Mallorca Zeitung

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Freunde auf den ersten Klick: Wie die Freundessuche per App auf Mallorca funktioniert

Die Partnersuche über Apps ist schon lange etabliert. Immer mehr Menschen aber finden über diese Netzwerke auch Freunde. Wie das bei zwei jungen Frauen auf Mallorca ablief

Sonja Nordmann (links) hat in Cynthia eine gute Freundin gefunden. Privat

Im Kindergarten ist so manches einfacher. Es braucht einem nur jemand fest mit der Schaufel auf den Kopf zu hauen, schon hat man nach einem kurzen Gerangel eine Freundschaft fürs Leben (Erlebnis frei erfunden). In der Schule reicht es, neben jemandem zu sitzen, der auch keinen Spinat mag, und in der Uniparty fallen spätestens nach dem dritten Bier die Hemmungen, Fremde anzusprechen. Aber was macht ein junger Erwachsener? Im Homeoffice und fern der Heimat?

Vor diesem Problem stand auch Sonja Nordmann. Ihre Mutter verbrachte seit 2019 viel Zeit auf der Insel, und die junge Frau aus Köln kam immer wieder für längere Aufenthalte zu Besuch. Es gefiel ihr sehr hier. „Aber es hat einfach etwas gefehlt“, sagt Nordmann. Was, das wusste sie genau: Sie hatte keine Freunde auf der Insel. „Und in meinem Alter sprichst du ja nicht einfach irgendwen im Fitnessstudio an, das wäre irgendwie seltsam.“

Nordmann ist 28, ein Alter, in dem die Freundesclique schon geformt ist, in dem wegen Arbeit nicht so viel Zeit für Hobbys bleibt. Wer in eine neue Stadt zieht, hat es oft schwer, Leute kennenzulernen. Und dabei brauchen junge wie ältere Menschen genau das, um irgendwo richtig anzukommen.

Frauen lernen Frauen kennen

Apps, um Menschen kennenzulernen, gibt es viele: Tinder dürfte die bekannteste sein. War es vor Jahren noch verpönt, seinen Partner online kennenzulernen, ist es jetzt schon Normalität. Aus App-Bekanntschaften sind langjährige Beziehungen geworden, die ersten Tinder-Kinder gehen schon in die Grundschule. Und was mit Beziehungen geht, müsste ja auch mit Freundschaft funktionieren, sagte sich Sonja Nordmann und beschloss, sich bei Bumble anzumelden.

Sonja Nordmann (links) hat Freunde gesucht, um die Insel zu erkunden.

Sonja Nordmann (links) hat Freunde gesucht, um die Insel zu erkunden. Privat

Die App hat im Gegensatz zu anderen Dating-Portalen eine eigene Freundschaftskategorie. Wer angibt, hiernach auf der Suche zu sein, bekommt von dem Algorithmus nur Menschen vorgeschlagen, die ebenfalls neue Freunde finden wollen. Dadurch werden Flirtversuche umgangen. Wer sich als Frau anmeldet, bekommt so gut wie nur Frauen angezeigt. Zudem werden fast ausnahmslos mehr oder weniger Gleichaltrige angezeigt, die potenziellen Freundinnen sind etwa sechs Jahre älter oder jünger.

Sonja Nordmann bekam so alle möglichen Frauen vorgeschlagen. Meist suchte sie sich diejenigen aus, die ähnliche Interessen angaben. „Manchmal sieht man schon an den Fotos, dass sie einen Lifestyle haben, der nicht zu mir passt“, erzählt sie. Andere seien ihr direkt sympathisch gewesen. Wenn beide sich gut finden, gibt es einen sogenannten Match und die Möglichkeit, einander zu schreiben.

Wenige Mallorquinerinnen

Am liebsten wollte Nordmann etwas mit Einheimischen unternehmen, um die Insel besser kennenzulernen und Spanisch zu üben. Doch sie stellte schnell fest, dass die Auswahl an Mallorquinerinnen und Spanierinnen eher gering war. „Mir wurden größtenteils Frauen aus Deutschland, aus England, den USA oder Schweden vorgeschlagen, und nur ab und an welche vom spanischen Festland oder aus Lateinamerika “, erzählt Nordmann.

Mallorquinerinnen hingegen waren die absolute Ausnahme. Wer sein Leben lang auf der Insel gewohnt hat und hier noch die Freunde hat, mit denen sie oder er sich im Sandkasten geprügelt hat, braucht eine solche App eher nicht. Jene Mallorquinerinnen, die der Algorithmus dann doch zu Nordmann durchdringen ließ, hatten außerhalb der Insel gewohnt, oder aber sie wollten einfach ihren Freundeskreis erweitern. „Aber die meisten antworten freundlich, ohne sich jemals auf einen Kaffee oder so zu verabreden“, sagt Sonja Nordmann.

Sonja Nordmann (links) und Cynthia wurden Freundinnen auf den ersten Blick.

Sonja Nordmann (links) und Cynthia wurden Freundinnen auf den ersten Blick. Sonja Nordmann

Auch wenn ihr Ziel, mehr spanische Freundinnen zu finden, somit nicht unbedingt erfolgreich war, ist die 28-Jährige von ihrer digitalen Freundschaftssuche begeistert. Denn dadurch lernte sie Cynthia kennen. Und das war tatsächlich Freundschaft auf den ersten Blick. „Wir waren im gleichen Alter, in der gleichen Lebenssituation, hatten sogar das gleiche Sternzeichen“, erzählt Nordmann. Alles hätte direkt gepasst.

Als sie sich zum ersten Mal trafen, lebte Nordmann noch nicht fest auf der Insel, sondern war immer mal wieder bei ihrer Mutter zu Besuch. Cynthia war ebenfalls aus Deutschland und nur für eine Weile in Spanien. Sie verbrachten direkt einen ganzen Nachmittag zusammen, erkundeten den Norden der Insel. Da sie auch in Deutschland nicht weit voneinander entfernt wohnten, trafen sie sich von da an sehr häufig. „Cynthia ist inzwischen eine enge Freundin von mir geworden“, sagt Nordmann. Cynthia wohnt weiterhin in Deutschland, Nordmann inzwischen auf Mallorca. Denn einen mallorquinischen Freund hat sie schneller gefunden als eine mallorquinische Freundin.

Kontaktbörse Yogastudio

Und Sonja Nordmann versucht weiterhin ihren Freundeskreis zu erweitern. Zum einen im wahren Leben: Ihr Yoga-Studio, erzählt die 28-Jährige, sei ebenfalls eine rege Kontaktbörse. Zum anderen aber weiterhin per App. Dort hat sie schließlich auch eine Mallorquinerin gefunden, mit der sie sich gut versteht. Sara ist zum Teil in den USA aufgewachsen, weswegen sie nicht ganz so in der Inselgesellschaft verwurzelt ist. Amüsiert erzählt Nordmann, dass ihr Freund sich beim ersten Treffen sogar Sorgen gemacht hatte, weil sie so lange weg war. „Wir versuchen, etwa alle zwei Wochen einen Kaffee zu trinken und verquatschen uns dabei regelmäßig“, sagt Nordmann.

Cynthia schaut oft bei ihr vorbei. Sonja Nordmann ist sich sicher, dass diese Freundschaft ein Leben lang halten wird. Ganz ohne, dass irgendwer mit einer Schaufel zuschlagen musste.

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