Weihnachten naht mit Riesenschritten. Christen in aller Welt feiern die Geburt von Jesus Christus. In den Anfangsjahren der Christenheit allerdings war das wichtigere Datum der 25. März. An diesem Tag begingen die Gläubigen Mariä Empfängnis. Erst im 3. Jahrhundert ging daraus Weihnachten hervor, gewissermaßen das Fest zum Ablauf der Schwangerschaft Marias.

Zu jener Zeit waren die ersten Christen bereits auf Mallorca angekommen. „Wobei man die Geschichte des Christentums auf der Insel nicht isoliert betrachten kann", sagt Kurt Blank. Der pensionierte Informatiker aus der Nähe von Forchheim in Oberfranken lebt in Cala Murada und hat vor fünf Jahren das Buch „Die Geschichte Mallorcas und sein Christentum" verfasst. Blank ist tief in die Materie eingestiegen und sagt: „Durch die zunehmende Eroberung des Mittelmeerraumes durch die Römer kam es zu lebhaften Handelsbeziehungen. Und somit neben dem Austausch von Waren auch zu Wanderungsbewegungen der Menschen."

Mallorca war schon seit dem Jahr 123 vor Christus von den Römern besetzt. Die neue Religion verbreitete sich im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt zunächst in Rom und Jerusalem, dann im gesamten römischen Einflussbereich. „Die Römer tauschten die Soldaten in ihren Kolonien alle vier bis fünf Jahre aus, und somit kamen nach und nach immer mehr Menschen mit christlicher Prägung auf die Insel", sagt Blank.

Politisch gesehen trug zur Ausbreitung des Christentums auch die stabile politische Lage unter Kaiser Augustus bei, die als „Pax Aeterna" in die Geschichte einging. Ob neben den Soldaten auch Kaufleute oder gar Missionare ihren Anteil hatten, das Christentum nach Mallorca zu bringen, ist unklar. Manche Forscher, wie etwa der spanische Historiker Lorenzo Pérez, sehen sogar Hinweise auf einen überaus prominenten Christen: Apostel Paulus. Der Jünger Christi soll in Spanien erfolgreich missioniert haben und könnte auf dem Weg zum Festland auch auf Mallorca haltgemacht haben.

Die Höhle Sant Martí bei Alcúdia

Auf der bis dahin von der Talaiot-Kultur geprägten Insel verbreitete sich das Christentum nach und nach. Die Wiege der Religion auf Mallorca stellt womöglich die Cova de Sant Martí nahe Alcúdia dar. Die Höhle ist von Buschwerk und Bäumen umgeben und nahezu uneinsehbar. Es könnte eine Katakombe gewesen sein , in der sich die ersten Christen versammelten. „Das war wohl bereits zu Beginn des zweiten Jahrhunderts nach Christus der Fall", sagt Blank, wobei das mit den Zeitangaben schwierig sei: „Es gibt schließlich nur archäologische Funde, keine Schriftstücke aus der Anfangszeit." Eine andere Interpretation besagt, dass es sich bei der Cova de Sant Martí nicht um eine Katakombe, sondern um eine Grabstätte handelte. „Da gab es keine Treffen, da lagen die Toten", sagt der Historiker und Missionar Josep Amengual aus Palma.

Auch Magdalena Salas, Leiterin des Historischen Museums von Manacor, ist der Meinung, dass die ersten Christen auf ­Mallorca im 2. Jahrhundert nach Christus kamen. Salas ist ebenso verantwortlich für die frühchristliche Fundstätte Son Peretó, wo die größte frühchristliche Basilika auf den Balearen stand. Sie bot bis zu 400 Gläubigen Platz, war 21 Meter lang und 14 Meter breit.

Von der Höhle in die Basilika

Die Basiliken waren ein wichtiger Schritt hin zu einem organisierten Christentum. Dort kamen die Christen zusammen und feierten ihre Gottesdienste. Die Ausgrabungen in Son Peretó lassen den Schluss zu, dass es keine Bänke gab und die Gläubigen stehen mussten. In der Apsis befand sich der Altar, direkt gegenüber am anderen Ende der Basilika saßen wohl leicht erhöht die Würdenträger. Wann genau der Bau entstand, ist unklar. Fest steht jedoch: Zwischen dem 4. und dem 5. Jahrhundert diente Son Peretó als christliche Gotteshaus. Im Jahr 380 hatte der Kaisers Theodosius I. das Christentum zur römischen Staatsreligion erklärt und alle Untertanen des Römischen Reichs dazu verpflichtet, diesen Glauben anzunehmen.

