Als Jaume Deyà und Pablo Galera im Oktober vergangenen Jahres in der Gegend des Gorg Blau eine Höhle besuchten, war der Wasserstand zum Ende des regenarmen Sommers besonders tief. Wo sich sonst der Stausee erstreckte, wurden „Strukturen" sichtbar, wie es Deyà nennt - Reste von Behausungen und Keramikscherben. Nach einer Inspektion stand für die beiden Archäologen fest: Hier liegt ein unentdeckter Schatz.

Nach mehr als einem Jahr ­Forschungsarbeit spricht Deyà vom „wichtigsten Fund aus arabischer Zeit auf Mallorca". In dem Tal finden sich Zeugnisse seit der frühgeschichtlichen Besiedlung bis ins Mittelalter, wie der 27-Jährige erklärt: „Es ist wie ein Querschnitt durch die Geschichte Mallorcas." Dass die Überreste von Almallutx - der Name stammt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie „Feld, Wiese" - so lange unentdeckt blieben, liegt vor allem am Stausee: Das Tal war in den 70er Jahren geflutet worden, rund 95 Prozent der archäologischen Überreste lagen von da an während des Großteils des Jahres unter Wasser. Und davor wuchs dort ein ­Steineichenwald.

Auch wenn hier Zeugnisse bis zurück in die Zeit um 2.500 vor Christus zu finden sind, zieht vor allem der Zeitraum 1229 bis 1232 die Forscher in den Bann. Es ist die wahrscheinlich wichtigste Zäsur in der Geschichte Mallorcas: Der katalanische Eroberer Jaume I nahm die Insel ein und schlug die Araber nieder. Diejenigen, die dem Gemetzel entkamen, flüchteten in die Berge. In der Gegend des Gorg Blau dürfte sich ein bedeutendes Lager befunden haben, glaubt Deyà - auf dem 60.000 bis 70.000 Quadratmeter großen Gelände fanden sich nicht nur Reste von Behausungen und zwei Friedhöfen, sondern auch einer möglichen Moschee.

Das Problem: Die beiden Archäologen haben keine Institution im Rücken, sondern begannen die Arbeiten mit einer Genehmigung des Inselrats auf eigene Faust. Zwar versprach Inselratspräsidentin Maria Salom (Volkspartei, PP) bei einem Ortstermin, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Doch bislang müssen sich die Forscher mit freiwilligen Helfern und Spenden durchschlagen. „Dass es für so etwas kein Geld gibt, ist schon frustrierend", so Deyà. Immerhin genehmigten Palmas Stadtwerke Emaya, in deren Zuständigkeit die Stauseen Gorg Blau und Cúber fallen, die Arbeiten. Von den Hoteliers in Sóller gab es ein GPS-Gerät, vom Tunnelkonzessionär Werkzeug, das Museum Can Xoroi in Fornalutx stellt einen Raum zur Verfügung.

Dort werden nun die Funde auf Millimeterpapier eingezeichnet, Tonscherben, Erdproben oder Knochenreste katalogisiert. In einem der früheren Friedhöfe fanden sich mehr als 20 Skelette. „Alle sind mit dem Kopf in Richtung Süden gebettet, das Gesicht ostwärts und die Füße in nördlicher Richtung", so Deyà. Die Funde werden abgeglichen mit Beschreibungen aus überlieferten Texten, etwa auch von Eroberer Jaume I selbst.

Den Archäologen kommt zugute, dass das Leben in Almallutx 1232 ein abruptes Ende fand: Das Lager wurde nach heutigen Erkenntnissen von den Eroberern abgebrannt, die Überreste sich selbst überlassen. Und auch die Tatsache, dass die Tramuntana inzwischen Welterbe der Unesco ist, bietet einen idealen Rahmen für die weitere Erforschung - die beiden Jungforscher wollen auch Urlauber für das Kulturerbe Mallorcas begeistern.

Doch es bleibt viel Arbeit, und die Zeit drängt. Im Wasser verlieren Keramikstücke ihre Farbe, Knochen werden verwirbelt, Mauern verfallen. Der Stausee verzögert die Arbeiten zusätzlich: Taucher kämen zu teuer, ohnehin sei das Wasser trübe und verschlammt. Deyà und Galera müssen warten, bis sich das Wasser wieder zurückzieht. „Wir hoffen auf einen regenarmen Sommer im kommenden Jahr."

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