Spanien wählt: Warum nicht alle Stimmen gleich zählen

Das spanische Wahlsystem bevorzugt ländliche Regionen, große Parteien und Regionalformationen. Wie die erste und zweite Kammer des Parlaments zustande kommen und was es genau mit dem D’Hondt-Verfahren auf sich hat

Wahlzettel für den Senat.

Wahlzettel für den Senat. / Europapress

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Das spanische Wahlsystem mag auf den ersten Blick simpler erscheinen als das deutsche: Weder gibt es eine Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitstimmen noch die mysteriösen Überhangmandate. Und doch existieren einige Besonderheiten, die nicht ohne Auswirkungen auf das Wahlergebnis bleiben. EU-Ausländer bleiben im Übrigen außen vor bei den Wahlen zum spanischen Parlament – es sei denn, sie haben die Staatsbürgerschaft des Gastlandes angenommen.

Erste und zweite Kammer

Zunächst müssen die Wahlberechtigten zwischen dem Stimmzettel für die erste und zweite Kammer unterscheiden. In einen weißen Umschlag kommt der Wahlzettel der jeweiligen Partei für den Congreso de los Diputados, der dem deutschen Bundestag entspricht. Lachsfarbene Umschläge sind für den Senado, die zweite Kammer, die zwar die Regionen repräsentieren soll, aber nur wenig Ähnlichkeit mit dem rein indirekt gewählten Bundesrat in Deutschland hat. Hier können die spanischen Wähler bis zu drei Kandidaten ihre Stimme geben, auf Mallorca maximal zwei – für Inselregionen gelten Sonderregeln. Zwei weitere Senatoren werden zusätzlich vom Balearen-Parlament  entsandt.

Abascal, Yolanda Díaz, Sánchez. Es fehlt: Feijóo.

Abascal, Yolanda Díaz, Sánchez. Es fehlt: Feijóo. / EDUARDO PARRA

Provinzen und Wahlkreise

Der Abgeordnetenkongress kommt nach dem Verhältniswahlrecht zustande. Allerdings werden die Stimmen auf Wahlkreisebene, sprich in den Provinzen ausgezählt – die Balearen sind gleichzeitig Region und Provinz – und nach dem vielzitierten D’Hondt-Verfahren bereits in diesen Wahlkreisen auf Mandate umgelegt. In der Folge ergeben sich Verzerrungen in dreierlei Hinsicht.

Dreifache Verzerrung

Zum einen werden kleine Provinzen bevorzugt, da jeder Bezirk unabhängig von der Einwohnerzahl mindestens zwei Sitze erhält. Hintergrund ist eine gewünschte gleichmäßige Vertretung aller Regionen. Verzerrung Nummer zwei: Das System bevorzugt tendenziell größere Parteien, da in kleinen Provinzen überhaupt nur solche mit hohem Stimmenanteil eine Chance auf einen Sitz haben. Verzerrung Nummer drei: Regionalparteien konzentrieren ihre Wähler in wenigen Provinzen und erzielen so deutlich mehr Sitze als andere Parteien, deren Wähler gleichmäßig in ganz Spanien verteilt leben. So kommt es etwa, dass baskische und katalanische Formationen im Abgeordnetenkongress vertreten sind.