Route Algerien-Mallorca: Kommen in diesem Jahr weniger Bootsmigranten?

Die meisten Passagiere auf der unsicheren Reise sind volljährige Männer aus verschiedenen Ländern. Die Rückführung der Algerier ist lahmgelegt, wie die Staatsanwaltschaft berichtet

Die Guardia Civil unterwegs zu einem Boot. FOTO: DM

Die Guardia Civil unterwegs zu einem Boot. FOTO: DM

Isa Hoffinger

Isa Hoffinger

Am Mittwoch (13.9.) gegen 9.50 Uhr haben die Seenotrettung der Balearen und die Guardia Civil erneut ein Boot mit etwa zwanzig Menschen nordafrikanischer Herkunft geborgen, das westlich von der Insel Cabrera auf dem Wasser gesichtet worden war. Das geht aus einer Pressemitteilung der Guardia Civil hervor.

Bei der Überfahrt von Afrika nach Europa sterben seit Jahren viele Menschen. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) werden seit Beginn des Jahres 2023 insgesamt 2.096 Menschen vermisst. Vermutlich sind sie im Mittelmeer ertrunken

So viele Menschen wie schon lange nicht mehr nehmen seit Januar die gefährlichen Mittelmeer-Routen. Besonders dramatisch ist die Situation auf der zentralen Route über Tunesien nach Italien. Mehr als 100.000 Menschen kamen dort bis Mitte August 2023 an. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl damit verdoppelt.

Solche Schlauchboote kentern oft in Stürmen.

Solche Schlauchboote kentern oft in Stürmen. / Francisco Seco

In Spanien ist die sogenannte irreguläre Einwanderung im ersten Halbjahr 2023 um 11,35 Prozent zurückgegangen. Das geht aus dem jüngsten Migrationsbericht des spanischen Innenministeriums hervor. Entspannt ist die Lage aber keineswegs: Regelmäßig verliert sich auch in den Gewässern vor der Iberischen Halbinsel die Spur von Menschen, die wohl im Massengrab Mittelmeer liegen.

Migranten aus Mali und Guinea

Offenbar befördern die Boote, welche die Inseln auf den Balearen ansteuern, inzwischen häufiger als früher Passagiere mit verschiedenen Nationalitäten, auch wenn sie in der Regel alle aus Algerien kommen. Das stellte Concepción García de Prado, der stellvertretende Staatsanwalt, der für den Bereich Einwanderung zuständig ist, anlässlich der Präsentation eines Berichts für das Jahr 2022 fest, wie die Online-Zeitung "Cronica Balear" am Mittwoch (13.9.) berichtet. Beispielsweise befanden sich in einem der am 28. Dezember des vergangenen Jahres entdeckten Boote sieben Migranten aus Algerien, aber auch 13 aus Guinea und zwei aus Mali.

Auch Frauen an Bord

In den meisten Fällen handelt es sich bei den Passagieren um volljährige Männer, es sind aber auch Frauen und Kinder darunter. So waren an Bord eines Bootes, das Seenotretter am 28. Dezember 2022 orteten, eine erwachsene Frau und zwei minderjährige Mädchen. Im Schnitt dauert die Überfahrt 24 Stunden.

121 Boote kamen im Jahr 2022 auf dem Archipel an, 27 davon im Dezember. 439 Ankömmlinge zählten Behörden allein im letzten Monat des Jahres, 25 davon waren unbegleitete Minderjährige, weitere zehn Kinder und Jugendliche waren in Begleitung. Für sie wurde keine Unterbringung in Ausländerzentren (CIE) angeordnet. Die Haftmaßnahmen wurden im Jahr 2022 „reduziert“, so heißt es etwas unbestimmt in dem Bericht der Staatsanwaltschaft.

Keine Rückführung von Algeriern

Die Rückführungen algerischer Staatsbürger sind offenbar lahmgelegt. Julio Cano, der oberste Staatsanwalt der Balearen, hebt in dem Bericht „die besondere Verletzlichkeit von Migranten“ hervor, die sich auf den Balearen befinden. Die Migration habe auf den Balearen eine bisher unbekannte Dimension angenommen: Im Jahr 2022 kamen bis zum 28.12. insgesamt 2.511 Bootsmigranten auf den Balearen an, das waren 109 mehr als im Jahr 2021. Das weitere politische Vorgehen ist unklar.

Abschottung ist keine Lösung

Angesichts der momentanen Situation setzen die meisten EU-Staaten auf Abschottung, schnellere Abschiebungen und eine bessere Grenzsicherung. Von einer solidarischen Lösung bei der Frage der Verteilung ist die EU derzeit weit entfernt.

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