Energie, Transport, Abgaben auf Übergewinne: So geht es weiter mit Subventionen und Sondersteuern in Spanien

Die Linksregierung aus Sozialisten und Sumar hat am Mittwoch (27.12.) einen Kompromiss gefunden

Premier Pedro Sánchez gewohnt selbstbewusst: „Man kann Wachstum haben und dabei soziale Gerechtigkeit schaffen.“    | FOTO: REUTERS/SUSANA VERA

Premier Pedro Sánchez gewohnt selbstbewusst: „Man kann Wachstum haben und dabei soziale Gerechtigkeit schaffen.“ | FOTO: REUTERS/SUSANA VERA

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Die Folgen des Ukraine-Krieges auf die Preise lassen allmählich nach, sie werden aber auch im neuen Jahr nachwirken. Daher hat die spanische Linksregierung die Hilfsmaßnahmen um ein Jahr verlängert, wenn auch in leicht abgespeckter Form. Auf der letzten Kabinettssitzung des Jahres am Mittwoch (27.12.) einigten sich die Sozialisten (PSOE) von Premier Pedro Sánchez und das Linksbündnis Sumar nach hartem Ringen auf eine Verlängerung der Subventionen und Abgaben, die sonst zum Jahresende ausgelaufen wären.

„Angesichts des langsamen Rückgangs der Energiepreise im alten Jahr haben wir beschlossen, die Steuersenkungen zurückzunehmen. Aber das machen wir schrittweise in den kommenden sechs Monaten“, erklärte Sánchez vor der Presse im Moncloa-Palast, seinem Amtssitz. So wird der Steuersatz auf Strom ab Januar von derzeit fünf auf zehn Prozent angehoben. Mittelfristig soll die Stromsteuer dann wieder zu den 21 Prozent zurückkehren, so wie vor dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. Beim Gas steigt die Steuer ebenfalls auf zehn Prozent und wird schon im zweiten Quartal wieder bei 21 Prozent liegen, da sich die Erdgaspreise am Markt bereits normalisiert haben.

Energie, ÖPNV, Mehrwertsteuer

Auch die Mehrwertsteuerermäßigung auf Lebensmittel bleibt im neuen Jahr bestehen. Das heißt, es gibt keine Steuer auf Grundnahrungsmittel. Eine der weitreichendsten Maßnahmen wird ebenfalls für ein Jahr verlängert: der kostenlose Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln. Eigentlich wollten die Sozialisten das Gratis-Ticket auf bestimmte Gesellschaftsgruppen wie Jugendliche und Erwerbslose beschränken. Doch Sumar setzte offenbar durch, dass alle „regelmäßigen Fahrgäste“ des öffentlichen Personenverkehrs davon profitieren.

Die Rentner in Spanien erhalten eine Erhöhung ihrer Bezüge von 3,8 Prozent, gemäß der durchschnittlichen Inflationsrate, so wie es die jüngste Reform des Pensionssystems vorsieht. Die Linksregierung schützt sozial Schwache weiter gesetzlich vor der Zwangsräumung ihrer Wohnung. Sánchez kündigte am Mittwoch an, dass die Schaffung bezahlbaren Wohnraums im neuen Jahr eine der Prioritäten seiner Regierung sein werde.

Sondersteuer für Banken und Energiekonzerne

Die Partner in Koalition, die nach der Wiederwahl des Premiers im Parlament im November neu aufgelegt worden war, stritten auch lange und intensiv über die Verlängerung der umstrittenen Sondersteuer auf die Übergewinne von Banken und Energieversorgern, die ursprünglich nur auf die Gewinne von 2022 und 2023 angelegt war. Trotz der Proteste der Finanzbranche müssen die Kreditinstitute auch 2024 eine Abgabe auf ihren Zinsertrag und die Provision entrichten. Auch für die großen Stromversorger ist weiter eine Sondersteuer auf ihre Umsätze in Kraft, da sie nach Meinung der Regierung weiter von den durch den Krieg gestiegenen Energiepreisen profitieren. Allerdings werden Investitionen in Projekte für grünen Strom ausgenommen, um die Energiewende nicht zu behindern.

Diese Sondersteuern werden in Wirtschaftskreisen äußerst kritisch gesehen. Die Regierung braucht allerdings Geld, um die Hilfen und Subventionen zur Linderung der Preisexplosion zu finanzieren. Der finanzielle Spielraum wird im neuen Jahr spürbar enger. Denn 2024 gelten wieder die europäischen Haushaltvorgaben, nachdem der Fiskalpakt wegen der Pandemie vorübergehend ausgesetzt worden war. Madrid muss im neuen Jahr das Staatsdefizit auf drei Prozent herunterschrauben. Für 2023 erwarten die meisten Volkswirte einen Fehlbetrag der Staatsfinanzen in der Nähe von vier Prozent. Und auch für 2024 sind die meisten Experten skeptisch, ob Spanien die Drei-Prozent-Hürde erreicht.

Wirtschaftlichen Aussichten

Bevor Sánchez zu einer Kurzreise zu den spanischen Truppen im Irak aufbrach, verbreitete er auf der Pressekonferenz in Madrid Optimismus und erinnerte an die Prognosen der Ökonomen vor einem Jahr. Die allermeisten Analysten hatten Spanien ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 1,2 Prozent zugetraut. Nun sieht es ganz so aus, als ob das Bruttoinlandprodukt 2023 um das Doppelte gestiegen ist. Ebenso war die Entwicklung am Arbeitsmarkt deutlich besser als von den Experten vorhergesagt. Das Land steht derzeit wirtschaftlich besser da als die anderen großen Volkswirtschaften in Europa und soll auch im neuen Jahr weiterwachsen. Ein nicht unerheblicher Faktor sind dabei die Milliarden aus den EU-Next-Generation-Fonds. Dafür habe seine Regierung „mit harten Bandagen gekämpft“, so Sánchez, der auch die turnusgemäße Präsidentschaft Spaniens im EU-Rat im nun endenden Halbjahr hervorhob.

Nicht nur kühle Technokratin: Nadia Calviño.  | FOTO: MARÍA JOSÉ LÓPEZ/EUROPAPRESS

Nicht nur kühle Technokratin: Nadia Calviño. | FOTO: MARÍA JOSÉ LÓPEZ/EUROPAPRESS / Aus Madrid berichtet Thilo Schäfer

Wie es weitergeht

„Man kann Wachstum haben und dabei soziale Gerechtigkeit schaffen“, lautete das Fazit des Ministerpräsidenten im Palacio de la Moncloa. Wie lange noch, ist jedoch fraglich. Denn internationale Institutionen wie die EU-Kommission oder der Internationale Währungsfonds drängen darauf, die Subventionen für die im Zuge der Energiekrise gestiegenen Kosten so schnell es geht zurückzufahren. Wer diese komplizierte Aufgabe übernimmt, will Sánchez am Freitag (29.12.) bekannt geben. Dann will er den oder die Nachfolgerin von Wirtschaftsministerin Nadia Calviño vorstellten, die an die Spitze der Europäischen Investitionsbank (EIB) nach Luxemburg wechselt. Es wird nicht nur über den Namen der Person spekuliert, sondern auch darüber, ob Sánchez die Gelegenheit nutzt, um den wirtschaftspolitischen Teil des Kabinetts neu aufzustellen.

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