Neben Son Peretó gab es auf Mallorca mindestens drei weitere Basiliken - Sa Carrotja nahe Porto Cristo, Cas Frares de Son Fiol bei Santa Maria del Camí sowie eine Basilika in der Nähe von Campos, von der allerdings nur wenig bekannt ist. „Wir gehen jedoch davon aus, dass es auf der Insel noch mehr Basiliken gab", sagt Salas. „Die anderen liegen so tief unter dem heutigen Erdboden, dass sie entweder noch nicht gefunden oder wie im Fall von Palma wahrscheinlich mehrfach überbaut wurden."

Taufen als wichtiges Oster-Ritual

Neben den Gottesdiensten waren Taufen in den Anfangsjahren des Christentums die wichtigste Amtshandlung der Priester. Noch heute sind die Taufbecken etwa in Son Peretó gut zu erkennen. „Zu dieser Zeit befanden sie sich noch außerhalb der Gotteshäuser", erklärt Kurt Blank. Das Innere der Basiliken war den bereits getauften Gläubigen vorbehalten. „Potenzielle Christen mussten eine mehrjährige Aufnahmezeit überstehen und durften dann mit der Taufe der Gemeinschaft beitreten", sagt Blank. Viele der Taufen wurden rund um das Osterfest gefeiert, das bereits etwa seit dem Jahr 30 bekannt war, wie Josep Amengual berichtet. Im Falle von Son Peretó sind es zwei Taufbecken. „Eines, in dem der gesamte Körper unter Wasser getaucht werden musste. Das war der traditionelle Ritus und somit das ältere Becken", sagt Magdalena Salas. Daneben gibt es ein kleineres, das nur für den Kopf benutzt wurde, so wie es heute noch praktiziert wird.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des gelebten Glaubens waren die Beisetzungen. Die meisten Toten wurden entweder im Gebäude oder unmittelbar angrenzend in Nebengebäuden oder vor der Basilika begraben. „Sie sollten bei den Märtyrern und Heiligen ruhen", sagt Blank. In Son Peretó haben die Forscher bei Ausgrabungen zahlreiche Skelette gefunden. Die Lebenserwartung der Männer zu dieser Zeit lag bei rund 40 Jahren. „Bei Frauen waren es aufgrund häufiger Komplikationen bei den Geburten einige Jahre weniger", erklärt Salas.

Bereits kurz nach dem Bau der ersten Basiliken war es mit dem römischen Einfluss auf Mallorca vorbei. Die Vandalen vertrieben die Römer und eroberten die Inseln. Mitte des 5. Jahrhunderts machten sie die Balearen zu einem Teil ihres Reichs. Da sie zwischenzeitlich den christlichen Glauben angenommen hatten, kam es zunächst nicht zu Schwierigkeiten. Doch als 484 die Religionsgespräche aller vandalischen ­Bischöfe scheiterten, durften die Kirchenmänner nicht zurück in ihre Diözesen. Der Vandalen-König erließ zwei Edikte, wodurch alle Untertanen sich dem arianischen Glauben anschließen mussten. Anfang des 6. Jahrhunderts ordnete sein Sohn Hilderich die Rückkehr der verbannten Bischöfe an. Auch unter den Byzantinern war Mallorca weiterhin christlich geprägt.

Auch unter den Mauren lebten Christen auf der Insel

Erst als im Jahr 715 die ersten Mauren auf die Insel kamen, gerieten die Christen in ­Bedrängnis. Unklar ist, ob die Zerstörung von Son Peretó im 8. Jahrhundert durch ­einen Brand auf das Konto der Mauren geht. ­Magdalena Salas hält das für gesichert, Kurt Blank ist skeptischer: „Man kann es vermuten, aber es gibt keine eindeutigen Hinweise darauf", sagt er. Fest steht: Auch nach der Eroberung Mallorcas durch die Mauren im 10. Jahrhundert lebten weiterhin Christen auf der Insel. „Allerdings gab es keine offiziellen Gotteshäuser mehr", sagt Blank.

Das änderte sich erst mit der Eroberung Mallorcas durch König Jaume I., der, wie neueste Untersuchungen zeigen, bereits um 1240 mit dem Bau der Kathedrale von Palma begann. Aber das ist eine andere Geschichte.