Mallorca Zeitung

Mallorca Zeitung

90-Tage-Regel, Führerschein-Ärger, Besuch nur mit Erlaubnis: Die Probleme der Mallorca-Briten nach dem Brexit

Seit dem EU-Austritt haben die Briten auf der Insel mit vielen kleinen und großen Alltagsproblemen zu kämpfen

Ein Kurzurlaub auf Mallorca ist für die Briten weiter problemlos möglich. Einen längeren Inselaufenthalt zu planen, hat es aber in sich. | FOTO: BENDGENS

Das Thema Brexit ist ein Minenfeld für die Briten auf Mallorca. „Wie viel Zeit hast du, um über unsere Probleme zu reden?“, fragt die Schottin Kate Mentink, Gründerin und langjährige Vorsitzende der Vereinigung Ciudadanos Europeos. Die Journalistin Vicki McLeod kommt gar aus dem Schimpfen nicht mehr heraus – zu viel Ärger gibt es, seitdem der Brexit vor vier Jahren vollzogen wurde. „Für meine Tochter sehe ich zu, dass sie einen spanischen Pass bekommt. Der ist wesentlich mehr wert als der britische.

Neue Urlauber-Abgabe auf Mallorca

Über manch kleines Ärgernis könnte man sicherlich schmunzelnd hinwegsehen. So müssen britische Mallorca-Urlauber – wie alle anderen Reisenden aus Nicht-EU-Ländern – ab 2025 eine Gebühr von 7 Euro zahlen, um sich im europäischen Info- und Autorisierungssystem für Reisen (ETIAS) einzutragen.

Der Brexit bringt etwa auch Probleme bei Postsendungen aus dem Vereinigten Königreich nach Mallorca. „Immer wieder kommt es vor, dass Post von der Zollbehörde in Madrid abgefangen und erst gegen eine Gebühr wieder freigegeben wird“, berichtet McLeod. „Dabei handelt es sich mitunter um Krimskrams wie Geburtstagskarten. Manche Päckchen verschwinden sogar ganz und gar.

Die Briten dürfen auf der Insel auch nicht angeln. „Das klingt skurril, aber die Fischerei war besonders in Schottland ein wesentlicher Bestandteil der Brexit-Debatte“, sagt der Englisch-Lehrer Tom Weetman. Den Angelschein auf Mallorca gibt es nur für EU-Bürger. Einzige Ausnahme, damit die Briten doch die Rute ins Meer halten können, ist das Chartern eines Bootes. Dort holt der Kapitän die Lizenz, und wer dann an Bord angelt, ist egal.

Maximal 90 Tage im Jahr dürfen die Briten auf Mallorca bleiben

Ein wirklich dicker Fisch ist die Einreisebestimmung. „Die 90-Tage-Regel ist derzeit das größte Gesprächsthema der britischen Community“, sagt Journalistin McLeod. Denn als Nicht-EU-Bürger dürfen nicht auf Mallorca gemeldete Briten in der Regel bis zu 90 Tage am Stück auf der Insel bleiben. Bei mehreren kürzeren Aufenthalten liegt die Obergrenze bei 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen.

„Seit Jahrzehnten lieben die Briten Mallorca. Viele Rentner haben sich Immobilien zugelegt, um den Ruhestand hier zu verbringen“, sagt Mentink. „Nicht wenige denken darüber nach, ihr Haus zu verkaufen, da sie es nicht nutzen können.“ Betroffen ist indirekt etwa auch der Deutsche Willi Stadel. „Ich habe ein Apartment in Pollença und bin seit vielen Jahren auf der Insel gemeldet. Es ist irrsinnig, dass meine britische Ehefrau nicht hier bei mir bleiben darf“, sagt er. Die Engländerin habe sich aus steuerlichen Gründen bislang nicht auf Mallorca angemeldet.

