WM-Titel statt Urlaub: Der schnelle Aufstieg von Mallorca-Fußballerin Cata Coll

Spanien ist Weltmeister auch dank einer Fußballerin von der Insel. Ein Porträt

Cata Coll feiert mit dem Sohn einer Teamkollegin den WM-Titel.

Cata Coll feiert mit dem Sohn einer Teamkollegin den WM-Titel. / Perobelli

Maria Tikas

Als ihre Beraterin Carlota Planas ihr im Januar sagte, dass die bei der WM spielen würde, lachte Cata Coll laut los. Wie sie es eigentlich immer tut. „Was erzählst du da? Hast du noch alle Latten am Zaun?“, antwortete die Torhüterin. Seit elf Monaten erholte sie sich von einer Verletzung, die schon so einige Karrieren von Fußballern beendet hat: einem Kreuzbandriss. Ihr Vertrag beim FC Barcelona lief im Sommer aus und ihre Zukunft war gänzlich unsicher. Und dann an die WM denken, wenn die Konkurrenz so groß ist? Misa Rodríguez war gesetzt, wenngleich auch sie sich von einer Verletzung erholte. Sandra Paños spielte eine ausgezeichnete Saison und Gemma Font war schon immer eine solide Vertretung im Tor.

Bei einem Gespräch in einem Café im Stadtteil Sant Joan Despí in Barcelona fragte die Beraterin: „Was willst du im Leben eigentlich erreichen?“ „Ich? Stammtorhüterin bei Barça und in der Nationalmannschaft sein.“ Dann ran an den Speck. „Jetzt oder nie“, sagte Planas und beide arbeiteten einen Plan aus.

Härter gearbeitet als je zuvor

Dabei ging es erstmal darum, das Selbstvertrauen der 22-Jährigen aufzubauen. Die Motivation litt unter den schlechten Aussichten auf Spielzeit. In der Liga hatte sie praktisch keine Chance, und in der Champions League, wo die K.o.-Runde anstand, schon gar nicht. Langfristige Ziele waren da nicht möglich. Es musste ein Schritt nach dem anderen gemacht werden. Den Anfang machte der Verein. Der FC Barcelona legte Coll einen neuen Vertrag vor, obwohl sie sich noch nicht zu 100 Prozent von der Verletzung erholt hatte. „Das zeigte mir, dass sie auf mich setzen und mir vertrauen. Das bedeutete viel. Ich wollte hart arbeiten, um das Vertrauen zurückzuzahlen“, sagte die Torhüterin aus Pòrtol kürzlich in einem Interview.

Und sie machte sich an die Arbeit. „Sie hat ihre Ernährung mit Hilfe einer Expertin umgestellt, hat mit einem Psychologen an ihrer mentalen Stärke gearbeitet. Selbst an ihren freien Tagen schuftete sie. Sie tat alles, was in ihren Händen lag“, erzählt Planas. „Denn die Entscheidung des Trainers kann sie nicht kontrollieren.“

Nur 196 Minuten in dieser Saison

Am 17. März kehrte sie auf den Platz zurück und erhielt gegen Valencia ein paar Minuten. Gegen Alhama und Sporting Huelva durfte sie durchspielen. 196 Minuten machten das dann insgesamt in der Saison. Nationaltrainer Jorge Vilda reichte es dennoch, um die Mallorquinerin zu nominieren und aus dem Urlaub zu reißen, in dem sie zum Zeitpunkt des Anrufs steckte. 

Coll ist nach Australien mit dem Gedanken, dass sie nicht spielen wird. Sie wolle die Zeit als „persönliche Vorbereitung für die neue Saison mit Barça nutzen“.

Das änderte sich von einem Tag auf den anderen. Nach der 0:4-Klatsche im letzten Gruppenspiel gegen Japan entschied sich Vilda für einen Torhüterinnentausch. Überraschend entschied er sich für Coll, die zuvor nie in der A-Nationalmannschaft spielte, er aber aus den Juniorenteams kannte. 

Der Start lief denkbar ungünstig. Gegen die Schweiz kassierte Coll im Achtelfinale ein Slapstick-Eigentor, als sie bei einem Rückpass zu weit vor dem Tor stand. Im Anschluss hielt sie aber bärenstark und sorgte dafür, dass Spanien den Titel holte. Im Halbfinale gegen Schweden musste die 22-Jährige drei Mal eingreifen. Gegen England überzeugte die Torhüterin vor allem mit einem gewagten Dribbling, als sie eine Angreiferin mit einem Haken stehen ließ. „Natürlich“ werde sie das in Zukunft wieder machen, meinte sie im Anschluss. Schließlich gehört diese Coolness auch zu ihrer Spielweise.

Die Fernsehkameras fingen ein, wie Carlota Planas sich für ihre Klientin freute, als wäre es ihre eigene Tochter. „Der Plan hat doch ganz gut geklappt, oder?“, soll sie Coll zugerufen haben.

THEMEN