Mallorca Zeitung

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Bierkönig-Mord auf Mallorca: True Crime-Doku tut eine neue Spur auf

„Der Bierkönig – Tod am Ballermann“ arbeitet das Verbrechen in einem sehenswerten Dreiteiler auf. War es doch jemand ganz anderes?

Der ehemalige leitende Ermittler der Mordkommission Palma, Juan José García-Consuegra Serra. Constantin Film

Um es vorwegzunehmen: Ja, am Ende der dreiteiligen Serie „Der Bierkönig – Tod am Ballermann“, die ab Freitag (13.10.) bei Prime Video im Stream zu sehen ist, wird eine neue Theorie präsentiert, wer der tatsächliche Mörder von Ex-Bierkönig-Betreiber Manfred Meisel sein könnte. Und nein, die Festnahme dürfte in den kommenden Stunden nicht anstehen.

Nach Formaten wie dem Podcast „The Real Bierkönig“ oder im weitesten Sinne auch der RTL-Fiktion „König von Palma“, setzt sich nun eine Doku-Serie mit dem bislang ungelösten Mordfall an Meisel, seinem Sohn und seiner Haushaltshilfe im Jahr 1997 auseinander. Produziert von Constantin Dokumentation, entführen einen die drei jeweils 40-minütigen Folgen an die Playa de Palma der 90er-Jahre, als Bargeld noch in Müllsäcken von der Kasse in den Tresor gefahren wurde und der Ballermann noch vergleichsweise unschuldig daherkam. Der Mordfall machte diese Illusion ein für allemal zunichte.

Mordopfer Manfred Meisel. Constantin Dokumentation

Wer kommt infrage?

Sicher, wer sich ein wenig mit der Geschichte des Verbrechens auseinandergesetzt hat – vor allem im vergangenen Jahr zum 25. Jahrestag –, der wird in weiten Teilen nicht überrascht sein von den Theorien, die aufgestellt werden. War es der ehemalige Bierkönig-Geschäftsführer Sven M.? War Meisel etwa in den Drogenhandel verwickelt? Wurde er Opfer der mallorquinischen Konkurrenz an der Playa? („Der Mallorquiner neigt nicht zum Mord“, erfährt man in einer Folge.) Und nein, der Doku gelingt es leider auch nicht, die Existenz einer viel beschworenen Papageien-Mafia zu dokumentieren.

Die Produzenten haben vieles richtig gemacht: Die Interviewpartner etwa sind sehr gut ausgewählt. Der stets an der Pfeife nuckelnde, ehemalige leitende Ermittler der Mordkommission Palma, Juan José García-Consuegra Serra schildert empathisch die Polizei-Ermittlungen. Frühere Wegbegleiter Meisels wie Arno Stenneken und Ute Schäfer-Tepper geben eine sehr menschliche Perspektive des Dramas wieder.

Bemerkenswerte Archivaufnahmen

MZ-Reporter Ingo Wohlfeil schildert die Medienperspektive und bietet Playa-Insiderwissen. Als besonders knuffig erweist sich der ehemalige deutsche Konsul auf Mallorca, Michael Göllner, dem man in jeder Sekunde anmerkt, wie sehr er es genießt, Teil der Doku zu sein. All dies gepaart mit vielen, häufig bemerkenswerten Archivbildern, mit den nachgestellten Szenen des Mordes sowie mit den Aussagen von Playa-Größen wie Juan Ferrer, Beatrice Ciccardini und Radja Dalimonthée.

Etwas langatmig: die Nachstellung des Mordes. Constantin Dokumentation

Abgesehen von den für das True-Crime-Format typischen, aber äußerst ermüdenden Nachstellungen des Mordes, wird die Geschichte durchaus lebendig erzählt. Es kommen Zeitzeugen vor, die bislang bei der Erzählung des Mordfalls im Hintergrund standen, wie etwa der Papageien-Züchter Andreas Holderegger. Und auch immer wieder amüsante Anekdoten.

So erklärt Ermittler García-Consuegra, warum die Zusammenarbeit der Policía Nacional mit den Bundespolizisten, die für die Ermittlungen von Frankfurt auf die Insel kamen, scheiterten. Am ersten Abend, so der Polizist, habe man gemeinsam mit den deutschen Kollegen etwas trinken gehen wollen. Die Deutschen hätten aber abgelehnt, da sie für die Arbeit auf die Insel gekommen waren. Die Verwunderung über die germanische Eigenbrötelei habe bei den Spaniern daraufhin die Kooperationsbereitschaft nachhaltig beeinträchtigt.

Was geschah mit dem Geld?

An manchen Stellen hätte man sich ein wenig mehr Erklärungen gewünscht. Etwa wenn Anwalt Hans von Rotenhan das Thema des Erbes anspricht, die Frage, was mit Meisels Vermögen geschah, aber nicht beantwortet wird. Auch eine Begründung, warum die konstant erwähnten Sven M. sowie Meisels Ex-Partnerin Daiana R. nicht zu Wort kommen, wäre sinnvoll gewesen.

Ganz am Ende präsentiert die Doku eine Theorie, wer der Mörder sein könnte. Es ist eine gute Theorie. Sie ist einleuchtend. Sie führt alle Puzzleteile zusammen. Und ist so herrlich vage und wird ohne einen Hauch von Beweisen präsentiert, dass niemand enttäuscht wird, der eine andere Version der Ereignisse bevorzugt. So ist diese Doku ein würdiger Abschluss der medialen Aufarbeitung des Dreifachmords. Ab jetzt aber sollte vorläufig ein Moratorium gelten. Bis der echte Mörder gefunden ist. Und wer weiß: Vielleicht haben wir ja schon den entscheidenden Hinweis?

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