„Ohne ein Visum dürfen wir Briten nicht auf Mallorca leben. Wenn wir gegen die 90-Tage-Regel verstoßen, droht zunächst ein Bußgeld, bei Wiederholungstätern sogar ein Inselverbot“, sagt McLeod. Auf der Straße frage die Polizei zwar nicht die britischen Passanten, wie lange sie schon auf Mallorca seien. Aber bei der Ein- und Ausreise ist die Passkontrolle obligatorisch. „Wir sind meist ab Silvester drei Monate auf der Insel. Irgendwann ist dann immer der Zeitpunkt gekommen, dass meine Frau nach England zurückmuss“, sagt Stadel. Bisher habe es bei den Kontrollen keine Probleme gegeben. „Als wir mit dem Auto auf die Fähre sind, waren wir einmal über der 90-Tage-Grenze. Da hat die Polizei aber nicht so genau hingeschaut.

Aufenthaltsgenehmigung nur mit Einkommen

Das Problem bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis in Spanien besteht in den hohen finanziellen Hürden. „Besonders ärmere Menschen sind betroffen“, sagt Mentink, die unsichere Lage mache ihnen zu schaffen. So müssen etwa Rentner, die vor dem Brexit noch nicht auf Mallorca lebten, ein monatliches Einkommen von mindestens 2.400 Euro für die residencia temporal no lucrativa vorweisen. Für diese Vorgabe wird der Indicador Público de Renta de Efectos Múltiples (IPREM) – ein statistischer Wert, den die Behörden bei der Beantragung von Sozialhilfe zurate ziehen und der derzeit bei 600 Euro liegt – mit der Zahl 4 multipliziert.

Wer ohne Arbeitsvertrag auf die Insel kommt, muss ein Einkommen in dieser Höhe vorweisen. „Es ist für normale Menschen daher schlichtweg nicht möglich, sich auf Mallorca anzumelden“, sagt Mentink. Der Antrag auf das Visum kann zudem nur aus dem Ausland gestellt werden. Wer sich bereits illegal auf Mallorca befindet, wird abgelehnt. Auch das Vorstrafenregister und die Krankenakte werden von den Behörden geprüft.

Wohlhabendere können sich mit einem „Goldenen Visum“ einkaufen. Hierfür muss etwa eine Immobilie im Wert von 500.000 Euro erworben werden. Für digitale Nomaden gibt es darüber hinaus ein eigenes Visum. Sie müssen mindestens 200 Prozent des spanischen Durchschnittseinkommen verdienen, wie es bei der spanischen Ausländerbehörde heißt. Das erforderliche Gehalt gibt sie mit 2.140 britischen Pfund (knapp 2.500 Euro) an.

„Die Briten haben angefangen, Stammbücher durchzugehen und zu schauen, ob sie irgendwelche irischen Vorfahren haben, um so ihren Anspruch als EU-Bürger geltend zu machen“, sagt McLeod. „Es wird auch beliebter, Geschäfte zu kaufen.“ Denn die bürokratischen Hürden bei der Anmeldung sind für Unternehmer wesentlich niedriger.

Ärger auch beim Führerschein

Es gibt einen wahren Rattenschwanz von Problemen. „Die Restaurants und Kneipen in den britischen Urlaubergebieten finden kaum noch Mitarbeiter“, sagt Mentink. Zumal die Briten auch in anderen Belangen benachteiligt werden. „Die 75 Prozent Flugrabatt, die Mallorca-Residenten bei Reisen aufs Festland bekommen, erhalten wir erst, wenn wir fünf Jahre auf der Insel leben.“ Weiteren Ärger gibt es mit dem Führerschein. Während der deutsche Lappen erst mit Ablauf in einen spanischen getauscht werden muss, müssen die Briten schon nach sechs Monaten einen Antrag stellen. „Mit dem Führerschein von hier gibt es dann aber zu Hause Probleme“, sagt Weetman. „Viele meiner Freunde machen jetzt die Führerscheinprüfung ein zweites Mal.“

Freundesbesuch nur mit Erlaubnis der Polizei

Und selbst, wer britische Freunde und Bekannte auf die Mallorca-Finca einlädt, hat Probleme. Denn wer Nicht-EU-Bürger bei sich daheim einquartieren will, muss zuvor bei der Nationalpolizei einen Antrag stellen.

Artikel teilen

stats