Mallorca Zeitung

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Das Flugzeug wird zur Disco: Wie es ist, mit 200 betrunkenen Briten nach Ibiza zu fliegen

Ein Flug mit britischen Partyurlaubern ist eine Herausforderung. Denn die Party beginnt schon lange vor der Reise. Das liegt auch an den Sicherheitskontrollen. Unsere Autorin war mittendrin

Party im Flugzeug: Briten auf dem Weg von Manches MC MOLINA

"We're going to Ibizaaaa! Wow! Baaaack to the islaaaaand...". Als das Flugzeug, das in Manchester gestartet war, gegen 22.30 Uhr am Airport Ibiza aufsetzt, singen 200 Briten den Hit der Vengaboys lautstark mit. In der Kabine ist es noch völlig dunkel. Schön klingt es nicht: Einige singen schief. Andere brüllen eher. Einige schaffen es nicht, drei Silben aneinanderzureihen, aber sie klatschen und schreien trotzdem. Sie sing hungrig nach Party, Alkohol, Sonne, Diskotheken, Stränden, Drogen, Sex.

Die Party hat schon Stunden vorher begonnen. Viele Stunden vorher. Mehrere leere Bierflaschen stehen neben Gate 48 des Terminals, wo das Boarding geplant ist. Die letzten Drinks vor dem Abflug sozusagen. Der Utz-Utz-Utz der Musik dringt durch das Terminal. Ein Handy mit Lautsprechern. Der Anführer einer Gruppe von Mittzwanzigern, die in der Warteschlange stehen, trägt es bei sich und hebt es beim Tanzen über die Köpfe. Die ersten Passagiere der Priority-Boarding-Gruppe schauen sich an, lächeln und schütteln ihre Köpfe. Sie drehen sich um und schauen die männliche Gruppe mitleidig an. Sie sind diskreter, bescheidener, ruhiger, aber es ist klar, dass auch sie darauf brennen, auf der Insel zu tanzen und zu feiern.

Da keiner Einhalt gebietet, wird die Musik aus den Lautsprechern immer lauter. Das Verhalten ist ansteckend: Innerhalb von fünf Minuten tanzen mehrere Gruppen und schütteln rhythmisch ihre Köpfe, während sie auf das Einsteigen warten.

Das Problem mit den Sicherheitskontrollen

Dass die Party schon am Flughafen ausartet, hat Gründe: Die Sicherheitskontrollen am Flughafen der britischen Metropole haben einen notorisch schlechten Ruf. Wer sichergehen will, seinen Flug zu erwischen, muss drei bis vier Stunden vorher da sein. Zeit, die man eben irgendwie rumkriegen muss. Das Bier fließt bei den Partyurlaubern im Airport-Pub in Strömen, der Sekt bei den Junggesellinnenabschieden. Auf dem Weg zum Gate decken sich einige im Duty-Free-Shop mit Gin, Whisky, Bourbon und Wodka ein.

Es gibt zwei Gruppen an Passagieren, die das Flugzeug besteigen: Die einen feiern mit, die anderen schauen sich mit besorgtem Blick an, weil sie befürchten, dass die Party aus dem Ruder läuft. Das Bodenpersonal tut so, als wäre nichts los. Das gilt auch für die Stewardessen. Als Minuten später die Sicherheitsanweisungen gegeben werden, werden diese von obszönen Gesten begleitet.

Zeit für Selfies

Die Musik läuft weiter. Mehrere Handys, um genau zu sein. Jede kleine Gruppe hört, wenn auch leise, ihre Lieblingslieder, zu denen sie in wenigen Stunden zu tanzen hoffen. Auch das Klicken von Kameras ist zu hören. Es ist Zeit für Selfies. #WeregoingtoIbiza. In den fast zweieinhalb Stunden, die der Flug von Manchester nach Ibiza dauert, gibt es nicht eine Minute Ruhe. Es wird geschrien. Es wird gejubelt. Es wird gelacht.

Die Party findet in der Warteschlange vor der Toilette statt, wo sich bis zu einem Dutzend Menschen versammeln. Und auf den Sitzen, auf denen einige Reisende nach hinten gedreht knien, und sich mit ihren Kollegen unterhalten, die einige Reihen weiter hinten sitzen. Manche schlafen, trotz des Lärms. Sie schnarchen. Sie müssen wieder zu Kräften kommen. Die Nacht auf Ibiza wird lang werden. Einige nutzen die unbeabsichtigte Musikbeschallung zum Tanzen, hüpfen auf den Sitzen und recken die Arme in die Höhe.

Die Getränkewagen werden quasi geplündert. Bier, Cider, Wein, Prosecco, Gin. Die Drinks sind alle, bevor die letzten Reihen erreicht werden. Die ersten, die bestellen, trinken mehrere Flaschen aus, während für die letzten nur noch ein paar Orangensäfte übrig sind. Aber das kommt nicht infrage.

Lockenwickler und falsche Wimpern

Die Landung erwischt die Besatzung fast beim Aufsammeln des Mülls. Zweieinhalb Stunden Flugzeit sind zu kurz, um die feierwütigen Passagiere zu bedienen. Die Nervosität, das Gefühl, fast im Paradies der Party zu sein, ist in der Atmosphäre spürbar. Einige junge Frauen entfernen eilig ihre Lockenwickler. Andere kleben ihre falschen Wimpern auf. Viele ziehen ihre Turnschuhe an. Die Party, die richtige Party, kann jetzt endlich beginnen. /pss

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