus angenehm zu gestalten. Doch auch für andere, die es lieber ruhiger mögen, sind die Tage von Vorteil. „Ich finde diese Tage gut. Man kann die Leute, die bestellen, besser verstehen, außerdem finde ich es für die Kinder toll, die mit der Lautstärke ein Problem haben. Es ist auch für mich viel entspannter“, erzählt Maria, Verkäuferin des Bratwurst- und Pommes-Standes Casa Alemana.

Das Rattern der Fahrgeschäfte ist jetzt lauter zu hören als sonst Guillem Bosch

Andere Betreiber sehen in der Regelung einen Nachteil für ihr Geschäft. Die Losverkäuferin der Gran Bazar Tombola stützt sich ungeduldig auf ihre Theke und wartet auf Kundschaft. „Ich finde es gut, dass man es den Kindern anbietet, die sonst unter dem Lärm leiden. Für mein Geschäft ist es allerdings tödlich. Der Laden funktioniert mit Mikrofon und Musik. Ohne das kann ich nur ein paar Lotto-Lose verkaufen. Die meisten verschenke ich, damit überhaupt jemand kommt“, erklärt sie. Aber sie hält sich an das Lärmverbot. Der Betreiber einer Tombola, die nur wenige Meter entfernt ist, ruft hingegen motiviert Zahlen in sein Mikrofon. Der Stand ist, genau wie der gesamte Jahrmarkt an diesem Montag, gut gefüllt.

Auch Petra ist mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern extra aus Port d’Andratx nach Palma angereist. Der Grund dafür sei jedoch nicht der „Día de silencio“, sondern der Geburtstag ihrer Kinder. Dass die Geräuschkulisse heute leiser ausfällt als sonst, stört sie nicht: „Es ist gut. Wir können auch ohne Musik auf der Kirmes Spaß haben. Es ist nicht nötig, dass ständig ein Gedudel läuft.“

Diese Meinung teilen auch andere Besucher auf dem Jahrmarkt, der jedes Jahr rund um Ostern aufgebaut wird. „Wir hatten keine Ahnung, dass es heute hier stiller ist. Dabei hatte ich auf Facebook gelesen, dass es diese speziellen Tage gibt. Ich finde es eine gute Idee. So können wir uns auch mal in Ruhe unterhalten. Den Kindern ist es egal. Sie haben es gar nicht mitbekommen“, erzählen zwei Mütter, die mit ihren fünf- bis sechsjährigen Kindern entspannt über das Gelände schlendern.

Die bunten Lichter der Stände flackern hell. Zwar fehlt die Musik, doch die Schreie auf der Achterbahn und die verschiedenen Klänge der Fahrgeschäfte sind dafür umso deutlicher zu hören. Es ist ruhiger als sonst, aber nicht still.