Zerstückelte Leiche in Thailand: Spanien debattiert über Geständnis von Schauspieler-Sohn

Ein Sohn und Enkel bekannter spanischer Schauspieler hat auf Kho Phangan in Thailand einen Kolumbianer getötet. Der Fall beschäftigt derzeit das ganze Land – aus mehreren Gründen

Thailändische Polizisten führen den geständigen Daniel Sancho ab.  | F.: SOMKEAT RUKSAMAN

Thailändische Polizisten führen den geständigen Daniel Sancho ab. | F.: SOMKEAT RUKSAMAN / Frank Feldmeier

MZ

Während auch Spaniens Politiker im Urlaub weilen und es nichts wirklich Neues im Vorfeld der Verhandlungen für eine Regierungsmehrheit gibt, beschäftigt das Kapitalverbrechen eines Spaniers in Thailand die Medien. Der Fall hat alle Zutaten, die große Aufmerksamkeit sichern. Die Brutalität: Das Opfer wurde nach der Ermordung zerstückelt und in Müllsäcken entsorgt. Die Prominenz des geständigen Täters: Daniel Sancho ist Sohn des Schauspielers Rodolfo Sancho („Isabel“) und Enkel des Schauspielers Sancho Gracia („Curro Jiménez“). Auch das Vorgehen der thailändischen Strafbehörden ist bemerkenswert. Sie führen die Ermittlungen praktisch öffentlich, es gibt ständig neue Informationen und Details aus erster Hand.

Was ist passiert? Daniel Sancho hat sich am Samstag (5.8.) schuldig bekannt, den kolumbianischen Chirurgen Edwin Arrieta auf der Insel Koh Phangan, wo sich die beiden im Urlaub getroffen hatten, getötet und zerstückelt zu haben. Tatort war mutmaßlich am 2. August ein Bungalow unweit des Strandes, wo die Polizei Blut des Opfers gefunden haben soll. Zu der Tat sei es bei einem Zornausbruch gekommen, Arrieta sei mit dem Kopf an der Badewanne aufgeschlagen. Zwei Tage zuvor hatte Sancho eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Sancho befindet sich in Untersuchungshaft. Bei dem Prozess in Thailand droht ihm eine Haftstrafe zwischen 15 Jahren und lebenslänglich, theoretisch könnte auch eine Todesstrafe ausgesprochen werden.

Der Anwalt des Verdächtigen, Khun Anan, räumte am Dienstag auch vor spanischen Journalisten das Geständnis seines Mandanten indirekt ein. "Er ist entspannt und ruhig. Er weiß, was er getan hat." Man werde nun die Verteidigungsstrategie vorbereiten. Der Vater hält sich nach Medienberichten seit Anfang der Woche in Thailand auf, ebenso wie viele kurzfristig entsandte spanische Journalisten.

Bilder der Überwachungskamera

Der Verdacht fiel praktisch sofort auf den 29-Jährigen, der sich in Spanien als Koch einen Namen zu machen versuchte. So wurden am Freitag auf einer Müllhalde Leichenteile und Kleidung des Opfers gefunden. Das Video einer Überwachungskamera, das die Behörden veröffentlichten, zeigt Sancho in einem Supermarkt, wie er Messer, eine Säge, Müllsäcke, Gummihandschuhe und Reinigungsmittel an der Kasse bezahlt. Als der Spanier die Vermisstenanzeige aufgab, fielen den Polizisten zudem Stich- und Kratzwunden auf.

Die mutmaßlichen Motive teilte der Beschuldigte selbst mit – sein Handy durfte er trotz seiner Festnahme offenbar zumindest zeitweise behalten. In einem Interview mit dem TV-Magazin „El programa del verano“ beschrieb er einer spanischen Journalistin sein Verhältnis mit dem Opfer: „Dieser Mann hielt mich gefangen und bedrohte meine ganze Familie. Wenn ich nicht tun würde, was er von mir verlangt … Er sagte mir, dass ich bereits wisse, was Kolumbien sei und wozu ein Mann mit 100 Millionen Dollar fähig sei.“ Er habe keine Beziehung mit dem Opfer gehabt, Arrieta sei vielmehr von ihm besessen gewesen, er habe gewollt, dass er sein Geschäftspartner und sein Geliebter sei. „Er hat mich dazu gebracht, meine Beziehung zu meiner Freundin zu zerstören, er hat mich dazu gebracht, Dinge zu tun, die ich nie tun würde.

Mit der Polizei im Restaurant

Genauso bemerkenswert wie das Interview sind auch dessen Umstände. Sancho versicherte der Journalistin, dass er mit der Polizei im besten Hotel der Stadt zu Abend gegessen habe. Die Ermittler behandelten ihn sehr gut – zum Dank für seine Kooperation bei der Vernehmung. Jetzt gehe es aber wirklich in den Knast. Er habe sich bei der Vernehmung unwohl gefühlt, sei aber von der Polizei nicht unter Druck gesetzt worden.

Derlei Aussagen sind wohl auch der Grund, warum die Ermittler in Thailand derart transparent mit dem Fall umgehen. Wie sogleich von spanischen Medien befragte Rechtsexperten ausführten, will das asiatische Reiseland, das sich weiterhin von der coronabedingten Besucherflaute erholt, offenbar erst gar keine Vorwürfe aufkommen lassen, ausländische Verdächtige schlecht zu behandeln – Erfahrungswerte aus früheren Fällen, die international Schlagzeilen machten und an der (Rechts-)Sicherheit des Landes zweifeln lassen könnten. Zuletzt wurde am 10. Juli in der thailändischen Stadt Pattaya die Leiche eines deutschen Immobilienmaklers gefunden – zerstückelt in einer Kühltruhe.

Keine Auslieferung vorgesehen

Wie geht es nun weiter? Sancho wurde inzwischen in ein Gefängnis in Koh Samui im Süden des Landes eingewiesen, in Isolationshaft, wie es nach wie vor das Corona-Protokoll vorschreibt. Der Bericht der Ermittler soll innerhalb von drei Wochen erstellt werden. Nach Informationen der Zeitung „El País“ soll der Vorwurf des vorsätzlichen Mordes und der Tatverschleierung erhoben werden. Eine Auslieferung ist mangels Abkommen mit Thailand nicht möglich, aber offenbar soll versucht werden, dass Sancho zumindest einen Teil der Haftstrafe in Spanien absitzen kann.