Die leuchtenden Deko-Rentiere ziehen Blicke auf sich. Genau wie die zahlreichen Tannenbäume, die den Außenbereich des Balus beinahe in einen Wald verwandeln. Auf einem deutschen Weihnachtsmarkt würde man so etwas erwarten – direkt an der Meerespromenade von Cala Ratjada auf Mallorca dagegen nicht. Ringsum sind die Lokale entweder geschlossen oder geben sich dezent mediterran. „Ja, wir wollen anders sein als die anderen. Das ist unser Motto. Ich bin überzeugt davon, dass es so funktioniert“, sagt Meik Reimann. Der 41-Jährige – groß, blond, blauäugig – wirkt genauso deutsch wie die Speisekarte – Wurstvariationen, Leberkäse, Schnitzel oder Frikadellen mit Kartoffelsalat. Im Mai eröffnete er das Lokal, seitdem kommt er nicht zur Ruhe. „Man muss etwas bieten, immer neue Aktionen. Sonst bleibt man einer von vielen.“

Schon seit Mitte November herrscht Weihnachtsstimmung im Balus Balus

Hell lackierte Holzbänke und Tische sowie ein großer Thekenbereich erwecken den Eindruck einer gehobenen Imbiss-Lounge, raffiniert eingebaute Weinregale sorgen für exklusiven Touch, kontrastieren mit dem Darts- und Kickerbereich weiter hinten. Wandgemälde des Hafens von Cala Ratjada und des Naturstrands Cala Agulla erinnern daran, wo man sich befindet. Mit seinen zwei Geschäftspartnern habe er „einiges“ investiert, um aus den Räumlichkeiten des früheren Chevy – jahrelang bei einheimischen Nachtschwärmern gerade im Winter eine beliebte Anlaufstelle – etwas Neues zu schaffen, sagt Reimann.

Allein für die Herbst- und Winterwochen liegt ein mehrseitiger Veranstaltungskalender aus. Mit kleinen Aktionen und größeren Events, alle darauf ausgelegt, auch in den urlauberschwachen Monaten Publikum anzulocken – und in den meisten Fällen auf deutsche Residenten zugeschnitten. Im Oktober gab es Grillbuffets, ein Fotoshooting mit deutschen Trachten, ein Oktoberfest, ein großes Haxenessen. Im November Grünkohl, jeden Samstag Eintöpfe, Gänsekeulen- und Wildgulaschaktionen. Nicht zu vergessen die Karnevalsfeier am 11.11. und die große Bundestagswahlparty im September.

„Natürlich habe ich auch erst überlegt, ob das Konzept nicht zu krass deutsch ist. Aber dann habe ich mir gedacht: Warum denn nicht? Überall auf der Welt gibt es chinesische, griechische oder italienische Restaurants, auch hier in Cala Ratjada. Warum soll es also nicht auch ein typisch deutsches geben?“ Natürlich sei es schön, dass auch ein paar Spanier regelmäßig den Weg ins Balus finden. Aber die meisten Stammgäste – das hat sich in den vergangenen Monaten bestätigt – kommen dann doch aus deutschen Gefilden. Viele haben das Balus als Treffpunkt für sich entdeckt, als Ort, wo man in seiner Muttersprache und bei Köpi, Bitburger und Benediktiner Weißbier vom Fass Anschluss finden kann. Immer wieder finden Skat-, Darts-, Kicker- oder Knobelturniere statt.

Die einen mögen das neue Konzept, die anderen nicht, wie sich beim Lauschen auf den Dorftratsch herausstellt. Das weiß auch Meik Reimann. „Interessanterweise sind es vor allem einige Deutsche, die die Augen verdrehen, und nicht die Spanier.“ Gleichzeitig hat sich das Balus aber auch schon in der weiteren Umgebung einen Namen gemacht. Residenten aus Cala Millor, Can Picafort oder Son Servera finden den Weg in das ganztägig geöffnete Lokal.

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Im Sommer sind es natürlich auch die Touristen – die Toplage und die Cocktailkarte sorgen dafür. Doch wer Cala Ratjada kennt, der weiß: Leicht ist es für Gastronomen so oder so nicht, den Winter über die Stellung zu halten. Reimann ist das bewusst. Der Mindener wohnt seit 2007 im Ort und hat seitdem als leitender Angestellter in mehreren Gastrobetrieben so seine Erfahrungen gesammelt. All seine Ideen zum Überwintern lebt er jetzt im eigenen Lokal aus: Die Weihnachtsbeleuchtung erstrahlt im Balus schon seit 12. November, bis Heiligabend gibt es jedes Wochenende einen Miniweihnachtsmarkt mit Lebkuchen, Zuckerwatte oder Glühwein. Am 25. November folgen Rinderrouladen und Rheinischer Sauerbraten, am 1. Dezember ein Spießbratenfest, am 15. Dezember wieder Rouladenessen. Für das große Weihnachtsessen am 25. Dezember (Braten, Rotkohl, Knödel) muss man sich anmelden, Karten für die Silvesterparty sind bereits ausverkauft. Sogar einen Weihnachtsbaum-Bestellservice mit Selbstabholung – echte Nordmanntannen aus dem Sauerland – hat Reimann eingerichtet.

Und für den kommenden Sommer plant er einen Lieferservice mit Grillprodukten für Fincas. Sehr deutsch eben.