Freie Sprachwahl im Schulunterricht auf Mallorca: Es brodelt weiter

Lehrergewerkschaften lehnen Pläne der Regierung strikt ab. Spanisch-Befürworter gehen bereits davon aus, dass sich nichts ändern wird

Bildungsminister Antoni Vera bei einer Pressekonferenz am Freitag (3.11.).

Bildungsminister Antoni Vera bei einer Pressekonferenz am Freitag (3.11.). / Manu Mielniezuk

Ciro Krauthausen

Ciro Krauthausen

Wer geglaubt hatte, dass sich mit dem zwischen der konservativen Balearen-Regierung und der rechtsextremen Vox-Partei ausgehandelte Kompromiss die Wogen im Streit um die Unterrichtssprachen an Mallorca Schulen legen würden, wird eines anderen belehrt: Sämtliche Lehrergewerkschaften lehnen die Pläne strikt ab, die größte unter ihnen, STEI, verließ einen von Bildungsminister Antoni Vera einberufenen Runden Tisch am Montag (3.11.) sogar schon nach 20 Minuten unter Protest. Der Vorstoß des Rechtspaktes sei "unverantwortlich" und entbehre jeglicher "pädagogischer Motivation", hieß es bei STEI.

PP und Vox hatten nach langem Ringen am Freitag (3.11.) in Palma eine Vereinbarung vorgestellt, die "dort, wo es möglich ist" und zunächst nur bis zur zweiten Klasse schon im kommenden Schuljahr die Möglichkeit eröffnet, Spanisch oder Katalanisch als bevorzugte Unterrichtssprache zu wählen. Derzeit wird in einem Großteil der öffentlichen und öffentlich bezuschussten Schulen (concertados) auf Katalanisch unterrichtet. Die Wahlmöglichkeit soll dann "auf freiwilliger Basis" im Laufe der Legislaturperiode auch auf die anderen Klassenstufen ausgeweitet werden. Die Schulen entscheiden selbst, ob sie sich daran beteiligen oder nicht.

Der Bildungsminister Antoni Vera mag sich noch nicht festlegen

Wie genau der Unterricht aufgeteilt werden soll, ist unklar: Bildungsminister Antoni Vera bleibt auf Nachfragen im Ungefähren. Lehrergewerkschaften, Schulleiter und Elternverbände verweisen darauf, dass die freie Sprachwahl eine Verdoppelung des Unterrichts bedeuten würde, die dafür benötigten Klassenräume und Lehrkräfte aber gar nicht vorhanden sind.

Eine Aufteilung der Schülerschaft in spanischsprachig und katalanischsprachig ist außerdem rechtlich umstritten. Zudem könnte sie gegen das sogenannte Decret de Mínims von 1997 verstoßen. Es schreibt vor, das mindestens die Hälfte des Unterrichts auf Katalanisch erfolgen muss. In der Mittel- und Oberstufe naturwissenschaftliche Fächer ausschließlich auf Spanisch zu unterrichten, liefe dem zuwider.

Die Schulleiter, Elternverbände und Lehrergewerkschaften auf Mallorca und den Nachbarinseln gehen praktisch geschlossen davon aus, dass in Sachen Unterrichtssprache gar kein Handlungsbedarf besteht. Auch der größte Verband der öffentlich bezuschussten kirchlichen Schulen, Escola Católica, hatte sich im gegen Experimente ausgesprochen und begrüßte nach Bekanntgabe der Vereinbarung, dass die Änderungen nur auf freiwilliger Basis erfolgen sollen.

"Wer nicht will, macht eben nicht mit"

"Es macht mit, wer mag. Wer nicht will, macht eben nicht mit und es bleibt beim Alten", bestätigte am Montag noch einmal Bildungsminister Antoni Vera. Eben diese Freiwilligkeit ist allerdings den Hardlinern unter den Spanisch-Befürwortern bereits jetzt ein Dorn im Auge: "Indem die Entscheidung bei den Schulen belassen wurde, ist in Wahrheit vereinbart worden, dass sich nichts ändert. Wo die Schulen entscheiden, entscheiden nicht die Eltern", heißt es bei der Plattform "Escuela de Todos".

Noch mag das die Vox-Partei nicht so sehen. Sie vertraue darauf, dass der Bildungsminister "alles ihm in der Hand stehende tun wird, um den Plan effektiv umzusetzen", sagte am Montag die inoffizielle Vox-Sprecherin Idoia Ribas. Die rechtsextreme Partei hatte die Möglichkeit, Schüler aller Klassenstufen praktisch ab sofort auf Spanisch zu unterrichten, lautstark gefordert und davon ihre Zustimmung für den Haushalt abhängig gemacht. Letztlich seien die Vox-Unterhändler dann aber von der "PP über den Tisch gezogen worden", wie konservative Politiker am Wochenende gegenüber der MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" frohlockten.

Abonnieren, um zu lesen