Mallorca Zeitung

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Trotz aller Exzesse am Ballermann: Warum wir die Playa de Palma dennoch lieben

Das, was viele so abschreckt, ist genau das, was viele so anzieht. Deswegen ist er auch fast unkaputtbar. 13 Perspektivenwechsel an der Hand eines Playa-Kenners und -Freundes

Die Sonnenuntergänge an der Playa de Palma können sich sehen lassen. Wohlfeil

Zu teuer, zu asozial, zu brutal. Das sind die Schlagworte, wenn es um die diesjährige Saison am sogenannten Ballermann geht. Ja, die Exzesse haben zugenommen, obwohl es da kaum Steigerungsmöglichkeiten gibt. Wer sich davon abgeschreckt fühlt, sollte tatsächlich die Playa de Palma meiden. Wer sich allerdings auf den Ballermann einlässt, wird von seiner Einzigartigkeit begeistert sein. 13 Gründe, weshalb wir die Playa de Palma – trotz allem – lieben.

Der schöne Strand

Hitze auf Mallorca: Wenn die Sonne auf die Playa de Palma knallt Clara Margais/dpa

Viereinhalb Kilometer feinster Sandstrand, der täglich gereinigt wird und jeden Morgen jungfräulich daherkommt. Für einen Großteil der Urlauber liegt er fast direkt vor der Tür. Meist muss nur eine Straße überquert werden, dann sind Sie am Meer.

Die Strand-Versorgung

Sie haben die Kühlbox daheim vergessen? Schwimmflügel, Sonnencreme? Egal, an der Playa ist jeder Kiosk maximal 50 Meter vom Strand entfernt. Die Preise sind häufig moderat, die Öffnungszeiten flexibel.

Die Nummerierung

Surfen statt aus Eimern saufen: Bis zum Saisonstart sollen alle "Balnearios" an der Strandmeile erneuert sein. Foto: Palma Beach

An der Playa kann sich selbst der Betrunkenste kaum verlaufen. Denn der Strand ist auf fast gesamter Länge durchnummeriert. Am einfachsten orientiert sich der Urlauber an den Balnearios. Insgesamt 15 Buden gibt es von Balneario 1 in Arenal de Palma im Osten bis 15 in Can Pastilla im Westen. Als Zentrum und beliebtester Anlaufpunkt gilt der Ballermann 6.

Das Unterhaltungsangebot

Von Schlager bis Techno, House, Pop und Hip-Hop bis zum Alternative Rock der Straßenmusiker gibt es die gesamte Bandbreite der U-Musik verteilt auf rund ein Dutzend Clubs und Discos. Wobei die Riesentempel Megapark und Bierkönig weltweit ihresgleichen suchen. Der Megapark dürfte der umsatzstärkste Club in Europa sein. Bis zu 25.000 Leute gehen dort in der Hochsaison täglich ein und aus.

Der Megapark an der Playa de Palma ENRIQUE CALVO

Einzigartig ist auch die Dichte an Musik- und Unterhaltungsangeboten auf den Quadratkilometer zwischen Bierstraße und Megapark. Allein dort treten am Tag bis zu sechs internationale Acts auf. Schon um 12 Uhr mittags geht es los. Der Bierkönig startet am späten Nachmittag mit dem Bühnenprogramm, Oberbayern und MK Arena gegen Mitternacht. Alles in allem sind täglich bis zu 15 verschiedene zum Teil bekannte Künstler live an der Playa de Palma zu sehen. Das hat bis auf Las Vegas kein anderer Ort der Welt zu bieten. Mal ganz abgesehen von der teilweise sehr hochwertigen Unterhaltung in den Hotels. Sie reicht von der Tiershow über Comedy und Tanz bis hin zu Konzerten.

Kein Zapfenstreich

Wenn der Bierkönig so gegen 4, 5 Uhr morgens schließt, kann der nimmermüde Urlauber noch in anderen Lokalitäten an der Playa weiterfeiern. In der Früh beginnt die große Stunde der kleinen Clubs wie der Rutschbahn oder dem Black Magic. Stärken kann man sich unter anderem im San Siro an der Schinkenstraße, das durchgängig geöffnet hat. Und kurz nach dem Sonnenaufgang lädt der Bierkönig bereits wieder zum Frühschoppen. Ab 11 Uhr bietet auch der Megapark ein „Begrüßungsbier“.

