Es ist ein Nebenschauplatz im Kampf gegen die Pandemie auf den Balearen, aber er ist symbolischer Natur: Am Dienstag (31.3.) haben die ersten fünf Covid-19-Patienten das zum provisorischen Krankenhaus umfunktionierte Hotel Meliá Palma Bay bezogen. Ambulanzwagen brachten sie vom Krankenhaus Son Llàtzer zum Kongresshotel, dessen ersten Stock vergangene Woche Soldaten vorbereitet hatten. In den 35 Zimmern werden nach und nach Patienten mit wenig ausgeprägten Symptomen untergebracht, um die sich 20 Fachkräfte kümmern sollen. Bei Bedarf können dann auch die anderen Stockwerke hergerichtet werden. Und nicht nur das: Das balearische Gesundheitsministerium hat auch einen Plan in der Schublade, in der angeschlossenen Kongresshalle 24 Intensivbetten aufzustellen, wenn die Krankenhäuser ans Limit kommen sollten - die Vorbereitungen dafür laufen bereits.

Drohen Bilder wie aus dem Messezentrum Ifema in Madrid, das derzeit einem Feldlazarett gleicht? Die spanische Hauptstadt wie auch Katalonien sind die derzeitigen Epizentren der Pandemie, mit bereits mehr als 100.000 bestätigten Fällen und mehr als 9.000 Toten im ganzen Land. Prognosen wagt kaum jemand, aber im balearischen Gesundheitsministerium gibt es „vorsichtigen Optimismus", dass sich die im spanienweiten Vergleich moderate Kurve der Neuinfektionen in diesen Tagen stabilisiert und anschließend sinkt. Angesichts einer bis zu 14-tägigen Inkubationszeit müsste die seit 15. März geltende Ausgangssperre, die noch mal verschärft wurde, jetzt Wirkung zeigen.

Fest steht: Im Vergleich mit anderen Regionen gibt es auf den Balearen mit die wenigsten Fälle. Und: Die Kurve ist nicht exponentiell. Denn das würde bedeuten, dass die Werte beständig um den gleichen Faktor steigen. Die Zahlen auf den Inseln sind andere: Lag die Wachstumsrate am Mittwoch vergangener Woche bei noch 17 Prozent, sank dieser Wert auf zuletzt 5,8 Prozent: Bislang wurden nur einmal - am vergangenen Samstag (28.3.) - mehr als hundert Neuinfektionen an einem Tag gemeldet.

Alle Interpretationen stehen freilich unter dem Vorbehalt, dass die bislang geringe Zahl von Tests nur ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Lage erlaubt. Selbst die Gesundheitsbehörde räumte inzwischen ein, dass die offiziell bestätigten Fälle wohl nur 15 bis 20 Prozent der tatsächlichen Zahl ausmachen.

Gezählt wurden bis Mittwoch (1.4.) 1.131 Fälle auf den Balearen, 51 Patienten sind gestorben, 521 liegen in öffentlichen und privaten Krankenhäusern, 100 von ihnen auf der Intensivstation und 170 gelten als kuriert. Zu den positiven Nachrichten gehört etwa, dass fünf Patienten, von denen einige bis zu 16 Tage künstlich beatmet worden waren, inzwischen die Intensivstation verlassen konnten. Die dortigen Betten sind derzeit laut Gesundheitsbehörde erst gut zur Hälfte ausgelastet. Auch wenn angesichts der langen Inkubations- und Genesungszeit Vorsicht geboten ist, gebe es derzeit keine Sorge, dass mit einem Schlag Betten fehlen könnten, so Julio Velasco, Leiter der Intensivstation von Son Espases, gegenüber der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". Die verzögerte Ausbreitung der Pandemie auf den Balearen gebe Zeit, von den Fehlern anderer Regionen in Spanien zu lernen. Velasco geht aber davon aus, dass bald Patienten von Son Llàtzer, Inca und Manacor nach Son Espases verlegt werden müssen - und auch die Aufnahme von Patienten vom spanischen Festland schließt er nicht aus.

Mehr als die Kapazitäten machen derzeit die materiellen und personellen Ressourcen Sorgen: Die nötige Schutzkleidung für das Personal muss unter großem logistischem Aufwand importiert werden, und angesichts von 180 infizierten Fachkräften und weiteren 422 Angestellten in Quarantäne (Stand Mittwoch) klaffen Löcher in der Personaldecke.

Außerdem bleibt die Sorge um die Einrichtungen für Senioren und Menschen mit Behinderung - beide gehören zu den Risikogruppen. In balearischen Altersheimen wurden bislang 105 Fälle registriert (91 Bewohner, 14 Angestellte), sechs Personen sind verstorben. Bei insgesamt rund 4.600 Heimbewohnern machen die Positivtests demnach 1,9 Prozent aus. In den Behinderteneinrichtungen sind es bislang 39 Fälle (38 Bewohner, ein Angestellter) und drei Tote, was einem Anteil von 6,8 Prozent der Coronavirus-Fälle entspricht.

Anders gesagt: Es herrschen keine Madrider Zustände, aber die Lage ist weiter sehr angespannt.

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