Gerichtsurteil auf Mallorca: Corona-Maßnahmen an der Schinkenstraße waren rechtswidrig
Geklagt hatte ein Unternehmer. Die Regierung hatte im Sommer 2020 per Dekret die Betriebe in fünf Partyzonen verboten
Das balearische Gesundheitsministerium hat vor dem Obersten Gerichtshof der Balearen eine bittere Niederlage kassiert. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die im Sommer 2020 erlassenen Sondermaßnahmen für bestimmte Partyzonen im Zuge der Corona-Pandemie rechtswidrig waren. Geklagt hatte ein Unternehmer.
Das Dekret wurde im Juli 2020 verabschiedet. Zu dem Zeitpunkt befand sich das Land im Öffnungsprozess nach dem Lockdown, der im März begonnen hatte. Die damalige linke Balearen-Regierung gestattete die Öffnung von Gastronomie-Betrieben, solange gewisse Sicherheitsmaßnahmen gewährleistet werden konnten. Zu den Vorgaben gehörte unter anderem eine Begrenzung der Gästezahl und ein ausreichender Sicherheitsabstand.
Schließung von Lokalen in fünf Partymeilen
Am 15. Juli aber entschloss sich die Balearen-Regierung, die Lokale in fünf Partymeilen zwei Monate lang per Dekret zu schließen, darunter die so genannte Schinkenstraße sowie die Bierstraße an der Playa de Palma und die Punta Ballena in Magaluf. Wenige Tage zuvor waren Fotos und Videos von Partyurlaubern veröffentlicht worden, die sich offensichtlich nicht an die Sicherheitsmaßnahmen hielten. Um die Urlaubssaison nicht zu gefährden, entschloss sich die Landesregierung zu dem drastischen Schritt und verordnete strenge Polizeikontrollen.
Einer der betroffenen Unternehmer klagte, weil er sein Lokal gegenüber anderen Betrieben in den Urlauberhochburgen benachteiligt sah. Seiner Ansicht nach war die komplette Schließung auch nicht berechtigt. Die Landesregierung hingegen verteidigte vor Gericht die Maßnahme. Nicht nur sei es zu unkontrollierten Situationen in den betroffenen Lokalen gekommen. Auch die Anwohner hätten sich über das erhöhte Ansteckungsrisiko beschwert.
Kein einziges Gutachten eingereicht
Der Oberste Gerichtshof der Balearen gab dem Unternehmer recht. Demnach müsse bei allen einschränkenden Maßnahmen abgewogen werden, inwieweit die geforderten Opfer angesichts des zu schützenden Rechts gerechtfertigt sind. Die Richter erkannten zwar an, dass man sich in einer schwierigen Situation befand – und dass es vor allem darum ging, Ansteckungen zu vermeiden. Sie kritisieren aber, dass die Regierung kein einziges Gutachten eingereicht habe, das die konkreten Einschränkungen rechtfertigt. Es wurden lediglich Dokumente bezüglich der allgemeinen Ansteckungssituation zu dem Zeitpunkt präsentiert.
Zudem gebe es keinerlei Erkenntnisse darüber, wie viele der Urlauber, die sich auf den Fotos und Videos nicht an die Regeln hielten, tatsächlich angesteckt hatten. Die öffentliche Besorgnis aufgrund des beschämenden Verhaltens der Touristen sei allein keine Rechtfertigung. Das Gericht kam deshalb zu dem Schluss, dass die betroffenen Lokale unverhältnismäßig benachteiligt wurden, da ähnliche Lokale ein paar Straßen weiter geöffnet bleiben durften.
Das Urteil kann vor dem Obersten Spanischen Gerichtshof angefochten werden. /pss
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