Kulinarische Vielfalt

Beschränkte sich vor zehn Jahren das kulinarische Angebot noch weitgehend auf Bratwurst und Press-Schnitzel ist die Palette heutzutage um einiges reicher. Von frischem Fisch, Sushi, Bowls, Tapas, saftigen Steaks und beeindruckenden Burgern ist für jeden Hunger was dabei, inklusive Eisbein bei 32 Grad im Deutschen Eck. Sogar für Vegetarier gibt es mittlerweile ein akzeptables Angebot.

Die Sonnenuntergänge

Ein Paar stößt bei Sonnenuntergang in der Bar Purobeach in Cala Estancia am Strand Playa de Palma mit Champagner an Clara Margais/dpa

Die Sonnenaufgänge kann man an der Playa vollständig vergessen, aber die bekommt ja nüchtern eh kaum jemand mit. Aber die Sonnenuntergänge haben es in sich. Keiner gleicht dem anderen. Im Winter „plumpst“ der Fixstern optisch gern direkt ins Mittelmeer, im Hochsommer geht er hinter der Tramuntana unter. Nicht immer, aber ganz häufig ein massiv-romantisches Farbspektakel.

Die Flughafen-Anbindung

Vom Flughafen in die Lieblingskneipe in zehn Minuten – und umgekehrt. Das geht nur auf Mallorca. Das Taxi an den Ballermann kostet maximal 20 Euro. Und wenn der Flieger mal wieder Verspätung hat, wartet man halt in den Playa-Trinkhallen auf den Abflug. Es reicht momentan, eine Stunde vor Abflug am Sicherheits-Check-in aufzutauchen. Nur sollten Sie dabei einigermaßen nüchtern wirken.

Die lange Saison

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Die "Kölsche Woche" an der Playa de Palma hat begonnen

Während in Cala Ratjada, Magaluf und sogar auf Ibiza im September die Saison dem Ende entgegengeht, startet die Playa noch einmal richtig durch. Die Kölsche Woche mit viel rheinischer Gemütlichkeit im September, die großen Closings Ende Oktober. Und sogar im November geht es zum Teil noch hoch her, besonders in der Schinkenstraße. Selbst im Winter haben viele Lokale geöffnet. Und kaum ist es endlich ruhig, wird die kommende Saison geplant. Ende März geht es wieder los. Da liegt Rest-Mallorca noch im Winterschlaf.

Die Leichtigkeit des Seins

Es gibt Menschen, die lassen sich am Ballermann so richtig gehen. Raus aus dem Alltag in eine Welt des Abenteuers voller Gesang, Suff und möglichst häufig wechselnder Geschlechtspartner, denn Chorknaben und brave Lieschen verlaufen sich nur selten an den Sündenpfuhl. Das Motto meistens: morgens Strand und abends Party. Vier Tage lang. Dann geht es zurück mit unbezahlbaren Erinnerungen – falls Sie sich erinnern.

Alle sind gleich

Am Tresen soll die Welt genesen. Hier wird sich verbrüdert, verschwestert, geflirtet und geknutscht ohne jede Standesdünkel. Alle singen die gleichen Lieder, trinken aus den gleichen Gefäßen (Säulen, Eimern, neuerdings aus Gießkannen) und tragen die gleichen T-Shirts, die sie „gratis“ zu einem Liter-Getränk dazu bekommen. Bester Moment: Fußball-WM oder -EM, falls Deutschland mal wieder gewinnt.

Niemand ist allein

Party im Bierkönig Nele Bendgens

Selbst Alleinreisende finden hier sofort Anschluss und werden voll integriert. Am besten geht das im Bierkönig. Ein „Entschuldigung, kann ich mich dazustellen?“, reicht in der Regel. Der Small Talk ist recht einfach: Woher kommst du, wie lange bleibst du, in welchem Hotel wohnst du, was trinkst du? Fertig.

Der Sound des Strandes

Mickie Krause, Ballermann-Sänger.

Da stellt sich der Musikliebhaber ruhige kleine oder sphärisch melodischen Trance-Melodien vor, doch der Sound der Playa geht anders: Döpp, döpp, döpp oder Olé, olé, olé. Zotig, frivol, eingängig, zum Mitgrölen und Anbaggern. 1986 gab es den ersten Ballermann-Hit mit „Buenos días, Matthias“ von der Kölschen Band Paveier. Doch ein eigenes Musikgenre Ballermann-Partyschlager wurde erst Ende des Jahrtausends daraus. Erfunden hat es wohl 1998 Mickie Krause, der mit „Zehn nackte Friseusen“ den neuen Stil begründete. Lange geächtet, ist der Playa-Party-Sound mittlerweile ein florierender Zweig der Musikindustrie.

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