Insolventer Bike-Hersteller Urban Drivestyle: Wird ein MZ-Leser auf Mallorca seine 3.240 Euro jemals zurückbekommen?

Der Anbieter versprach auf Mallorca eine neue Mobilität. Mittlerweile ist er insolvent. Und mindestens ein Rad kam nie an

Das Modell Uni Viper, von dem Dürig wohl nur noch träumen kann. | FOTO: EBIKE24.COM

Das Modell Uni Viper, von dem Dürig wohl nur noch träumen kann. | FOTO: EBIKE24.COM / Simone Werner

Simone Werner

Simone Werner

Thomas Dürig ist sauer. Die 3.240 Euro, die er im Herbst 2022 für die Bestellung eines Fahrrads gezahlt hat, kann er sehr wahrscheinlich abschreiben. Seit sieben Jahren ist der Mallorca-Liebhaber regelmäßig auf der Insel, hat in Porto Cristo eine Wohnung. Am liebsten bewegt er sich per Fahrrad fort. Also dachte er sich: „Ein BMX-E-Bike ist die beste Lösung. Ich fahre viel über Schotter. Mit normalen Fahrrädern würden meine Touren wohl öfter mit einem Platten enden. Also habe ich im Internet nach Rädern mit besonders dicken Reifen geschaut und bin auf Urban Drivestyle gestoßen. Die Reifen dieser Bikes sind quasi unkaputtbar“, erzählt der 57-jährige gelernte Koch.

Als Start-up von Mallorca-Residenten gegründet

Urban Drivestyle ist von zwei auf Mallorca lebenden Start-up-Unternehmern gegründet worden: Julia Emmert und Ossian Vogel. Die Firma vermietete und vertrieb die in Berlin gefertigten Räder auch auf der Insel. Dürig rief in einem Urban-Drivestyle-Laden an der Playa de Palma an, um zu fragen, ob er ein im Internet bestelltes Rad dort dann zusammengebaut abholen könne. Kein Problem, sei die Antwort gewesen. Das auserkorene Modell Uni Viper kaufte Dürig im September 2022 über die Website. „Die Bestellung fand im Rahmen eines Vorverkaufs von 100 Stück eines neuen Modells statt, das Urban Drivestyle erst kurz zuvor entwickelt hatte und erst noch produzieren wollte. Den Prototypen gab es aber schon.“

Wann kommt das Rad auf der Insel an?

Laut den Informationen, die Dürig im Rahmen der Bestellung erhielt, sollte das Rad im Januar 2023 auf die Insel geliefert werden. Samt Lieferkosten nach Palma, wo er es im Geschäft an der Playa hätte abholen sollen, zahlte der Rad-Liebhaber die über 3.000 Euro per Banküberweisung in drei Raten. Er erhielt eine Bestellbestätigung und eine Rechnung. Bis dahin lief alles normal.

Bangen um die Bestellung

Wenige Wochen später bekam der Mallorca-Liebhaber allerdings mit, dass das Geschäft an der Playa eine „Black November“-Aktion organisierte. Dabei seien sämtliche dort vorrätigen Räder günstig verkauft worden. Auf sein Fahrrad hingegen wartete er weiter sehnsüchtig. Als er bei der Firma in Berlin nachfragte, ob alles nach Plan laufe, sagte man ihm, dass das Rad statt im Januar im März käme. Dürig blieb misstrauisch. Im November fand er im Impressum der Website dann die Bestätigung für sein komisches Bauchgefühl: „Unter Insolvenz, Amtsgericht Berlin Charlottenburg“ stand dort. Der Insolvenzantrag datiert vom 15. November.

Zurücküberweisung nicht möglich

Dürig fragte erneut bei den Geschäftsführern und Mitarbeitern in Berlin wie auch auf Mallorca nach. Falls es Probleme mit der Lieferung gäbe, hätte er zumindest gerne zeitnah sein Geld zurück. Alles, was dabei herauskam, war eine E-Mail aus Berlin. Darin schilderten die Verantwortlichen, dass sie ein hartes Jahr gehabt hätten und dass sie, „dadurch, dass ich das Rad vorbezahlt hatte, mir das Geld nicht zurücküberweisen könnten“, so Dürig.

Alternativmodell als Ersatz

Dass sein Fahrrad wohl niemals mehr bei ihm ankommen würde, war eine Sache. Eine andere, dass Urban Drivestyle ihm keines der Bikes angeboten hatte, die bei der Ausverkauf-Aktion an der Playa angeboten wurden. „Ich wäre nicht so verbohrt gewesen, darauf zu pochen, dass sie mir mein Wunschmodell produzieren müssen, sondern hätte auch ein anderes genommen“, stellt der 57-Jährige klar. Zudem sei zwischen seinem Kauf bei der Urban Drivestyle GmbH in Berlin und der Verkaufsaktion in Palma so wenig Zeit vergangen, dass Dürig sich sicher ist, dass das Thema Insolvenz damals schon im Raum stand. „Die wussten garantiert schon, dass sie pleitegehen. Wieso haben sie dennoch einen Pre-Sale gemacht?“, wirft der Kunde dem Anbieter vor. „Ich bin vor allem menschlich enttäuscht. Die über 3.000 Euro musste ich mir schließlich auch hart erarbeiten.“

Das sagen die Verantwortlichen

Laut dem der MZ vorliegenden Insolvenzbericht geriet Urban Drivestyle unter anderem wegen teils pandemiebedingten Lieferschwierigkeiten in Asien sowie einem gescheiterten Großauftrag in Schwierigkeiten. Versuche, einen der Verantwortlichen auf Mallorca oder in Berlin zu erreichen, laufen trotz verschiedener Kanäle zunächst ins Leere.

Wenig Hoffnung für den MZ-Leser

Erst nach Wochen erreichen wir Kai Pester, der in Berlin den Vertrieb der Urban Drivestyle GmbH geleitet hat. „Ich kann Herrn Dürig leider wenig Hoffnung machen“, sagt er. Absichtlich sei aber keiner der Kunden abgezockt worden. „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“ Einen Ausverkauf auf Mallorca, gibt er zu, habe es gegeben. „Dazu ist man als Gesellschaft im Insolvenzfall gezwungen.“ Es habe sich jedoch nur um lagernde oder halbfertige Ware gehandelt, keine noch anzufertigenden Sonderproduktionen. Die Forderungen von Gläubigern, die aus dem Zeitraum vor der Insolvenzantragstellung stammen, dürfen nach dem Gesetz nicht beglichen werden. Laut Pester handelt es sich bei Dürigs Fall demnach um „knallhartes Insolvenzrecht“. Er selbst finde das auch unfair. Es täte ihm leid, dass es so gekommen sei.

Hilfe für andere Gläubiger: Wer ebenfalls von der Insolvenz der Urban Drivestyle GmbH betroffen ist, kann sich hier melden: brl-insolvenz.de

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