Warum wachsen prächtig blühende Disteln nicht in unseren Gärten auf Mallorca? Diese Frage schrieb der Pflanzenexperte Pere Llofriu an die MZ. Im Anhang befanden sich Fotos von verschiedenen heimischen cardos und der Hinweis, dass sie jetzt zur Hochform auflaufen. Beigefügt waren ebenfalls Fotos von Zierdisteln in englischen Gärten, die der Mallorquiner von einer Englandreise mitbrachte. Sie zeigen die dornigen Widerspenstigen friedlich neben Lavendel und Zinnien.

Das ist kein Zufall. Zierdisteln sind aus den englischen Staudengärten nicht wegzudenken, die Gärtner dort pflanzen sie nicht nur neben sommerlichen Blühpflanzen in die Beete, sondern als markanten Blickfang auch in die Nähe eher unscheinbarer Grassorten.

In den Inselgärten sind die stachligen Gesellen noch nicht zu sehen. Dabei sind diese extrem trockentolerant und bieten Bienen, Schmetterlingen, Hummeln und anderen Insekten zu einem Zeitpunkt Pollen und Nektar, wenn viele Wildpflanzen längst verblüht sind.

Wie beliebt die hübschen Distelblüten bei den Nektarsuchern sind, ist auf einem Rundgang mit Llofriu in Marratxís Ortsteil „Es Figueral" zu beobachten. Der Mallorquiner betreut hier als Gärtner der Gemeinde die Wildareale. Hier umschwirren Insekten zwei Meter hohe, wild wachsende Distelstauden am Wegesrand, auf einem gepflügten Feld und im Torrente Coanegra. Kleine Sorten, die sich am Wegesrand ducken, ziehen ebenfalls Nektarsucher an. Hier in Kürze Pflanzenporträts einiger Distelsorten, die auf der Insel vorkommen.

Die schönen Wilden

Eine der spektakulärsten Blüten bildet die Wilde Karde (Dipsacus fullonum bot., cardencha silvestre span., pinta de moro kat.). Es handelt sich um eine zweijährige Art, die auch Zisternenpflanze genannt wird, weil sich in ihren Blattansätzen Wasser speichert. Im ersten Jahr bildet sie Blattrosetten, im zweiten die ovalen, röhrenförmigen Blütenstände, die am Anfang des Sommers mit blauen Blütenringen besetzt ist. „Weberkarde" wird die Pflanze genannt, weil Weber die stachligen Blütenköpfe zum Aufrauen von Wollstoffen nutzten. Ihre Wurzeln gelten auf der Insel heilsam gegen Magenbeschwerden.

Zu den Zweijährigen zählt ebenfalls die Spanische Golddistel (Scolymus hispanicus bot., cardillo span., card de moro kat,). Auch sie kann eine Höhe von zwei Metern erreichen. Blätter und Stängel sind behaart und mit Dornen besetzt. Die goldgelben Zungenblüten sind von dornigen Hüllblättern umgeben.

Der Ebensträußige Eberwurz (Carlina corymbosa bot., cardo cuco span., card negre kat.) wird höchstens 90 Zentimeter hoch. Blätter und Stängel sind grob stachelig und gezähnt, die ausdauernd blühenden, goldgelben Blütenköpfe bis zu vier Zentimeter breit, die Wilde Artischocke (Cynara cardunculus bot., cardo lechero span., card coler kat.) bildet bis zu zwei Meter hohe Stauden. Die im Schatten getrockneten lila Blütenblätter werden noch heute zur Gerinnung der Milch (cuajo) bei der Käsegewinnung eingesetzt. Wie auch die Gemüseartischocke enthält die Wilde Artischocke Bitterstoffe, wie beispielsweise das Inulin, das sich beim Kochen zu Fruchtzucker umwandelt und ohne Insulin abgebaut werden kann.

Auch der Feld-Mannstreu (Eryngium campestre bot., cardo corredor span., card corredor kat.) zählt zu den Heilpflanzen, er gilt als starkes Aphrodisiakum. Das mehrjährige Kraut wird bis zu 60 Zentimeter hoch, die Stängel sind stachlig und grau bis gelblich-grün gefärbt. Die Blütenkörbchen sind ebenfalls grün und von dornigen Hüllblättern umgeben.

Die Illyrische Eselsdistel (Onopordum illyricum bot., cardo borriquero span., bufassa illírica kat.) ist eine zweijährige Staude, die bis zu zwei Metern hoch werden kann. Die kugeligen oder eiförmigen Blüten sitzen an den Enden der stark bedornten Blüten und erreichen bis zu sechs Zentimeter Durchmesser. Zu erkennen ist die Illyrische Eselsdistel an ihren knallblauen Blütenblättern, die jedoch auch zartlila ausfallen können.

Die Blätter des Stahlblauen Mannstreu (Eryngium maritimum bot., cardo corredor marino span., card marí kat.) sind hart und graugrün, Blüten entwickelt der niedrige Strauch zwischen Juli und August. Sanddünen und Disteln sind gute Gefährten, denn ihre Wurzeln graben sich tief in den sandigen Untergrund und halten ihn fest.

Dieser Diestelart kann man jetzt an Mallorcas Küsten begegnen, sie öffnen ihre Blüten dann, wenn die Stauden in Marratxí längst Samen gebildet haben und nach und nach vertrocknet sind.