Die Vereinigung der Züchter lokaler Gemüsesorten feiert 20-jähriges Bestehen. Die MZ hat immer wieder über dieses Netzwerk mit Sitz in Porreres berichtet. Die Autorin war mit dabei, als einer der ersten Samen der Associació de Varietats Locals (AVL) in einer Garage eingetütet wurde. Zum Börsengang hat es bisher zwar nicht gereicht, doch mittlerweile bietet der gemeinnützige Verein Gärtnern und Landwirten ein beachtliches Samenprogramm. Aina Socies (38), die sich fast von Anfang an um die Verbreitung der lokalen Gemüsesorten kümmert, steht Rede und Antwort.

Wird dieses Jahr gefeiert?

Bei der Diada d’agricultura ecològica im April in Porreres werden wir im Rahmen der staatlichen Ausstellung zur Agrodiversität unsere Arbeit vorstellen. Etwa zu diesem Zeitpunkt ist zudem mit Sa Nostra geplant, unseren Film über die Gewinnung von Samen vorzuführen.

Wie kam es zu der Initiative?

2002 trafen sich einige Landwirte und Agrartechniker und gründeten einen gemeinnützigen Verein. Die Mitglieder beantragten bei der EU Subventionen und waren sehr überrascht, als die ersten Gelder bewilligt wurden. Damals gab es in vielen Ländern ähnliche Initiativen.

War das traditionelle Inselgemüse vom Aussterben bedroht?

Vor allem betagten Mallorquinern fiel es auf, dass ihr Lieblingsgemüse immer seltener auf den Tisch kam. Sie hatten noch erlebt, wie auf den Höfen stets die Sorten angepflanzt wurden, die sich für die jeweiligen Böden und auch die Wetterverhältnisse auf den Feldern der Höfe oder der Gemeinden eigneten. Doch weil dies mündlich von Generation zu Generation weitergegeben worden war, gab es keine Aufzeichnungen über Züchtung und Vermehrung. Deshalb überschwemmten damals immer mehr transport- und lagerfähige Hybridsorten den Inselmarkt. Sie machen die Samengewinnung überflüssig, weil sie jedes Jahr neu ausgesät werden müssen.

Seit wann sind Sie mit von der Partie?

Nach meinem Studium in Girona bekam ich ein Stipendium für eine Masterarbeit über lokale Gemüsesorten Mallorcas. Zunächst hatten wir ein Büro in Inca. Dann zogen wir nach Porreres um. Wir sind mittlerweile drei Mitarbeiter.

Eigentlich ist die AVL ein Netzwerk …

In den ersten Jahren traf man sich nur zwei Mal im Jahr. Die ersten Tütchen für 35 verschiedene Sorten kamen 2011 auf den Markt, ein Jahr später erschien dann der erste Katalog. Heute pflanzen 19 Multiplikatoren die lokalen Sorten. Gemeinsam sammeln und konservieren wir die Samen und bieten mittlerweile 85 verschiedene Getreide-, Hülsenfrüchte- und Gemüsesorten an. Sie sind an 35 Verkaufsstellen verfügbar, aber auch online zu bestellen.

Der Samenproduzent Batle hat auch lokale Sorten im Programm …

Die industrielle Produktion ist preiswerter. Unsere dagegen ist Handarbeit. Und: Bei uns ist nachzulesen, von welchem Hof die Pflanzen für die Samen kommen. Unser Programm ist so vielfältig, weil Agrobiodiversität die Habitate von Insekten und anderem Getier fördert und so zum Landschaftsschutz beiträgt. Darüber hinaus haben sich die Pflanzen auf der Insel bewährt und taugen zum Bioanbau. Für das gesamte Projekt gilt Kilometer null.

Die Samenkonzerne haben es auch bei den Behörden einfacher.

Für kleine Produzenten vieler Sorten ist es nicht leicht, Registrierungen zu bekommen. Denn das kann bis zu fünf Jahre dauern. Wir warten noch immer auf die Registrierung einiger Sorten. Ohne sie erhalten wir auch das Öko-Siegel nicht. Da sind Konzerne mit wenigen Hybridsorten ganz klar im Vorteil.

Beim Durchblättern des Kataloges für 2022 fällt auf, dass es neun verschiedene Sorten Blumenkohl gibt. Braucht es das?

Ein Züchter aus Alcúdia hat sie erfolgreich ausgesät, um von Oktober bis Ostern Blumenkohl ernten zu können.

Bei den Tomaten sind es sogar 13.

Tomaten sind die Stars im Gemüsegarten, deshalb die große Auswahl im Katalog. Trotzdem sind immer noch zu viele Hybridsorten auf dem Mark. Ende Februar bieten alle Supermärkte fade Tomaten an. Um diese Jahreszeit sollten nur Ramallet-Tomaten gegessen werden. Aber auch im Sommer sind zu viele Tomaten ohne Aroma im Angebot. Der Verbraucher achtet noch viel zu wenig auf Inselprodukte. Unsere treuesten Abnehmer sind Leute, die ihr Gemüse selbst anbauen, denn wir liefern Artenvielfalt.

Werden Sie künftig auch Kale (Grünkohl) oder Kohlrabi in den Katalog aufnehmen?

Kale und Kohlrabi kommen deshalb nicht ins Programm, weil uns die alten Sorten mehr am Herzen liegen. Wir haben ein nicht einheimisches großblättriges Basilikum im Programm, aber nur so lange, bis es gelingt, die Samen des traditionellen kleinblättrigen Basilikums zu gewinnen.

Was ist eigentlich aus der Obstbaum-Initiative von Slow Food geworden?

Sie ist eingeschlafen. Der Züchter Miquel Angel Llabrés aus Manacor ist im Ruhestand, sein Sohn hat andere Interessen. Juan Crespí in Búger züchtet jetzt einheimische Johannisbrot-, Feigen- und Olivenbäume.

Um Obstbäume kümmern Sie sich also derzeit nicht?

Wir kümmern uns um alle einheimischen Sorten, aber uns fehlt einfach die Zeit.

Info: www.varietatslocals.org