Medikamentenmangel auf Mallorca: Welche Pillen derzeit nicht erhältlich sind

Meist gibt es eine Alternative. Ansonsten muss der Arzt erneut aufgesucht werden

In dieser Vielfalt sind Pillen mitunter gar nicht mehr zu erhalten.  | FOTO: ARANCHA TEJERO

In dieser Vielfalt sind Pillen mitunter gar nicht mehr zu erhalten. | FOTO: ARANCHA TEJERO / Ralf Petzold

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Das kann unter Umständen böse ausgehen: Man wird krank, der Arzt gibt ein Rezept mit, aber der Apotheker schüttelt nur den Kopf. 956 der gut 32.000 auf den Balearen zugelassenen Medikamente sind derzeit knapp. Und das sei kein Ausnahmezustand, sagt Antoni Real, Präsident des balearischen Apothekerverbands Cofib. „Es hat sich in den vergangenen Jahren zu einem chronischen Problem entwickelt, das sich in Zukunft vermutlich verschlimmern wird.“ Eine Krise des balearischen Gesundheitssystems sieht er trotzdem nicht. „In mehr als 90 Prozent der Fälle können die Apotheken ein alternatives Medikament mit dem gleichen Wirkstoff ausgeben und somit den Engpass umgehen.“

Wie kommen die Medikamente nach Mallorca?

Die spanischen und internationalen Pharmakonzerne haben die Produktion der meisten Medikamente aus Kostengründen nach China und Indien ausgelagert. Der Weg der Pillen bis nach Mallorca ist entsprechend weit. Eine Kooperative kauft die Arzneimittel im großen Stil ein und bringt sie in ein Zwischenlager nach Spanien. Die meisten davon befinden sich in Barcelona und Madrid. Von dort aus werden sie in die einzelnen Regionen an die Apotheken verteilt. „Die Zulieferung ist spanienweit daher gleich“, sagt Antoni Real. „Die Menge an Medikamenten wird anhand eines Bevölkerungsschlüssels bestimmt.“ Die Balearen machen knapp zwei Prozent der spanischen Einwohner aus. „Der Verteilungsschlüssel wird aber nur bei speziellen Medikamenten angewandt. Von den Klassikern wie Ibuprofen oder Paracetamol ist immer genügend da“, sagt Real.

Warum mangelt es an den Medikamenten auf Mallorca?

Die Gründe, warum ein Arzneimittel knapp wird, seien vielfältig, meint der Apotheker-Präsident. Einerseits könne es zu Problemen bei der Herstellung kommen. „Manchmal fehlen Rohstoffe, manchmal ist eine Produktionsserie verunreinigt“, sagt Real. Vor ein paar Jahren wies ein Medikament gegen Bluthochdruck Spuren krebserregender Nitrosamine auf. „Das Warum ist schwierig zu ermitteln. Jedenfalls muss die Produktion gestoppt und alle Maschinen müssen gereinigt werden. Das dauert eine ganze Weile. Die Lieferschwierigkeiten im Anschluss betreffen meist nicht nur ein Medikament.“

Besonders in der Zeit nach der Pandemie fehlte das Verpackungsmaterial für die Tabletten: „Deckel für die Töpfchen, die Alufolie, in der sie eingepackt sind, oder auch das Papier für die Beipackzettel“, sagt Real.

In anderen Fällen sorgt eine schlagartig gestiegene Nachfrage dafür, dass es zu Engpässen kommt. Die Urlaubersaison sei in der Regel kein Problem, sagt Real. Aber in den vergangenen Jahren sei etwa das Medikament Ozempic beliebt geworden. „Eigentlich wird das von der Krankenkasse finanziert, um Diabetes zu behandeln. Es ist aber auch ein gutes Mittel zum Abnehmen.“ Ozempic ist weiterhin rezeptpflichtig. Wer ein paar Pfunde zu viel auf die Waage bringt, bekommt es nicht auf die Schnelle in der Apotheke. „Aber manche Ärzte verschreiben es krankhaft übergewichtigen Menschen.“

Was tun, wenn ein Medikament vergriffen ist?

In etwa sieben Prozent der Fälle, in der ein Medikament gerade nicht verfügbar ist, gibt es größere Probleme, schätzt Real. Manchmal hätten die Apotheken dann zufällig die nötigen Rohstoffe da und könnten die Tabletten selbst herstellen. „Ansonsten bleibt nichts anderes übrig, als erneut zum Arzt zu gehen, damit er ein anderes Medikament mit ähnlicher Wirkung verschreibt.“ 0,3 Prozent der balearischen Bevölkerung müsse sich mit derartigen Hürden herumscheren. Vor allem Medikamente, die Einfluss auf das Nervensystem haben, sind davon betroffen. Als Lösung schlägt Real vor, die Produktion wieder vermehrt nach Europa zu verlegen und bei manchen Medikamenten die Preisschraube nach oben zu drehen.

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