Ein alter Traum wird wahr. Einmal gegen einen der ganz Großen spielen. Während die Mittagssonne alle Jungbasketballer vom Spielfeld vertrieben hat, gewährt mir Rudy Fernández einen kleinen Zweikampf. Früher träumte ich selber von einer Basketballkarriere, kam aber nie über die zweite Herrenmannschaft des Grasdorfer Vereins für Leibesübungen hinaus. Im Duell sehe ich die Vorteile klar auf meiner Seite: Der Jungspund (24) ist abgekämpft durch ein hartes NBA-Jahr. Ich bringe die längere Lebenserfahrung ins Spiel und bin dank einer fast 20-jährigen Trainingspause bestens erholt.

Rudy ist zwar ein bisschen größer (198 cm gegen 190 cm), dennoch rechne ich mir Chancen beim Sprung aus, da sich der Profi spieler nicht bemüht hat, seine Badeschlappen gegen Turnschuhe zu wechseln. Trotz dieser Überheblichkeit überlasse ich ihm fairerweise den ersten Angriff. Etwas steifbeinig tripple ich vor ihm her und wedele mit den Händen vor seinem Gesicht herum, damit der Jungspund nicht zu seinem Spiel fi ndet. Alte Grasdorfer Schule! Rudy bleibt ruhig und versenkt den Ball, ohne auch nur einen Schritt zu tun, aus Drei-PunkteEntfernung im Korb. Drei zu null für den Favoriten.

Tom Gebhardt setzt zu seinem wichtigsten Punkt an.

Wie oft werden das meine Enkel hören müssen?

Nicht verzagen. Ich bin an der Reihe: rechts getäuscht, links gedribbelt, ein ungelenker Riesenschritt vorbei am NBA-Star, Finte, Hakenwurf und Treffer. Ein Korberfolg gegen den Basketball-Gott! Wie oft werden das meine Enkel hören müssen? Durch sein Schuhwerk gehandicappt, hat sich Rudy bei der Verteidigung kaum von der Stelle bewegt. Wieder im Angriff, wirft er den Ball erneut etwas gelangweilt aus weiter Distanz ins Netz. Sechs zu zwei.

Leider kann ich im weiteren Spielverlauf nicht mehr an meine Eingangsform anknüpfen und vergebe mehrere Chancen, obwohl Rudy sich nicht wirklich um eine Verteidigung bemüht. Fast lethargisch spielt er seinen Heimvorteil aus. Am Ende gewinnt er klar mit 12:2 und verlässt das glühende Spielfeld – ohne auch nur geschwitzt zu haben.