Aufsehenerregender Fund in einer Höhle auf Menorca, der nordöstlich gelegenen Nachbarinsel von Mallorca: Dort haben Wissenschaftler Belege für den ersten Drogenkonsum in Europa vor fast 3.000 Jahren entdeckt. Eine Büschel Haare in der Höhle reichte dafür aus. Die Haare waren Teil eines Begräbnisrituals und wurden in der Höhle von Es Càrritx (Menorca) zu einer Zeit versteckt, als sich die Gesellschaft der Bronzezeit im Wandel befand.

Die spanischen und chilenischen Forscherinnen und Forscher haben in dem Haarbüschel halluzinogene Substanzen pflanzlichen Ursprungs gefunden. Die Studie unter der Leitung von Elisa Guerra von der Universität Valladolid, die Anfang April in Scientific Reports veröffentlicht wurde, legt nahe, dass diese Drogen möglicherweise im Rahmen ritueller Zeremonien verwendet wurden.

Grabkammer wurde bereits 1995 entdeckt

In der 1995 entdeckten Grabkammer von Es Càrritx (im Westen Menorcas) wurden kleine zylindrische Holzgefäße mit Haaren gefunden, die auf die Zeit vor etwa 2.900 Jahren datiert wurden. Die Forschung liefert den ältesten direkten Beweis für den Drogenkonsum in Europa in der späten Bronzezeit, erklärte eine der Autorinnen der Studie, Cristina Rihuete, von der Autonomen Universität Barcelona, gegenüber der Nachrichtenagentur EFE.

In Europa gab es indirekte Hinweise wie den Nachweis von Opiumalkaloiden in Gefäßen oder die Reste von Rauschgiftpflanzen in rituellen Zusammenhängen. Der älteste direkte Nachweis der Welt ist etwa 3.000 Jahre alt und stammt aus Chile.

Ein einziges Haar reicht für Beweis aus

Für die Studie wurde nur ein einziges Haar aus dem vorhandenen, bis zu 13 Zentimeter langen Haarbüschel verwendet. Der Fund von erhaltenem Haar aus dieser Zeit im westlichen Mittelmeerraum ist "absolut außergewöhnlich", sagt Rihuete. Eine Analyse wies das Vorhandensein von Atropin, Scopolamin und Ephedrin nach, Alkaloide, die im Haar fixiert bleiben und eine Reaktion auf den Verzehr von Pflanzen wie Alraune, Bilsenkraut oder Stramonium sein könnten, sagt der Forscher.

Atropin und Scopolamin kommen in der Natur in der Gattung der Nachtschattengewächse vor und können Delirien und Halluzinationen hervorrufen; Ephedrin ist ein Stimulans, das aus bestimmten Strauch- und Kiefernarten gewonnen wird.

Wohl nicht zur Schmerzlinderung verwendet

Das Team glaubt nicht, dass diese Substanzen zur Schmerzlinderung verwendet wurden, obwohl "es ein schmaler Grat ist, inwieweit etwas für medizinische, schamanische oder göttliche Zwecke genutzt wird", erklärt Rihuete. Scopolamin und Atropin sind Substanzen, die - zusammen verwendet - eine Sedierung herbeiführen. Ihre Manipulation ist aufgrund ihres hohen Giftgehalts sehr riskant, was, so Rihuete, eher auf eine Verwendung als Halluzinogene als für therapeutische Zwecke hinweist.

Der Haarwuchs hinterlässt Spuren bestimmter Substanzen, und "das Überraschende ist, dass man nachweisen konnte, dass der Konsum mindestens ein Jahr lang stattgefunden hat", aber es gibt keine Hinweise darauf, wie er zustande kam.

Höhle erzählt Geschichte der spätbronzezeitlichen Siedler

Die Höhle von Es Cárritx erzählt auch die Geschichte der spätbronzezeitlichen Siedler auf Menorca, "sehr interessante" Gesellschaften, die friedlich lebten und in denen die Schafzucht eine wichtige Rolle spielte, erklärt Rihuete.

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In einer ihrer Grabkammern wurde ein Bestattungsritual abgehalten, bei dem die Haare rot gefärbt, gekämmt und Haarsträhnen abgeschnitten und in zylindrische Holzröhren mit Deckel gelegt wurden. Frühere Forschungen deuten darauf hin, dass etwa 210 Personen bestattet wurden, von denen jedoch nur wenige diesem Brauch unterzogen wurden.

Es ist wahrscheinlich", so schätzt Rihuete, "dass es sich um bestimmte Personen aus der Endchronologie der Nekropole handelt, die möglicherweise jene schamanischen Wahrsagefähigkeiten besaßen, mit denen die Einnahme von Drogen verbunden ist".