Das Beben im spanischen Königspalast nach der Ankündigung von Altkönig Juan Carlos, Spanien zu verlassen, schürt auch die öffentliche und politische Debatte auf Mallorca. Und zwar nicht nur, weil die Königsfamilie sich diese Tage zum Mallorca-Urlaub angemeldet hat (siehe unten). Auch für die auf den Balearen regierende Linkskoalition birgt die Krise der Monarchie politischen Zündstoff. Denn während sich die Sozialisten staatstragend geben und darauf pochen, dass es mit der Corona-Krise zur Zeit dringendere Probleme zu lösen gebe, preschen die beiden linken Koalitionspartner Unidas Podemos (UP) und Més per Mallorca voran: Für sie ist Spanien nun endgültig reif für eine Republik, in der das Staatsoberhaupt vom Volk gewählt wird.

Més-Sprecher Antoni Noguera kritisierte die „Korruption in der Königsfamilie" und forderte Felipe VI. offen zum Abdanken auf. Die Bürger sollten nun ein Referendum abhalten, „damit das Volk darüber entscheidet, ob es in einer Monarchie oder in einer Republik leben will", so der ehemalige Bürgermeister von Palma am Dienstag (4.8.). Für die kommende Sitzung des Stadtrats kündigte Noguera an, erneut einen Antrag zu stellen, die beliebte Plaça Rei Joan Carles I (katalanisch für Platz Juan Carlos I.) in Schildkrötenplatz (Plaza de las Tortugas) umbenennen zu lassen. So heißt der Platz an der Stirnseite des Borne-Boulevards schon jetzt im Volksmund, da auf dem Springbrunnen kleine Schildkröten zu sehen sind.

Auch der UP-Fraktionssprecher im Balearen-Parlament, Alejandro López, schlug einen kämpferischen Ton an. In Bezug zur „Flucht" des Alktönigs Juan Carlos erklärte er im Interview mit dem Radiosender IB3: „Das ist ja wohl die letzte Schmach, die man Spanien zufügen kann." Da es darum ginge, „mutmaßliche Korruptionsfälle und Steuerflucht" aufzudecken, sei es die Pflicht des Altkönigs „als gutes Vorbild zu dienen, in Spanien zu bleiben und der Justiz zur Verfügung zu stellen", so López. Würde „irgendein anderer Spanier" in so einem Fall versuchen, das Land zu verlassen, „würde man ihm sagen, dass er hierbleiben muss", stellte UP-Sprecher klar. Ähnlich äußerte sich die Generalsekretärin der Partei, Mae de la Concha: „In einer echten Demokratie sollte gleiches Recht für alle gelten", sagte De la Concha: „Es hat eine gewisse Ironie, dass es just die Mitglieder der Königsfamilie sind, die dafür sorgen, dass die Monarchie immer mehr hinterfragt wird. Sie waren nicht auf der Höhe der Zeit, und damit provozieren sie selbst die immer stärkere Ablehnung."

UP und Més bereiten sich nun darauf vor, nach der Sommerpause eine politische Offensive zu starten, um die mutmaßliche Korruption des Altkönigs in allen Institutionen zu verurteilen und Straßennamen und Plätze umzubenennen, die nach dem inzwischen in Ungnade gefallenen Altkönig benannt worden sind. Zudem sollen dem ehemaligen Staatsoberhaupt sämtliche Ehrentitel entzogen werden. Auch die königliche Sommerresidenz auf Mallorca, den Marivent-Palast, will man dem Volk zurückgeben.

Den Sozialisten dürfte es vor solchen Abstimmungen grauen. Schließlich ist das Bekenntnis zur Republik ein Identifikationsmerkmal vieler spanischer Linker, einschließlich vieler Sozialisten. Doch inmitten der Corona-Krise will man keinesfalls eine Diskussion über die Staatsform vom Zaun brechen. „Im Moment konzentrieren wir Sozialisten uns auf das, was die Bürger auf den Inseln zur Zeit am meisten beschäftigt - wir wollen effektive Politik für alle machen, die am meisten von der Covid-19-Krise betroffen sind", heißt es lapidar in der Parteizentrale.

Die konservative Opposition im Balearen-Parlament beschränkt sich indes darauf, die wichtige Rolle des Altkönigs hervorzuheben, die dieser beim Übergang zur Demokratie spielte. Ciudadanos-Sprecher Joan Mesquida, betonte dass auch für den Altkönig die „Unschuldsvermutung" gelte. Der ehemalige konservative Balearen-Premier José Ramón Bauzá twitterte: „Es war eine Ehre, ihn als König zu haben, trotz aller Fehler."