Die Online-Plattform Booking.com ist für Menschen, die einen Urlaub buchen wollen, eine feine und übersichtliche Sache. Nach Region aufgelistet erscheinen auf dem Bildschirm quasi alle Hotels und anderen Unterkünfte mit allen wichtigen Infos und dem Preis.

Bei Hoteliers und privaten Vermietern genießt Booking hingegen einen zweifelhaften Ruf. Denn das Unternehmen, das sich zumindest in Spanien eine marktbeherrschende Stellung aufgebaut hat und sich durch Provisionszahlungen nach einer Buchung finanziert, kann im Prinzip nach Lust und Laune die Geschäftsbedingungen diktieren.

Was es zurzeit wieder einmal tut. Booking ändert seine Provisionspolitik - zu seinen Gunsten. Die neuen Bedingungen sehen vor, dass die Online-Plattform in Zukunft nicht mehr nur bei der Buchung selbst verdient, sondern anteilig auch für jede Zusatzleistung, die der Gast später im Hotel bezahlt - auch, wenn Booking hier seine Finger gar nicht im Spiel hat.

So sollen unter anderem Serviceleistungen, wie ein zugebuchtes Frühstück, ein Spa-Besuch, ein Zusatzbett für Kleinkinder, ein ausgeliehenes Fahrrad oder eine Schönheitsbehandlung, mit Provisionen belegt werden. Und das ist noch nicht alles: Selbst an der inzwischen weitverbreiteten Erhebung einer Kurtaxe - oder auf Mallorca der Touristensteuer - sowie an Trinkgeldern für die Hotelangestellten will Booking in Zukunft mitverdienen. Eingeführt wurde die Änderung im Juni bereits in den USA, demnächst sollen Mittel- und Südamerika folgen, bevor dann die anderen Kontinente an der Reihe sind.

Den Hoteliers bleibt kaum eine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Denn Booking sei nun mal „ein notwendiges Übel", wie es der Inhaber eines kleinen Hotels im Südosten von Mallorca ausdrückt. Er möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Über Booking und seine Geschäftspraktiken zu sprechen, sei heikel, vor allem angesichts der Macht des Unternehmens. Derzeit liegt auf Mallorca für die meisten Hotels diese Provision zwischen 15 und 18 Prozent des Gesamtpreises.

Genaueres zu den Änderungen der Provisionspolitik ist von Booking nicht zu erfahren. Eine Pressestelle gibt es nicht. Booking hat Agenturen mit der Pressearbeit beauftragt. Die Antwort aus Deutschland auf die MZ-Anfrage, wann die neuen Bedingungen in Kraft treten und wie sie konkret aussehen sollen, wird mit nichtssagenden Floskeln beantwortet. Es sei Ziel von Booking, den Kunden transparente Informationen über den Gesamtpreis einer Ferienunterkunft zur Verfügung zu stellen und „für alle Unterkunftspartner gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen". „Aus diesem Grund sind wir bestrebt, den Prozess von Provisionserhebungen auf obligatorische Zusatzgebühren, welche die Kunden auf die entsprechenden Ferienunterkünfte zahlen müssen, zu aktualisieren."

Diese Aktualisierung kommt gar nicht gut an, weltweit laufen Hoteliers gegen die geänderten Bedingungen Sturm. Am lautesten ist die Entrüstung derzeit in Mexiko, wo die Regeln in Kürze gelten sollen. So sprach der Präsident der Hoteliersvereinigung von Cancún, der wohl bedeutendsten Urlauberregion in Mittelamerika, Roberto Cintrón, in einem Facebook-Video von einer „absurden Erpressung" vonseiten der Online-Plattform. Cintrón rief die Hoteliers des gesamten Landes dazu auf, nicht klein beizugeben und die geplanten Provisionen nicht zu zahlen. „Wir sollten keine Angst haben, diesen Teil unseres Geschäftes zu verlieren, wenn Booking angesichts unserer Weigerung die Geschäftsbeziehungen beendet."

Noch nichts Offizielles

Kämpferische Worte, doch ganz so einfach ist es wohl nicht. Ohne die Internet-Plattform dürften die Geschäfte bei vielen Hotels einbrechen. Eine Studie der Europäischen Vereinigung der Hotels und Gaststätten in Zusammenarbeit mit der Universität Wallis (Schweiz) von Juni 2018 bescheinigt den drei großen Buchungsplattformen Booking, Expedia und HRS in Europa einen Anteil von 26 Prozent an der Gesamtzahl der Buchungen - Tendenz steigend.

Gemeinsam vereinen die drei Plattformen 92 Prozent des Vermittlermarktes. Und davon wiederum fallen 66 Prozent auf Booking. „Booking und Expedia sind nun mal wichtig für uns", sagt eine Marketing-Expertin einer größeren Hotelkette auf Mallorca der MZ. Auch sie möchte lieber anonym bleiben. „Diese Plattformen werden immer versuchen, mehr rauszuholen." Darin unterschieden sie sich im Übrigen kaum von den Reiseveranstaltern.

Momentan habe Booking auf Mallorca noch nichts Offizielles in Bezug auf die geänderten Provisionsbedingungen verlauten lassen, heißt es aus der Branche. Gleichwohl verfolgen die Hoteliers auf der Insel aufmerksam die weltweite Berichterstattung. „Auseinandersetzungen mit Booking gehören zum Tagesgeschäft", sagt der Hotelier aus dem Südosten der Insel der MZ. „Das sind knallharte Vermittler."

Die mallorquinische Hoteliersvereinigung FEHM gibt zumindest vorerst noch keine Stellungnahme zu dem Vorhaben von Booking ab. Bisher habe die Online-Plattform keinen Kontakt zu ihren Kunden auf Mallorca aufgenommen - weder zur Vereinigung noch zu den einzelnen Unternehmern. Mit aufgeschreckt durch die MZ-Recherchen setze sich allerdings ein Team an das Thema, um möglichst bald die Hintergründe herauszufinden, wie es vonseiten der FEHM heißt.

Eine der zentralen Fragen ist dabei, wie weit Booking in Europa aufgrund der Gesetzeslage gehen darf. „Unsere Rechtsabteilung wird prüfen, ob es Booking aufgrund der Datenschutzbestimmungen in Spanien überhaupt möglich ist, sich in die Endabrechnung für jeden Kunden einzuklinken", sagt der Inhaber des Hotels im Südosten von Mallorca. Anders sei es nun einmal nicht möglich, die Provisionen für Zusatzleistungen im Hotel abzurechnen. Ärger ist vorprogrammiert.