Es ist der Traum von vielen jungen Sportlern: Einmal Profi sein, es den Idolen der Kindheit gleichtun und in einem Stadion vor Tausenden Fans spielen. „Der Traum besteht", sagt Joshua Rau. „Aber das Profi-Leben bringt viele Einschränkungen mit sich. Und ich weiß noch nicht, ob ich das so will." Der 19-jährige Berliner war Junioren-Bundesligameister im Handball. Im Sommer ist er gemeinsam mit Finn Ruppin aus Falkensee zum mallorquinischen Drittligisten Handbol Marratxí gewechselt.

Rau und Ruppin spielten zwar in der Junioren-Bundesliga gegeneinander, kannten sich aber nicht. Nach dem Abitur wussten sie nicht recht, wie es weitergehen soll. Rau startete ein MINT-Studium in Berlin. „MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es ist ein sehr offener Studiengang, in dem man sich in Vorlesungen verschiedener Fachrichtungen setzen kann." Der 19-Jährige hat sich viel angeschaut, konnte sich aber nicht festlegen. Sportlich lief es nicht mehr. Bei den Junioren des Bundesligateams Füchse Berlin war er Stammspieler und Meister. „Danach habe ich für die zweite Männermannschaft in der dritten Liga gespielt. Ich kam mit dem Umfeld aber kaum klar und meine Spielanteile haben nicht gepasst. Eine Luftveränderung musste her."

Der Ex-Profi Alberto Chambers, der mittlerweile als Spielerberater tätig ist, hat die beiden Deutschen an den mallorquinischen Club vermittelt. Finn Ruppin kam es entgegen. „Ich wollte nach Spanien, um die Sprache zu lernen. Später will ich Lehramt Spanisch studieren." Der ebenfalls 19-Jährige hatte vorher beim 1. VfL Potsdam gespielt, deren Männer zwar in der dritten Liga spielen, die Jugendmannschaft aber erstklassig ist.

Auf der Insel angekommen, mussten die beiden Deutschen erst mal einen Rückschlag verkraften. Denn immerhin hatte sie der Verein damit gelockt, dass der ehemalige Welthandballer Rolando Urios, der erst im vergangenen Februar bei Marratxí angeheuert hatte (die MZ berichtete), als Trainer fungieren wird. „Er ist aber schon wieder weg", sagt Ruppin. „Das war ziemlich frustrierend."

Auf und außerhalb des Platzes brauchen die zwei Handballer noch Zeit, um sich den örtlichen Begebenheiten anzupassen. Ein Mitspieler hat seine Finca in Marratxí den beiden zur Miete zur Verfügung gestellt. „Wir hatten nicht wirklich eine Wahl. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich was in Palma zu suchen, wo mehr los ist", sagt Rau.

Vormittags steht an drei Tagen die Woche eine Sprachschule auf dem Programm. Um nicht komplett vom Ersparten zu leben, trainieren sie Jugendmannschaften des Clubs und geben Deutschstunden. „Nur fürs Spielen werden wir nicht bezahlt. Bald sollen wir noch als Schiedsrichter arbeiten und können uns so noch etwas dazuverdienen", sagt Rau.

Joshua Rau ist Torhüter. Die bekommen im Handball die Bälle gern mal um die Ohren geworfen. „Wenn es wehtut, weiß ich, dass ich den Ball gehalten habe", sagt er und lacht. Bei den Mallorquinern hat er sich bereits zum Stammtorhüter hochgearbeitet. Finn Ruppin hat es als Kreisläufer schwerer. „Im ersten Spiel saß ich nur auf der Bank. Zuletzt habe ich mich mit meinen beiden Konkurrenten um die Position abgewechselt."

Marratxí ist mit einem Sieg aus drei Spielen mäßig in die neue Saison gestartet. Das Team hatte in der vergangenen Spielzeit den Aufstieg eigentlich nicht geschafft, ist aber dann doch aufgestiegen, weil ein anderer Club darauf verzichtete. Langfristig soll es in die erste Liga gehen. „Diese Saison geht es in der dritten Liga wohl nur um den Klassenerhalt", prognostiziert Rau.

Vielleicht verhelfen die Deutschen den Mallorquinern ja doch zum Aufstieg. „Als Profi muss man sein Leben komplett dem Sport unterordnen. Aber wenn es im Umfeld passt, kann ich es mir vorstellen", sagt Rau. Und sollte es mit Marratxí nicht klappen: „Nach einer starken Saison hier gibt es bestimmt Angebote aus der ersten und zweiten Liga."