Auf dem Festplatz Plaça Torà im Herzen von Peguera ist es Anfang April noch ruhig. Vor Saisonbeginn sind im beschaulichen Urlaubsort im Südwesten der Insel nur wenige Touristen unterwegs. Das hält Alan Schewan jedoch nicht davon ab, Leute zu motivieren, an seiner „Free Walking Tour“ durch den Ort teilzunehmen.

Auch Peguera hat einiges zu bieten

„Free Walking Touren“ kennt man eigentlich sonst nur in Großstädten wie Palma. Täglich werden dort Touristen entlang von Sehenswürdigkeiten und Denkmälern durch historische Straßen geführt. In Peguera glaubt der 40-jährige Auswanderer dafür eine Marktlücke gefunden zu haben. „Solche Touren gab es hier noch nicht, das liegt wahrscheinlich auch am Mangel an echten Sehenswürdigkeiten“, sagt er frei heraus. „Trotzdem sehe ich dafür auch in einem Ort wie Peguera Potenzial. Hier verbergen sich nämlich unzählige kleine Wissensschätze.“

Der Auswanderer kennt den Ort schon seit Jahren

Obwohl der gebürtige Weißrusse mit seiner Frau und dem gemeinsamen Kind in Palmanova lebt, kennt er Peguera schon seit Jahren. Neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Touristenführer arbeitet Schewan als Servicekraft in einem Restaurant am Torà-Strand. Vorher hat er in einer bekannten Kneipe im Ort als Barkeeper gearbeitet.

Dass er nach Peguera gekommen ist, war eigentlich nur ein Zufall. Ein Freund habe Schewan, der damals in einem Callcenter in Köln arbeitete, eine Stelle als Barkeeper angeboten. Nach der Saison sei er auf Mallorca geblieben, die Entscheidung habe er nicht bereut. „Ich mag Peguera sehr. Nicht nur wegen der Nähe zu Palma. Es ist ein kleiner Ort, der aber im Grunde alles hat, was man braucht: Es gibt viele Restaurants, Bars und Supermärkte.“ Außerdem sei Peguera ein super Ausgangspunkt für Wanderungen.

Einblicke in die Geschichte Mallorcas

Eine Wanderung ist die Tour von Alan Schewan durch Peguera zwar nicht, trotzdem legen wir in den rund 90 Minuten eine gehörige Strecke zurück. Wie bei einer „Free Walking Tour“ üblich, erzählt und erklärt Schewan dabei alles Wichtige rund um den gerade unter Deutschen und Schweizern beliebten Küstenort. „Viele Leute, die hier Urlaub machen, wissen nur sehr wenig darüber, wo sie sich befinden. Das möchte ich ändern“, sagt Schewan.

Noch an der Plaça Torà beginnt er mit der Geschichte. Mit Blick auf das Meer und den fast menschenleeren Strand erzählt er von Piraten und Eroberern. Auf seinem Tablet zeigt er immer wieder Karten und Bilder von historischen Persönlichkeiten. Der Erobererkönig Jaume I. ist kurz zu sehen. „Ich möchte den Teilnehmern ein paar spannende geschichtliche Fakten über Mallorca und Spanien näherbringen, die sie vielleicht noch nicht kennen“, sagt Alan Schewan.

Schewan möchte auch Missverständnisse aufklären

Als wir zu Auswanderer-Lokalen wie dem Schwarzwald Café oder Krümels Stadl gelangen, wechselt er das Thema. Aus Sicht eines Deutschen, der selbst erst vor fünf Jahren nach Mallorca ausgewandert ist, erklärt Schewan, wie das Leben auf der Insel aussieht und funktioniert. Von Behördengängen in Spanien bis zur Sozialpolitik ist alles dabei. „Viele denken, die Bürokratie sei hier nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Aber da liegen sie falsch. Genau solche Missverständnisse möchte ich bei der Tour aufklären“, sagt Schewan und führt die Reporterin weiter an die Promenade des Palmira-Strandes. Auch hier ist trotz des schönen Wetters kurz nach dem Osterwochenende noch nicht allzu viel los.

Eine kleine Einführung in die Inselsprachen

Alan Schewan nutzt die Aussicht auf das Meer, um eine kleine Pause einzulegen. Wieder ein Themenwechsel: Schewan kommt auf die Inselsprachen zu sprechen. Er selbst sei noch dabei, sein Spanisch zu perfektionieren. Die verschiedenen spanischen Dialekte beherrscht er trotzdem. Mit ein paar Sätzen demonstriert er, wie kurios die Unterschiede in Aussprache und Inhalt zwischen Ländern wie Argentinien und Spanien sein können. Ein paar nützliche Vokabeln für den Restaurantbesuch gibt er auch noch mit auf den Weg.

Gemeinsamer Spaziergang auf Augenhöhe

Entlang der Promenade erreichen wir nach gut einer Stunde den Bulevar, die Schlagader von Peguera. Während wir gemeinsam mit Schewan an den vielen kleinen Läden vorbeischlendern, ist es ihm wichtig, dass die Begegnung auf Augenhöhe bleibt. „Ich möchte nicht wie ein Lehrer von oben herab mit Fakten um mich werfen. Es soll eher wie ein lockerer gemeinsamer Spaziergang sein“, sagt er. „Ich freue mich auch, wenn die Teilnehmer Fragen stellen, wir so in einen Dialog treten und ich nicht die ganze Zeit erzähle.“

Der gut anderthalbstündige Spaziergang endet schließlich wieder an der Plaça Torà. Hier wartet auf die Teilnehmer noch eine kleine Überraschung.

Jeder kann an der Tour durch Peguera teilnehmen

Seit drei Wochen führt Alan Schewan die Urlauber nun schon durch den Ort. Bisher gebe es nur positives Feedback, sagt er. „Es macht mir einfach Spaß so viele neue Leute kennenzulernen.“ Eine bestimmte Zielgruppe gebe es nicht. Jeder, der Zeit, Lust und Laune hat, kann an der kleinen Tour durch den Urlaubsort teilnehmen. „Ob ihr spontan direkt vom Strand kommt oder aus dem Hotel: Ich freue mich über jede Person, die etwas Neues über den Ort lernen möchte“, wirbt Schewan für seine Dienste. Für die Touren gebe es keine Mindestteilnehmerzahl.

Auch Geld verlangt der 40-Jährige für seine „Free Walking Tour“ nicht, er freue sich aber über ein wenig Trinkgeld, wenn es den Teilnehmern gefallen hat. In den kommenden Monaten wird seine Tour immer montags, dienstags und freitags pünktlich um 19.30 Uhr an der Plaça Torà im Herzen von Peguera starten. Anmeldung nicht erforderlich.